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Rekordsummen in der Premier League
Mehr als zwei Milliarden Euro für neue Spieler

Für Transfers werden im englischen Fußball Unsummen auf den Tisch gelegt. Der Kaufrausch auf der Insel lässt andere Ligen erblassen. Denn anders als in der spanischen La Liga oder der Bundesliga spielt Geld in der Premier League schon lange keine Rolle mehr.

Von Hendrik Buchheister |
Spielszene im Premiere League-Spiel zwischen Manchester United und Leicester City
Die Klubs der Premier League haben so viel Geld ausgegeben wie noch nie (IMAGO / Shutterstock / IMAGO / Joe Toth / Shutterstock)
85,4 Millionen Pfund hat sich Manchester United den brasilianischen Flügelstürmer Antony von Ajax Amsterdam kosten lassen. Das sind umgerechnet fast 100 Millionen Euro. Antony ist der teuerste Spieler der gerade zu Ende gegangenen Transferphase – und einer der teuersten Fußballer überhaupt.

Antony - kein Superstar, sondern 22-jähriges Fußball-Talent

Das Bemerkenswerte an der hohen Ablösesumme: Antony ist kein gestandener Profi, kein Superstar, sondern ein 22 Jahre altes Talent, das sich auf der großen Bühne erst noch beweisen muss.

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Ob er dem abgestürzten englischen Rekordmeister Manchester United dabei hilft, wieder um Titel mitzuspielen? Ob die 100 Millionen Euro gut investiert sind? Schwer zu sagen.

Premier League-Klubs geben mehr als je zuvor für Transfers aus

Allerdings spielt Geld im englischen Fußball schon lange keine Rolle mehr. Das hat die Transferphase einmal mehr bewiesen. Die Klubs der Premier League haben so viel Geld ausgegeben wie noch nie – laut transfermarkt.de umgerechnet mehr als 2,2 Milliarden Euro. Das ist in etwa der Betrag, den die Vereine der Bundesliga, der italienischen Serie A, der spanischen La Liga und der Ligue 1 in Frankreich zusammen in neue Spieler gesteckt haben.

Größere TV-Einnahmen und reichere Eigentümer

In anderen Ländern muss wegen den Auswirkungen der Corona-Pandemie gespart werden, die englischen Vereine dagegen leisteten sich im Sommer einen beispiellosen Kaufrausch. Das liegt vor allem an den viel größeren TV-Einnahmen, vor allem international, erklärt Kieran Maguire von der University of Liverpool. Er ist in England ein angesehener Fachmann für Fußball-Finanzen: "In den anderthalb Saisons, die durch die Corona-Pandemie am stärksten beeinträchtig wurden, hatte die Premier League dadurch praktisch eine Versicherung. Sie ist weniger abgängig von Zuschauereinnahmen. Insgesamt geniert sie nur 14 Prozent des Umsatzes auf diese Weise. Das ist weniger als in anderen europäischen Ländern.”

Chelsea investierte diesen Sommer das meiste Geld

Neben den lukrativen Fernsehverträgen profitiert die Premier League von reichen Eigentümern, die Geld in die Vereine pumpen. Manchester City und Newcastle United werden praktisch von Staaten finanziert. Der FC Chelsea von Trainer Thomas Tuchel hat gerade den Besitzer gewechselt. Ein US-amerikanisches Konsortium um den Geschäftsmann Todd Boehly löste den russischen Oligarchen Roman Abramowitsch ab. Chelsea investierte in diesem Sommer das meiste Geld aller Vereine im europäischen Fußball, mehr als 275 Millionen Euro. Selbst hinter Aufsteiger Nottingham Forest steht ein reicher Eigentümer. Der Klub kaufte sich fast einen komplett neuen Kader zusammen und gab dafür mehr Geld aus als der FC Barcelona oder Paris Saint-Germain.

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Champions League macht den Unterschied

Der Kampf um die begehrten Champions-League-Plätze führt dazu, dass sich die englischen Klubs auf dem Transfermarkt immer weiter überbieten. "Ob man sich für die Champions League qualifiziert oder nicht, kann pro Saison einen Unterschied von mehr als 100 Millionen Euro bedeuten. In der Premier League konkurrieren praktisch sechs Vereine um vier Champions-League-Plätze. Sie werden dazu ermutigt, viel Geld auszugeben", erklärt Fachmann Maguire von der Universität Liverpool. Für viele Clubs geht es vor allem darum, überhaupt in der Premier League dabei zu sein. „Wenn Klubs aus der Premier League absteigen, fallen die Einnahmen um 70 bis 80 Millionen Euro. Deshalb haben auch die Vereine am Ende der Tabelle einen Anreiz, sich finanziell zu verausgaben, wenn sie dadurch den Abstieg verhindern.”

Finanzkraft der Premier League ist ein Problem für die Bundesliga

Die finanzielle Überlegenheit der Premier League ist ein Problem für die Bundesliga und andere Ligen, weil sie Jahr für Jahr viele ihrer besten Spieler an englische Klubs verlieren. Der Wechsel von Erling Haaland von Borussia Dortmund zu Manchester City ist nur ein Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit. Auch in der Champions League zeichnet sich eine englische Dominanz ab. In den vergangenen vier Saisons gab es zwei rein englische Endspiele.
Experte Kieran Maguire meint, dass die Vereine aus Spanien, Italien, Frankreich und Deutschland unpopuläre Maßnahmen treffen müssen, um gegen die Finanzkraft der Premier League anzukommen: "Ich glaube nicht, dass wir schon das Ende eines Super-League-Konzepts gesehen haben. Das wäre dann wahrscheinlich ein kontinentaleuropäischer Wettbewerb ohne die Klubs der Premier League. So könnten die großen Vereine vom europäischen Festland regelmäßiger gegeneinander spielen. Das würde helfen, die finanziellen Unterschiede zwischen der Premier League und Ligen wie La Liga, der Bundesliga und so weiter zu reduzieren.”