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Pressearbeit von Sebastian Kurz
"Die klassischen Medien sind nicht stark genug gerüstet"

Wie gezielt die österreichische Regierung den Boulevard für ihre Zwecke nutzt, hat gerade ein ehemaliger „Krone“-Journalist enthüllt. Österreich erlebe die Rückkehr von „Partei-Propaganda“, warnte Florian Klenk, Chefredakteur der Wochenzeitung „Falter“ im Dlf.

Text von Annika Schneider/Florian Klenk im Gespräch mit Michael Borgers |
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz auf dem EU Gipfel im Mai 2021
Die Medienstrategie von Sebastian Kurz umfasst nicht nur öffentliche Interviews, sondern auch gezieltes Agieren hinter den Kulissen - so beschreibt es ein ehemaliger "Krone"-Journalist (picture alliance /Francisco Seco/Associated Press)
Sieben Jahre ist es her, dass Thomas Schrems, ehemaliger Ressortleiter beim österreichischen Boulevard-Blatt "Krone", seinen Job an den Nagel hängte. In den letzten Monaten habe er nun einen inneren Groll entwickelt und das Bedürfnis gespürt, sich das von der Seele zu schreiben. So erklärt Schrems, warum er Anfang Juni einen wütenden Text auf Facebook veröffentlichte, adressiert an den Bundeskanzler persönlich mit den Worten "lieber Sebastian". Nun legte Schrems mit einem Interview nach: Ausführlich erzählte er der Wochenzeitung "Falter", wie der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Medien für sich zu nutzen weiß.
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In Österreich werden Kamerateams des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei Protesten gegen Pandemiemaßnahmen beschimpft, bespuckt, verhöhnt und bedroht. Eingesetzt werde jetzt nur noch, wer sich freiwillig melde, sagte der Redakteursratsvorsitzende im Dlf.
Schrems berichtet zum Beispiel von Gerald Fleischmann, aktuell Medienbeauftragter der Bundesregierung, der Redaktionen massentaugliche Exklusivgeschichten liefere und anschließend Gefallen einfordere. "Wenn man nicht widerständig genug ist als Journalist", sagt Schrems, "dann gerät man da relativ schnell hinein".

Regierung schaltet Inserate

Eine besondere Rolle spielen dabei die Inserate, die die Bundesregierung in den einzelnen Medien schaltet. Boulevardmedien, darunter auch rechtspopulistische, Bauernzeitungen und Kirchenblätter bekämen sehr viel mehr Inserate als politische Magazine, die kritischen Journalismus betrieben, sagte "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk, der das Interview mit Schrems geführt hat, im Dlf.
Dem "Falter" sei zu Beginn der Amtszeit von Kurz der gesamte Anzeigen-Etat gestrichen worden: "Wir haben dann eine niedrige fünfstellige Summe an Inseraten bekommen, auf die man genauso gut verzichten könnte, wenn man den Gesamtumsatz des Unternehmens betrachtet. Und da zeigt sich natürlich schon ganz deutlich, dass dort inseriert wird, wo man sich umgekehrt positive Berichterstattung erwartet." Klenk zufolge könne dieses Vorgehen auch strafrechtliche Aspekte haben.

Klenk: "Hochprofessioneller Propaganda-Apparat"

Kurz agiere nicht wie in einer Diktatur, stellte Klenk klar. Es gebe weder Unternehmensschließungen noch Sanktionen für einzelne Journalistinnen und Journalisten, sondern einen "wahnsinnig geschickten, hochprofessionellen Propaganda-Apparat".
Durch Schmeicheleien und subtile Andeutungen gebe Kurz der Medienöffentlichkeit zu verstehen, dass es nicht von Vorteil sei, gegen seine Partei zu recherchieren. Außerdem flute er die öffentliche Arena mit Falschinformationen, setze neue Themen, attackiere einzelne Personen und lenke immer wieder von den eigentlichen Problemen ab. Ein solcher anbiedernder Propaganda-Journalismus, der manche Themen einfach auslasse, wäre in der Form in Deutschland undenkbar, so Klenk.
"Wenn wir so wollen, dann erleben wir die Rückkehr von Partei-Propaganda. Und die klassischen Medien sind nicht stark genug gerüstet, um sich dem wirklich wehrhaft entgegenzustellen", warnte er. Ein Grund sei, dass die Boulevardmedien sich in diesem System sehr gut eingerichtet hätten und sehr gut davon profitieren würden. Der "Schoßhund-Journalismus" sei ein Grundübel, das es in Österreich seit Jahrzehnten gebe.
Die investigative Arbeit des "Falter" werde dadurch jedoch erleichtert. Die Auflage habe sich in fünf Jahren verdreifacht. "Das zeigt ein gewisses Bedürfnis der Bevölkerung nach kritischem, distanziertem Journalismus", sagte Klenk. Es gebe auch andere Medien, die das böten, zum Beispiel "Der Standard" und "Die Presse".
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