Zwei Klubs, ein Besitzer
Vorerst kein Wechselverbot bei Multi-Ownership

Die Klubs der Premier League haben sich erst einmal nicht dagegen ausgesprochen, dass Spieler zwischen Vereinen mit denselben Besitzern verliehen werden können. Die inzwischen verbreitete "Multi-Club-Ownership" braucht aber verbindliche Regelungen.

Von Christian Mixa | 22.11.2023
    Fans von Newcastle United als Scheichs verkleidet bei einem Spiel in der Premier League
    Grüße an die Klubbesitzer aus Saudi-Arabien: Fans von Newcastle United (Paul Ellis / AFP)
    Wie BBC und Guardian berichten, stimmten am Dienstag (21.11.2023) 13 von 20 Klubs der Premier League gegen eine Beschränkung von Leihgeschäften zwischen Klubs, die vom selben Mehrheitseigner kontrolliert werden. Die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit wurde damit um eine Stimme verfehlt. Laut BBC sollen sich Newcastle United, Manchester City, Chelsea, Sheffield United, Everton, Wolverhampton, Burnley und Nottingham Forest gegen das Verbot gesperrt haben.
    Newcastle United spielte eine besondere Rolle bei der Abstimmung der Klub-Verantwortlichen: Zuletzt hatte es Spekulationen gegeben, dass Newcastle Ruben Neves im Winter per Ausleihe zurück in die Premier League holen könnte. Der Portugiese war erst im Sommer von Wolverhampton für 55 Millionen Euro nach Saudi-Arabien zu Al-Hilal gewechselt. Der Klub gehört mehrheitlich dem saudischen Staatsfonds PIF, der auch die Investorengruppe anführt, die Newcastle United kontrolliert.    
    Ruben Neves im Trikot von Al-Hilal bei einem Spiel im Prince Sultan bin Abdul Aziz Stadium in Abha
    Ruben Neves im Trikot von Al-Hilal, womöglich bald bei Newcastle (AFP)

    "Multi-Club-Ownership" - längst nicht mehr nur in der Premier League

    Das Phänomen der sogenannten "Multi-Club-Ownership" - ein Investor, der mehrere Klubs kontrolliert - betrifft nicht mehr nur die Premier League. So sind zum Beispiel der AC Mailand und der FC Toulouse mehrheitlich im Besitz einer New Yorker Investmentgesellschaft. Brighton and Hove Albion und der belgische Klub Royale Union Saint-Gilloise werden von einem britischen Poker-Unternehmer kontrolliert. Auch Aston Villa und Vitoria Guimaraes aus Portugal haben denselben Mehrheitseigner.
    Alle genannten Klubs waren in dieser Saison für den Europapokal qualifiziert, was die Frage aufwarf, ob die Integrität des Wettbewerbs bedroht sein könnte, wie die Sportschau berichtete. Die UEFA hatte deshalb im Juli, vor Beginn der Europapokal-Saison, die Verhältnisse bei den Multi-Club-Ownerships untersucht, dabei jedoch keinen Verstoß gegen die geltenden Regeln festgestellt. Die jeweiligen Besitzer, so der Befund der UEFA-Finanzkontrolleure hätten "keinen entscheidenden Einfluss auf mehr als einen Klub" und säßen auch nicht überall im Management.

    "Kultur des Zockens" in der Premier League

    Auch Manchester City, im Besitz einer Investorengruppe aus Abu Dhabi, steht mit seinen Geschäften immer wieder unter Beobachtung. Der englische Serienmeister unterhält mit seiner "Football Group" gleich ein ganzes Netzwerk mit 13 angeschlossenen Klubs weltweit. Crystal Palace ist einer von fünf Klubs im Portfolio einer amerikanischen Sportholding.
    Im englischen Profifußball ist weiterhin mit Abstand das meiste Investorengeld unterwegs. Aktuell steht der US-Investor 777 Partners vor der Übernahme beim FC Everton. Die US-Gesellschaft hat auch bei Hertha BSC groß investiert. Im deutschen Profifußball bleiben Investoren durch die 50plus1-Regel, zumindest offiziell, vom operativen Geschäft ausgeschlossen.
    In der Premier League dagegen wurden die Forderungen zuletzt lauter, den potenziell schädlichen Einfluss von Klubbesitzern zumindest zu beschränken, spätestens nachdem Newcastle United von einem Konsortium aus Saudi-Arabien übernommen wurde. Das Regime des Landes steht wegen zahlreicher Menschenrechtsverstöße in der Kritik.
    Nach dem Wunsch der britischen Regierung soll deshalb nun eine unabhängige Kontrollbehörde installiert werden, die den Ausverkauf des Fußballs durch Investoren-Heuschrecken und die "Kultur des Zockens" (Finanzexperte Kieran Maguire im Dlf) beenden sollen. Stattdessen sollen die Besitzer zum nachhaltigen Wirtschaften verpflichtet werden und sich außerdem stärker zu den Werten und Traditionen der Klubs bekennen.

    Leihgeschäfte zwischen Saudi-Arabien und Premier League unter Beobachtung

    Das Ansinnen, gegen möglicherweise wettbewerbsverzerrende Leihgeschäfte vorzugehen, kann ebenfalls als Schritt in diese Richtung betrachtet werden. Bei dem nun gescheiterten Vorstoß ging es aber zunächst um ein befristetes Agreement zwischen den Klubs, das nur für die kommende Transferperiode im Winter gegolten hätte. Die Einschränkungen waren zudem nur für Leihgeschäfte vorgesehen, bei denen Spieler zu einem Klub in die Premier League wechseln, und nicht in umgekehrter Richtung. Für das weitaus bedeutendere Transferfenster im Sommer werde weiterhin eine verbindliche Übereinkunft angestrebt, hieß es bei der BBC.
    Dies erscheint umso dringender. Denn in der saudischen Liga spielen, neben Ruben Neves, eine Reihe weiterer ehemaliger Premier-League-Stars, die per Leihe zwischen verbandelten Klubs verschoben werden könnten: Sadio Mane bei Al-Nassr etwa, oder Roberto Firmino und Riyad Mahrez, die bei Al-Ahli spielen. Auch diese beiden Klubs sind im Besitz des saudischen PIF, der in Newcastle das Sagen hat.