François Fillon und Wladimir Putin sind alte Bekannte. Zwischen 2008 und 2012 waren sie gleichzeitig Ministerpräsidenten, Kollegen also, die viel miteinander zu tun hatten. Nach 2012 war Fillon nicht mehr im Amt, aber trotzdem mehrmals in Russland, wurde auch offiziell von Putin empfangen. Dass er ihn einmal mit "lieber Wladimir" ansprach, sorgte in Frankreich vielerorts für kopfschüttelnde Aufregung. Die russische Annexion der Krim kommentierte Fillon offiziell nicht, kritisierte aber Präsident Hollande dafür, sich zu sehr an der deutschen und der amerikanischen Haltung zu orientieren. Die Kritik an Putins Vorgehen in Syrien teilt er nicht: Putin würde nur "die Interessen seines Landes" verteidigen, sagte Fillon im Sender BFM.
"Jedes Land der Welt verteidigt seine Interessen! Was ich der internationalen Gemeinschaft vorwerfe, ist, Syrien verlassen zu haben. Heute ist es einfach zu sagen: Es ist dramatisch, Putin bombardiert Aleppo - was wurde denn in den vergangenen Jahren getan? Nichts. Von Anfang an hat es große Irrtümer gegeben. Sehr beharrlich hat man an dem Glauben festgehalten, das syrische System müsse erst zusammenbrechen, bevor man zu einer Lösung der Syrienkrise kommt. Aber das Regime ist nicht zusammengebrochen, weil es unterstützt wird von den Alawiten und den Christen."
Fillon - Ein Freund Russlands
Außenpolitik spielt in französischen Wahlkämpfen eher selten eine große Rolle. Doch im Falle François Fillons könnte das anders werden. Denn auf seinen Sieg beim ersten Wahlgang der Kandidatenkür der französischen Konservativen reagierten russische Medien äußerst positiv: Ein "Freund Russlands" habe da gewonnen, der mit Präsident Putin per Du sei. Nach dem Wahlsieg Donald Trumps, so hieß es, zeichne sich mit einem möglichen französischen Präsidenten Fillon "eine für Russland außerordentlich nützliche Tendenz" ab. Über all dies berichteten französische Zeitungen ausführlich - und der Wahlkampf hatte ein neues Thema. François Fillon ging auf diese Berichte allenfalls indirekt ein, um so vernehmlicher sprach sein Konkurrent Alain Juppé das Thema an, etwa auf einer Wahlkampfveranstaltung in Toulouse.
"Russland ist ein großes Land. Man muss mit Russland reden. Man muss mit Präsident Putin reden - selbstverständlich! Russland ist unser Nachbar, unser Partner. Und mit zum ersten, was ich als gewählter Präsident machen werde, gehört, mich mit Präsident Putin zu treffen. Aber - mit Russland zu reden heißt nicht, zu allem "ja, ja" zu sagen, sondern heißt, die Wahrheit zu sagen."
Zum Beispiel, so Juppé, habe Russland mit der Einverleibung der Krim gegen internationalen Regeln verstoßen; das Abkommen von Minsk sei nicht eingehalten worden, deshalb müssten Sanktionen verhängt werden. Und die Vorgänge im Nahen Osten seien "abscheulich". Zu "gefällig" sei Fillon gegenüber Moskau, so Juppé. Dass Syriens Machthaber Baschar Al-Assad nach dem Krieg an der Macht bleiben könnte, findet er "inakzeptabel", darüber müsse mit Putin verhandelt werden.
Fillon plant Koalition mit Assad und Putin
Dem gegenüber sucht François Fillon die Zusammenarbeit mit Baschar Al-Assad und Putin - im gemeinsamen Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat. Und er kritisiert, dass Staatspräsident Hollande im Herbst von russischen "Kriegsverbrechen" sprach und sich weigerte, Putin anlässlich der Einweihung der russischen Kathedrale von Paris zu empfangen. Stattdessen gelte es, die Zusammenarbeit endlich zu intensivieren.
"Natürlich brauchen wir eine Koalition mit Russland. Und es wäre schon ein starkes Stück, wenn jetzt, nachdem Frankreich zuletzt eine sehr kontraproduktive Haltung zu Russland hatte, wenn es jetzt zu einer Annäherung zwischen Russland und den USA käme - ohne unsere Beteiligung."
Und auch Putin selber äußerte sich bereits. Ein "harter Verhandlungspartner" sei "François", "in höchstem Maße ein Profi" - und ein "anständiger Mann", zu dem er "sehr gute persönliche Beziehungen habe". Aus dem Kreml hieß es ferner, man werde den Ausgang der Stichwahl am Sonntag "mit Spannung verfolgen".