Es waren Fälle wie dieser, die Sven Kohlmeier aktiv werden ließen: Während seine Partei, die SPD, beim Europawahlkampf 2009 groß plakatierte "Dumpinglöhne würden CDU wählen", schrieb die Senatskanzlei des Berliner SPD-Bürgermeisters Klaus Wowereit ein sechsmonatiges Praktikum in der Pressestelle aus. Bedingung: abgeschlossenes Grundstudium, Erfahrungen in den Medien, Bereitschaft zum Schichtdienst. Bezahlung: ohne. Dafür sollte der Praktikant Pressekonferenzen mitorganisieren und Pressetexte schreiben. Der SPD-Abgeordneten Kohlmeier nennt so etwas schlicht Ausbeutung:
"Der Eindruck war, dass das nicht mehr ein typisches Praktikum war, wo er etwas lernen sollte, das war eine Stellenausschreibung: sechs Monate, flexibel, Vollzeitstelle. Jemand, der das sechs Monate machen soll, kann nur ein fertiger Student sein."
Also ein junger Berufsanfänger, der keine Orientierung mehr braucht, sondern auf der Suche nach einer bezahlten Stelle ist.
"Das ist eine Mehrzahl von Personen, die sich nach dem Studium in ein Praktikum begeben in Erwartung eines Arbeitsplatzes und den nicht bekommen. Es geht darum, dass Unternehmen die bewusst einstellen als Vollzeitstellen und denen nur wenig Vergütung bezahlen und das kann nicht sein."
Eine, so Kohlmeier, auch in der freien Wirtschaft verbreitete Geiz-ist-geil-Mentalität, gegen die er zumindest in der Berliner Verwaltung vorgehen wollte. Er recherchierte, dass die Senatskanzlei im gleichen Jahr etwa 40 Praktikanten zu ähnlichen schlechten Konditionen beschäftigt hatte, und reichte daraufhin im Abgeordnetenhaus einen Antrag zum fairen Umgang mit Praktikanten ein. Ihm stimmten Ende Februar mit Ausnahme der FDP alle Fraktionen zu. Für Kohlmeier ein erster Etappensieg:
"In Antrag steht drin eine Regelung für Landesunternehmen, wie mit Praktikanten umzugehen ist, deren Praktikum länger als einen Monat dauert, dass die angemessen vergütet werden und dass sie keine Vollzeitstellen ersetzen dürfen."
Bis Ende Juni hat der Senat nun Zeit die Vorgaben umzusetzen. Etwa festzulegen, was "angemessen bezahlt" bedeutet, wenn man sein Praktikum nach beendeter Ausbildung absolviert. Denn das ist der neuralgische Punkt.
Dass Akademiker ein Praktikum nach dem anderen absolvieren, ohne je in ein festes Arbeitsverhältnis zu rutschen. Dass sie rackern wie Vollzeitkräfte, aber nicht entsprechend bezahlt und auf die Zukunft vertröstet werden. Das Dilemma der sogenannten Generation Praktikum. Für die setzt sich Bettina König ein, Vorsitzende des Vereins Fairwork. Sie begrüßt den Berliner Vorstoß:
"Das ist absolut der Schritt in die richtige Richtung. Es geht da natürlich nur um die Berliner Verwaltung, das ist nicht gerade der Ort, wo Absolventen am meisten ausgebeutet werden, aber es ist eine richtige Regelung - das noch mal festzuschreiben ist sinnvoll, ob sich deshalb jetzt die Unternehmen daran orientieren, weiß ich nicht."
Zumal inzwischen verschiedene Studien suggerieren, dass es die viel beschworene Generation Praktikum so gar nicht gibt: Das Internationale Zentrum für Hochschulforschung in Kassel kam in einer breit angelegten Umfrage an 48 Hochschulen vor drei Jahren zu dem Ergebnis, dass Absolventen im Schnitt nur drei Monate benötigen, um eine Stelle zu finden. Und auch das Hochschul-Informations-System stellte fest, dass Kettenpraktika ohne konkrete Jobaussichten eher die Ausnahme sind. Dramatisiert der Berliner Vorstoß also womöglich die Realität? Bettina König verneint dies und verweist auf Erhebungen des Bundesarbeitsministeriums. Danach sei mindestens ein Praktikum nach dem Abschluss mittlerweile die Regel. Warum, fragt König, stellt man die Akademiker nicht einfach wie früher auf Probe ein? Um das zu erreichen, streitet sie mit Fairwork auch unverdrossen weiter für eine gesetzliche Regelung auf Bundesebene. Die soll festlegen, was für ein Arbeitsverhältnis ein Praktikum nach Studienabschluss eigentlich ist.
"Eigentlich war es mal ein gutes Mittel, um zu lernen, aber dadurch, dass das nicht mehr klar ist, was erfordert ein Praktikum: Inhalte Lernziele, Betreuer, einen Vertrag: Das gibt es ja nicht mehr, deshalb wünschen wir uns, dass das definiert wird: Dass man da sagt, nicht länger als drei Monate, und dass man den Vergütungsanspruch festlegt, dass das tariforientiert bezahlt werden sollte."
"Der Eindruck war, dass das nicht mehr ein typisches Praktikum war, wo er etwas lernen sollte, das war eine Stellenausschreibung: sechs Monate, flexibel, Vollzeitstelle. Jemand, der das sechs Monate machen soll, kann nur ein fertiger Student sein."
Also ein junger Berufsanfänger, der keine Orientierung mehr braucht, sondern auf der Suche nach einer bezahlten Stelle ist.
"Das ist eine Mehrzahl von Personen, die sich nach dem Studium in ein Praktikum begeben in Erwartung eines Arbeitsplatzes und den nicht bekommen. Es geht darum, dass Unternehmen die bewusst einstellen als Vollzeitstellen und denen nur wenig Vergütung bezahlen und das kann nicht sein."
Eine, so Kohlmeier, auch in der freien Wirtschaft verbreitete Geiz-ist-geil-Mentalität, gegen die er zumindest in der Berliner Verwaltung vorgehen wollte. Er recherchierte, dass die Senatskanzlei im gleichen Jahr etwa 40 Praktikanten zu ähnlichen schlechten Konditionen beschäftigt hatte, und reichte daraufhin im Abgeordnetenhaus einen Antrag zum fairen Umgang mit Praktikanten ein. Ihm stimmten Ende Februar mit Ausnahme der FDP alle Fraktionen zu. Für Kohlmeier ein erster Etappensieg:
"In Antrag steht drin eine Regelung für Landesunternehmen, wie mit Praktikanten umzugehen ist, deren Praktikum länger als einen Monat dauert, dass die angemessen vergütet werden und dass sie keine Vollzeitstellen ersetzen dürfen."
Bis Ende Juni hat der Senat nun Zeit die Vorgaben umzusetzen. Etwa festzulegen, was "angemessen bezahlt" bedeutet, wenn man sein Praktikum nach beendeter Ausbildung absolviert. Denn das ist der neuralgische Punkt.
Dass Akademiker ein Praktikum nach dem anderen absolvieren, ohne je in ein festes Arbeitsverhältnis zu rutschen. Dass sie rackern wie Vollzeitkräfte, aber nicht entsprechend bezahlt und auf die Zukunft vertröstet werden. Das Dilemma der sogenannten Generation Praktikum. Für die setzt sich Bettina König ein, Vorsitzende des Vereins Fairwork. Sie begrüßt den Berliner Vorstoß:
"Das ist absolut der Schritt in die richtige Richtung. Es geht da natürlich nur um die Berliner Verwaltung, das ist nicht gerade der Ort, wo Absolventen am meisten ausgebeutet werden, aber es ist eine richtige Regelung - das noch mal festzuschreiben ist sinnvoll, ob sich deshalb jetzt die Unternehmen daran orientieren, weiß ich nicht."
Zumal inzwischen verschiedene Studien suggerieren, dass es die viel beschworene Generation Praktikum so gar nicht gibt: Das Internationale Zentrum für Hochschulforschung in Kassel kam in einer breit angelegten Umfrage an 48 Hochschulen vor drei Jahren zu dem Ergebnis, dass Absolventen im Schnitt nur drei Monate benötigen, um eine Stelle zu finden. Und auch das Hochschul-Informations-System stellte fest, dass Kettenpraktika ohne konkrete Jobaussichten eher die Ausnahme sind. Dramatisiert der Berliner Vorstoß also womöglich die Realität? Bettina König verneint dies und verweist auf Erhebungen des Bundesarbeitsministeriums. Danach sei mindestens ein Praktikum nach dem Abschluss mittlerweile die Regel. Warum, fragt König, stellt man die Akademiker nicht einfach wie früher auf Probe ein? Um das zu erreichen, streitet sie mit Fairwork auch unverdrossen weiter für eine gesetzliche Regelung auf Bundesebene. Die soll festlegen, was für ein Arbeitsverhältnis ein Praktikum nach Studienabschluss eigentlich ist.
"Eigentlich war es mal ein gutes Mittel, um zu lernen, aber dadurch, dass das nicht mehr klar ist, was erfordert ein Praktikum: Inhalte Lernziele, Betreuer, einen Vertrag: Das gibt es ja nicht mehr, deshalb wünschen wir uns, dass das definiert wird: Dass man da sagt, nicht länger als drei Monate, und dass man den Vergütungsanspruch festlegt, dass das tariforientiert bezahlt werden sollte."