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Pressefreiheit
Verfassungsbeschwerde gegen BND-Gesetz

Angezapfte Leitungen und Massenüberwachung von Journalisten im Ausland - die Neuregelung des BND-Gesetztes ist seit ihrer Verabschiedung 2016 in der Kritik. Ein Bündnis aus Organisationen und Gewerkschaften sieht die Pressefreiheit in Gefahr und hat nun eine Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Von Silke Ballweg |
    Auf der Rückseite des Gebäudes stehen 22 Meter hohe künstliche Palmen, die der Künstler Ulrich Brüschke entworfen hat.
    Der BND soll ausländische Journalisten überwacht haben (imago/ IPON)
    Sie sorgen sich um die Pressefreiheit und um die Möglichkeiten investigativer Recherchen. Organisationen wie Reporter ohne Grenzen, die Gesellschaft für Freiheitsrechte und der deutsche Journalisten-Verband DJV unterstützen mehrere ausländische Journalisten bei einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht. Sie alle halten die 2016 vom Deutschen Bundestag verabschiedete Neuregelung des BND-Gesetzes für verfassungswidrig.
    Denn, so Ulf Buermeyer von der Gesellschaft für Freiheitsrechte: "Nach dem neuen BND-Gesetz darf der BND Internet-Leitungen von außen anzapfen, sofern er davon Erkenntnisse von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung erlangt."
    Für diese Praxis brauche der BND keine richterliche Entscheidung, es genüge eine Anweisung aus dem Bundeskanzleramt. Diese Möglichkeit aber verletze mehrere in der Verfassung garantierte Grundrechte, etwa das Fernmeldegeheimnis.
    Schutzrechte ausgehebelt
    "Wer mittels Telefon und Internet kommuniziert, soll darauf vertrauen dürfen, dass seine Gespräche, seine Daten, nicht abgehört und mitgeschnitten werden. Dieses Grundrecht auf vertrauliche Fernkommunikation ist für den BND de facto abgeschafft worden. Wir alle müssen davon ausgehen, dass der BND in der Leitung hängt, wenn wir das Internet nutzen."
    Kommunikation von Deutschen darf der Auslandsgeheimdienst eigentlich nicht abfangen. Von EU-Bürgern unter Einschränkung, von Nicht-EU-Bürgern jedoch schrankenlos.
    Damit sind vor allem Journalisten im Ausland von der Massenüberwachung betroffen. Doch wenn sie mit deutschen Journalisten kommunizieren, geraten auch diese ins Visier des BND: Ähnlich wie Anwälte oder Abgeordnete genießen Journalisten eigentlich besondere Schutzrechte. Zudem erhält ihre Arbeit durch die in der Verfasung garantierte Meinungs- und Pressefreiheit einen besonderen Status. Durch das BND-Gesetz wird dies nun jedoch ausgehebelt, sagt Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen.
    "Wenn Daten in internationalen Datenbanken ohne effektive Schutzrechte getauscht werden, weiß kein Journalist mehr, ob er noch sicher kommunizieren kann, welche Länder er bereisen kann oder ob er mit einer Email-Anfrage Quellen in Gefahr bringt."
    "Vor allem für Whistleblower gefährlich"
    Weil sie von dem BND-Gesetz direkt betroffen sind, treten gleich mehrere ausländische Journalisten bei dem von den Journalistenorganisationen vollzogenen Gang nach Karlsruhe als Beschwerdeführer auf. Etwa der slowenische Investigativjournalist Blaz Zgaga. In den vergangenen Jahren hat er zu Themen wie internationale Waffengeschäfte oder Steuerflucht recherchiert:
    "Vor allem für Whistleblower ist es gefährlich, mich zu kontaktieren, denn sie laufen Gefahr, entdeckt zu werden, wenn sie mit mir in Verbindung treten. Das macht meine Arbeit noch schwieriger. Als Investigativjournalist decke ich normalerweise Skandale auf, die auch für die Öffentlichkeit relevant sind. Und deswegen schränkt jeder, der Journalisten überwacht, die Meinungs- und Pressefreiheit massiv ein."
    Durch ihre Beschwerde wollen die Beteiligten von Karlsruhe wissen, wie eine verfassungskonforme Ausgestaltung des BND-Gesetzes aussehen könnte. Dabei geht es ihnen auch um eine Vorbildfunktion Deutschlands gegenüber anderen Staaten. Denn wie sollen deutsche Politiker gegenüber autokratischen Regimen etwa das Abhören von Aktivisten und Journalisten kritisieren, wenn ihr eigener Geheimdienst ebenfalls Massenüberwachung betreibt.