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Pressefreiheit
Italiens Strategie gegen kritische Medien

Der italienischen Regierung sind kritische Journalisten ein Dorn im Auge. Nun droht Vize-Ministerpräsident Luigi di Maio den Printmedien mit der Kürzung staatlicher Finanzbeihilfen und dem Ausschluss bestimmter Medien von Pressekonferenzen. Es ist nicht der erste umstrittene medienpolitische Schritt der Regierung.

Von Thomas Migge | 24.10.2018
    Luigi di Maio, Italiens Vize-Regierungschef
    Hat keine Lust auf unliebsame Fragen von Journalisten: Luigi di Maio, Arbeitsminister und Vize-Regierungschef von Italien. (Alberto PIZZOLI / AFP)
    Jeden Abend ab 20:30 Uhr interviewt die prominente Journalistin Lilli Gruber Journalistenkollegen und Intellektuelle zu tagesaktuellen politischen Themen. Fast immer sind es regierungskritische Gäste, die Stellung beziehen. Auch in der politischen Talkshow von Chiara Berlinguer wird sehr kritisch gegen die rechtspopulistische Regierung argumentiert. Fast alle politischen Talksendungen im italienischen Fernsehen gehen hart mit der Regierung ins Gericht.
    Das gleiche Bild scharfer Kritik findet man in den meisten Printmedien Italiens. "Famiglia Cristiana", das auflagenstärkste Wochenmagazin des Landes, herausgegeben von der katholischen Kirche, bezeichnete im vergangenen Juli Innenminister Matteo Salvini wegen seiner Einwanderungspolitik als "Teufel" und titelte "Vade Retro" - "Weiche, Satan".
    Vize-Regierungschef spricht von "Lügenpresse"
    Salvini versuchte damals noch gelassen zu reagieren: "Oh! Die vergleichen mich mit Satan! Ich glaube nicht, dass ich einer solchen Ehre würdig bin."
    Doch kritische und investigative Berichterstattung wird inzwischen von Salvini und Co. nicht mehr mit Gelassenheit hingenommen. Vize-Regierungschef Luigi Di Maio nennt ihm unbequeme Medien, Zitat, "Lügenpresse", Matteo Salvini spricht von "unverantwortlicher Lügenproduktion" und Barbara Lezzi, Ministerin für Süditalien schimpft: "Die verbreiten bestimmte Nachrichten, obwohl sie genau wissen, dass sie lügen!"
    Regierung will Zuschüsse für kritische Medien kürzen
    Luigi Di Maio droht nun mit der Reduzierung staatlicher Finanzbeihilfen für die Printmedien. Eine Finanzierung, die sich auf jährlich rund 90 Millionen Euro summiert und vor allem kleineren Tageszeitungen zugutekommt. Eine Geldspritze des Staates, die, dem Mediengesetz zufolge, die Pluralität der Berichterstattung garantieren soll.
    Di Maio droht auch damit, dass wichtige Veröffentlichungen der Regierung, wie etwa Gesetzestexte, die traditionell in allen Medien publiziert werden, fortan in bestimmten Zeitungen und Magazinen nicht mehr erscheinen werden. Gedroht wird auch damit, dass etwa Journalisten der Mediengruppe "la Repubblica"/"Espresso" nicht mehr zu bestimmten Pressekonferenzen zugelassen oder zu Auslandsreisen von Regierungsmitgliedern eingeladen werden.
    "Angriff auf die Medienfreiheit"
    Der italienische Journalistenverband ist schockiert. Vor wenigen Tagen wurde deshalb eine Demonstration in Rom organisiert. Giuseppe Giuletti, Chef der Vereinigung der Medienvertreter: "Wenn jemand in diesem Land glaubt, dass er die Verbreitung von Informationen durch Medien unterdrücken kann, dann hat er sich sehr verrechnet. Wir haben es mit einem Angriff auf die Medienfreiheit zu tun. Hier wird Artikel 21 unserer Verfassung, der freie Medien garantiert, verletzt."
    Diese Regierung, so Giuletti, wolle kritiklose Untertanen und keine informierten Bürger. Carlo Verna, Präsident des Journalistenverbandes: "Was hier vor sich geht ist einmalig in der italienischen Nachkriegsgeschichte. Keine andere Regierung erlaubt sich solche Töne. Politiker wie Di Maio sollten sich bei uns entschuldigen".
    Der Rai-Präsident Marcello Foa steigt vor den Rai-Büros aus einem Auto.
    Umstrittene Personalie: Marcello Foa ist seit Ende September Präsident der Rundfunkanstalt RAI. (picture alliance / CLAUDIO PERI)
    Umbau des öffentlich-rechtlichen Senders RAI
    Davon kann aber keine Rede sein. Im Gegenteil: Wo die Regierung Einfluss hat, wie etwa bei der öffentlich-rechtlichen RAI, will sie jetzt einiges umbauen. Von "Medien-Revolution" ist die Rede - mit zwielichtigen Journalisten.
    So ernannte die Regierung Marcello Foa zum neuen RAI-Präsidenten. Ein ziemlich umstrittener Journalist: Foa arbeitete immer wieder auch für Putins Staats- und Propagandafernsehen RTR, er verkehrt mit Personen wie dem US-Amerikaner Steve Bannon von "Breitbart News" und verbreitete, wie "la Repubblica" enthüllte, als Chefredakteur des "Corriere del Ticino" Fakenews US-amerikanischer Rechtsradikaler.