Rund neun Millionen Menschen in Deutschland sind Mitglied in einem Fitnessstudio, die Zahlen steigen seit Jahren kontinuierlich. 27 Millionen sind Mitglied in einem Sportverein. Für viele ist die Motivation dahinter, sich körperlich fit und damit gesund zu halten.
Doch zugleich wächst die Zahl derjenigen, die zu viel Fett im Körper haben, rasant an. Daraus können scherwiegende gesundheitlichen Probleme folgen: Diabetes Typ 2 schon im Kindesalter, Krebs, Herzerkrankungen, Schlaganfälle.
Das Verhältnis zwischen Körperfett und Muskulatur muss stimmen
Nicht jedem sieht man unbedingt an, dass er sich auf ein solches gesundheitliches Risiko zu bewegt. "Wir haben teilweise sogar sehr dünne Menschen, die einen recht hohen Fettanteil haben, die haben dann sehr wenig Muskulatur", erzählt Alexander Mier, Diplom-Sportlehrer und Leiter des Fitnessstudios Sportmühle in Hilden bei Düsseldorf.
Wie gut oder schlecht es um die körperliche Situation bestellt ist, insbesondere das Verhältnis zwischen Körperfett und Muskelmasse, ermittelt Alexander Mier auf einer Körperfettwaage. Ein Missverhältnis zu Lasten der Muskulatur ist ein Problem, denn dort wird die Energie verbrannt.
Präventionskurse werden kaum erstattet
"Da wird auch Fett verbrannt, also wer abnehmen möchte, braucht Muskulatur. Das ist das eine. Und die Muskulatur schützt unsere Gelenke und formt den Körper. Also die Muskulatur verleiht uns Dynamik und Beweglichkeit. Also die Muskulatur ist eines der entscheidendsten Dinge im Gesundheitssport und auch für die Prävention sehr, sehr wichtig."
Die Sportmühle bietet viele Reha-Kurse an, die von den Krankenkassen mit finanziert werden. Also: Nach Erkrankungen oder Verletzungen. Anders ist es in der Prävention: Dort scheitert es an formalen Kriterien, dass das Sportzentrum seinen Mitgliedern Erstattungsmöglichkeiten bieten kann.
Krankenkassen sollen Geld für Maßnahmen sprudeln lassen
Möglicherweise könnte sich das bald ändern. Durch das neue Präventionsgesetz. Das ist zwar schon seit Beginn des Jahres in Kraft, wie es genau angewendet werden soll, das wird noch erarbeitet. Klar ist aber, dass die Krankenkassen mehr als 500 Millionen Euro für Präventionsmaßnahmen ausgeben sollen. Mehr als doppelt so viel wie bislang.
Und: Ärzte sollen stärker miteinbezogen werden. Insoweit, als dass ...
"... aus jeder ärztlichen Untersuchung eine ärztliche Präventionsempfehlung hervorgehen kann, die von den Krankenkassen berücksichtigt werden muss", erklärt Rudolf Henke, Präsident der Ärztekammer Nordrhein und CDU-Bundestagsabgeordneter.
Hausarzt verschreibt Sport auf Rezept
Das heißt: Der Hausarzt kann bald Sport auf Rezept erteilen. Wie genau diese Präventionsempfehlung aussehen wird und was die Krankenkassen erstatten werden, daran wird zur Zeit gearbeitet.
Die Idee dahinter ist, dass Ärzte ihre Patienten körperlich am besten kennen und daher auch gut einschätzen können, was diese tun sollten. Also auch diejenigen, die sich für fit halten, können überprüfen lassen, wie es tatsächlich um ihre Fitness bestellt ist, erläutert Prof. Manfred Müller von der Uni Kiel.
Arzt nennt Ansprechpartner
"Sie hätten das Recht bzw. die Möglichkeit, sich jetzt, wenn sie das Gefühl haben, ich könnte vielleicht noch mehr tun oder sie wollen wissen, ob das, was Sie tun, vielleicht zu viel ist, Sie möchten zielführender ihre Gesundheit stärken, in einzelnen Bereichen, wo Sie bisher vielleicht nicht so erfolgreich waren oder das Gefühl haben es könnte besser sein, dann könnten Sie diese Beratung in Anspruch nehmen. Der Arzt wird Ihnen diese Beratung dann geben."
Dabei berücksichtigt der Arzt die individuelle Lebenssituation mit den zeitlichen sowie örtlichen Möglichkeiten und kann auch schon gleich konkrete Ansprechpartner nennen, Vereinsangebote oder Fitnessprogramme empfehlen, die zumindest zum Teil von der Krankenkasse bezahlt werden - So wäre die Idealvorstellung.
Unkenntnis über Präventionsgesetz
Problem nur: Viele Ärzte wissen noch gar nichts davon, kennen das Präventionsgesetz bisher kaum, verfügen auch meist nicht über entsprechende Kontakte, die sie ihren Patienten weiterreichen könnten. Und formal betrachtet, gibt ihnen das Gesetz auch keine gesonderte Möglichkeit eine solche Gesundheitsberatung abzurechnen.
Bis sich der Sport auf Rezept für alle einbürgert, wird es noch einige Zeit dauern. Und wie viele Menschen durch das neue Präventionsgesetz zu mehr körperlicher Aktivität letztlich angespornt werden, ist auch noch nicht ausgemacht. Vor allem ob es auch diejenigen erreicht, die es besonders nötig haben.