Fußball in England
Premier League an Heiligabend verärgert die Fans

Fußball und Weihnachten: In Großbritannien passt das gut zusammen. Am Boxing Day, dem 2. Weihnachtsfeiertag, finden in der Premier League auf der Insel traditionell Spiele statt. Doch der Heilige Abend war bisher meist tabu - bis zu diesem Jahr.

Von Christine Heuer |
Ein Aston Villa-Fan steht als Weihnachtsmann verkleidet auf der Tribüne und hält einen Schal in die Luft.
Zum ersten Mal seit 1995 spielt die Premier League wieder an Heiligabend. Die Fans waren alles anderes als begeistert, doch ihre Belange interessieren die Ligaverantwortlichen und TV-Sender nur wenig. (dpa / picture alliance / Nick Potts)
An Heiligabend spielt Chelsea gegen die Wolves. Um 13 Uhr Ortszeit im Mólineux-Stadion in Wolverhampton. Gareth Roberts, walisischer Profi-Fußballer im Ruhestand, ist fassungslos. Natürlich wären sie Heiligabend gern bei der Familie gewesen. Aber drängender ist die Frage, wie sie zum Spiel kommen sollen? An Weihnachten geht im öffentlichen Verkehr in Großbritannien so gut wie nichts. Manche Bahnhöfe werden gleich ganz geschlossen. Und was fährt, gehorcht an diesem 24.12. auch noch dem ausgedünnten Sonntagsfahrplan.
In den Sport-Podcasts reden sie sich die Köpfe heiß. Wie hier der Schau- und Pokerspieler Rory Jennings, seinen Landsleuten bestens bekannt aus East Enders, der britischen Lindenstraße. „Lächerlich“. Rory Jennings bleibt britisch höflich. Damit hält sich Chelsea-Fan Charlie Patrick nicht lange auf. Auf seinem Youtube-Kanal Chelsea Fan TV spricht er als „Blue Brother“ Klartext.

Sky trickst den "Football Blackout" aus

Charlie Patrick hat den Hauptschuldigen in der Premier League ausgemacht. Warum, fragt er, setzen sie ein Spiel an Heiligabend an? Es geht tatsächlich ums Geld. Genauer: Um die Werbeeinnahmen, die Sky Sports sich von der Fernseh-Übertragung verspricht. Und die dem Kanal entgangen wären, hätte das Spiel, wie ursprünglich geplant, am Samstag, dem 23. Dezember um 15 Uhr stattgefunden.
Denn dann schlägt in Großbritannien, und nur hier, die Stunde des „Football Blackout“. An Samstagen zwischen Viertel vor Drei und Viertel nach Fünf dürfen keine nationalen Liga-Spiele im Fernsehen gezeigt werden. Das ist seit den 60er Jahren die eherne Regel im Vereinigten Königreich. Und der Grund, warum das Spiel Chelsea gegen die Wolves um einen Tag auf Heiligabend verschoben wurde.

Niemand denkt an die Fans

Rory Jennings wettert derweil gegen die neuen Eigentümer des FC Chelsea. Mit Roman Abramowitsch waren die Fans sehr zufrieden. Doch nach Russlands Überfall auf die Ukraine musste der Oligarch seinen Club verkaufen. Den Zuschlag bekam ein US-amerikanischer Milliardär. Rory Jennings kann ihn nicht leiden.
Doch aller Protest hilft nichts. Das Spiel findet statt. Die Verantwortlichen, klagt Ex-Profi Gareth Roberts, setzen damit die falschen Prioritäten. "Sie müssen doch nur an die Fans denken, die zum Spiel gehen. Wenn wir in die Vergangenheit schauen, ist dieses Spiel nur bei normalen Menschen beliebt, nicht bei Fernsehsendern. Sie müssen doch an die Menschen denken, die sich das Spiel anschauen wollen."