Alles hatte seinen Ausgang in einem 87 Zentimeter langen Gürtel aus Ziegenwolle. Doch dieser Gürtel, unerlässlich zum Verständnis der Ausstellung, der ist nicht im frisch restaurierten Palazzo Pretorio im toskanischen Prato zu sehen. Er wird in einer Kapelle der Kathedrale aufbewahrt. Ohne den Gürtel, meint Ausstellungskuratorin Cristina Gnoni, wäre Prato kunsthistorisch eine unbedeutende Ortschaft geblieben:
"Seit den 20er-Jahren des 15. Jahrhunderts ist das unter der Herrschaft und bis dato im Schatten von Florenz stehende Prato ein Zentrum der Renaissancekunst. Donatello, Paolo Uccello und Filippo Lippi kamen nach Prato."
Was nur die wenigsten wissen: Die Kleinstadt wurde in jenem Jahrhundert eine der angesagtesten Städte Italiens für Künstler. Keith Christiansen, Kurator am Metropolitan Museum in New York und einer der besten Kenner der italienischen Kunst, ist davon überzeugt, dass man die Renaissance nicht ohne Prato verstehen kann. Und das Aufblühen der Renaissance in dem Städtchen ist nicht ohne die Geschichte des Wollgürtels zu verstehen.
Cristina Gnoni:
"Die sogenannte ‚Cintola’, wie der Gürtel genannt wird, ist eine der am meisten verehrten Reliquien des Mittelalters und der Renaissance. Der Gürtel, so heißt es, stamme von Maria. Sie habe ihn nach dem Tod ihres Sohnes Jesu dem Apostel Thomas gegeben. Im 12. Jahrhundert brachte ein Geschäftsmann aus Prato die Reliquie mit und vermachte sie 1173 seiner Stadt. Um diesen Gürtel dreht sich alles bei der künstlerischen Ausgestaltung der Kathedrale."
1452 wird der Künstler und Karmelitermönch Filippo Lippi damit beauftragt, die Hauptkapelle der Kirche mit dem Mariengürtel prachtvoll auszumalen. Lippi galt als Malrevolutionär - und genau deshalb wollten ihn die künstlerisch aufgeschlossenen Stadtväter von Prato anstellen. Lippi ließ die gotische und somit relativ platte Bilderwelt hinter sich. In Prato schuf er Darstellungen, die eine ganz neue Idee von räumlicher Tiefe, von Proportionen und Realitätsnähe propagierten, die seine Zeitgenossen faszinierte. Seine und die Werke anderer Renaissancekünstler, die in jenen Jahren in Prato arbeiteten, wurden für die Ausstellung aus aller Welt zusammengeliehen, wie zum Beispiel die "Geburt Jesu" aus Karlsruhe. Zum ersten Mal überhaupt, das ist das große Verdienst dieser Ausstellung, wird die "officina", die Werkstatt Prato rekonstruiert: anhand ihrer schönsten Gemälde, Skulpturen und einer Kirchenkanzel.
Kuratorin Gnoni:
"Donatello schuf, gemeinsam mit Maso di Bartolomeo und Michelozzo, die prachtvoll geschmückte Außenkanzel der Kathedrale, von der aus an Festtagen die Gürtel-Reliquie den Gläubigen gezeigt wird. Diese Kanzel ist eine dynamische Interpretation klassisch-antiker Stilvorbilder."
Lippi blieb 15 Jahre in Prato und schuf für die Kunstgeschichte wegweisende Werke. Und er verliebte sich in die junge Nonne Lucrezia Buti, mit der er einen Sohn hatte, jener Filippino Lippi, der ebenfalls für Auftraggeber aus Prato arbeitete.
Die Ausstellung macht deutlich, dass die reichen Bürger von Prato den Medici und anderen gutbetuchten Florentinern in nichts nachstanden: Sie gaben Kunst bei den ganz Großen ihrer Zeit in Auftrag. Reliefbilder bei Donatello, Gemälde und Fresken bei Paolo Uccello, bei Sandro Botticelli und vielen anderen.
Diese Künstler öffneten in Prato ihre "officine, ihre Werkstätten. Das waren, auch das erklärt die Ausstellung, Betriebe, die sich ganz nach den Wünschen ihrer Auftraggeber richteten: Aristokraten, Patrizier und religiöse Orden. Die Eigentümer dieser Werkstätten, die jeweiligen Künstler, schufen dort ihre Werke - nicht selten zusammen mit ihren besten Mitarbeitern, um Zeit zu sparen. Die "officine" sorgten dafür, dass eine Vielzahl von Zulieferbetrieben für Holz, Leinwände, Farben etc. entstanden. Diese Künstlerwerkstätten verschafften Prato einen enormen wirtschaftlichen Impuls. Ein Impuls, von dem die Stadt, noch heute ein wichtiges handwerkliches Zentrum, seit Jahrhunderten profitiert.
"Seit den 20er-Jahren des 15. Jahrhunderts ist das unter der Herrschaft und bis dato im Schatten von Florenz stehende Prato ein Zentrum der Renaissancekunst. Donatello, Paolo Uccello und Filippo Lippi kamen nach Prato."
Was nur die wenigsten wissen: Die Kleinstadt wurde in jenem Jahrhundert eine der angesagtesten Städte Italiens für Künstler. Keith Christiansen, Kurator am Metropolitan Museum in New York und einer der besten Kenner der italienischen Kunst, ist davon überzeugt, dass man die Renaissance nicht ohne Prato verstehen kann. Und das Aufblühen der Renaissance in dem Städtchen ist nicht ohne die Geschichte des Wollgürtels zu verstehen.
Cristina Gnoni:
"Die sogenannte ‚Cintola’, wie der Gürtel genannt wird, ist eine der am meisten verehrten Reliquien des Mittelalters und der Renaissance. Der Gürtel, so heißt es, stamme von Maria. Sie habe ihn nach dem Tod ihres Sohnes Jesu dem Apostel Thomas gegeben. Im 12. Jahrhundert brachte ein Geschäftsmann aus Prato die Reliquie mit und vermachte sie 1173 seiner Stadt. Um diesen Gürtel dreht sich alles bei der künstlerischen Ausgestaltung der Kathedrale."
1452 wird der Künstler und Karmelitermönch Filippo Lippi damit beauftragt, die Hauptkapelle der Kirche mit dem Mariengürtel prachtvoll auszumalen. Lippi galt als Malrevolutionär - und genau deshalb wollten ihn die künstlerisch aufgeschlossenen Stadtväter von Prato anstellen. Lippi ließ die gotische und somit relativ platte Bilderwelt hinter sich. In Prato schuf er Darstellungen, die eine ganz neue Idee von räumlicher Tiefe, von Proportionen und Realitätsnähe propagierten, die seine Zeitgenossen faszinierte. Seine und die Werke anderer Renaissancekünstler, die in jenen Jahren in Prato arbeiteten, wurden für die Ausstellung aus aller Welt zusammengeliehen, wie zum Beispiel die "Geburt Jesu" aus Karlsruhe. Zum ersten Mal überhaupt, das ist das große Verdienst dieser Ausstellung, wird die "officina", die Werkstatt Prato rekonstruiert: anhand ihrer schönsten Gemälde, Skulpturen und einer Kirchenkanzel.
Kuratorin Gnoni:
"Donatello schuf, gemeinsam mit Maso di Bartolomeo und Michelozzo, die prachtvoll geschmückte Außenkanzel der Kathedrale, von der aus an Festtagen die Gürtel-Reliquie den Gläubigen gezeigt wird. Diese Kanzel ist eine dynamische Interpretation klassisch-antiker Stilvorbilder."
Lippi blieb 15 Jahre in Prato und schuf für die Kunstgeschichte wegweisende Werke. Und er verliebte sich in die junge Nonne Lucrezia Buti, mit der er einen Sohn hatte, jener Filippino Lippi, der ebenfalls für Auftraggeber aus Prato arbeitete.
Die Ausstellung macht deutlich, dass die reichen Bürger von Prato den Medici und anderen gutbetuchten Florentinern in nichts nachstanden: Sie gaben Kunst bei den ganz Großen ihrer Zeit in Auftrag. Reliefbilder bei Donatello, Gemälde und Fresken bei Paolo Uccello, bei Sandro Botticelli und vielen anderen.
Diese Künstler öffneten in Prato ihre "officine, ihre Werkstätten. Das waren, auch das erklärt die Ausstellung, Betriebe, die sich ganz nach den Wünschen ihrer Auftraggeber richteten: Aristokraten, Patrizier und religiöse Orden. Die Eigentümer dieser Werkstätten, die jeweiligen Künstler, schufen dort ihre Werke - nicht selten zusammen mit ihren besten Mitarbeitern, um Zeit zu sparen. Die "officine" sorgten dafür, dass eine Vielzahl von Zulieferbetrieben für Holz, Leinwände, Farben etc. entstanden. Diese Künstlerwerkstätten verschafften Prato einen enormen wirtschaftlichen Impuls. Ein Impuls, von dem die Stadt, noch heute ein wichtiges handwerkliches Zentrum, seit Jahrhunderten profitiert.