Einen wahren Sturm hatte am 10. Oktober die Bekanntgabe des Literaturnobelpreises 2019 an Peter Handke ausgelöst. Seitdem vergeht fast kein Tag, an dem sich in den Medien nicht jemand für oder gegen den österreichischen Autor positioniert. Und das nicht nur national, sondern auch international. Es geht bekanntlich um Handkes Schriften zum Krieg in Bosnien-Herzegowina Mitte der 90er Jahre und seine einseitige Parteinahme für die serbische Seite. Seitdem wird heftig gestritten – über das Verhältnis von Literatur und Moral, Autor und Werk.
Die Stimmen werden schriller, die die gerade wieder neu formierte Nobelpreis-Akademie auffordern, den Preis nicht an Handke zu vergeben. Nun fand heute im Vorfeld der Preisvergabe am kommenden Dienstag in Stockholm die übliche Pressekonferenz mit den Literatur-Nobelpreisträgern statt. Dieses Mal sind es ja zwei: Peter Handke und Olga Tokarczuk, die den Preis rückwirkend für 2018 erhält. Die polnische Autorin droht allerdings im allgemeinen Handke-Trubel etwas unterzugehen.
Handkes Blockade
Der Feuilleton-Redakteur der FAZ, Andreas Platthaus, ist vor Ort und hat die Pressekonferenz verfolgt. Peter Handke mag bekanntlich keinen Medien-Trubel. In einem Interview mit der NZZ hatte er angekündigt, er wolle sich "in Stockholm stellen". Es werde hoch hergehen. Im Gespräch mit Angela Gutzeit meinte Platthaus allerdings, dass es alles andere als hochhergegangen sei, da Handke absolut unzugänglich aufgetreten sei - obwohl ein Gutteil der versammelten Journalisten-Schar ihm zu seinem heutigen 77. Geburtstag ein Ständchen gesungen habe. Er habe sich in der kurzgehaltenen Pressekonferenz bei der einen oder anderen Frage schlichtweg geweigert, zu antworten. Bei bestimmten Texten, die über ihn geschrieben worden seien, habe Handke gesagt, sei ihm Toilettenpapier lieber. Dies offensichtlich der einzige kritische Augenblick.
Andreas Platthaus betonte noch einmal seine eigene Sicht der Dinge, indem er meinte, man müsse mit Handkes politischen Äußerungen und Texten nicht einverstanden sein. "Aber das mindert nicht den Rang dieses Schriftstellers." Der Literaturnobelpreis sei kein Moral-Preis, so der FAZ-Redakteur.
Wichtig für die Demokratie
Auf die getrennt organisierte Pressekonferenz zu Olga Tokarczuk angesprochen, meinte Platthaus, auffallend sei gewesen, dass die polnische Autorin sofort auf politische Aspekte angesprochen worden sei, was man bei Handke zunächst vermieden habe. Auf die Frage eines Journalisten, inwieweit diese Auszeichnung die Demokratie in ihrem Land gefördert habe, hätte sie geantwortet, der Preis habe einiges bewegt und auf die letzten Wahlen in Polen Einfluss gehabt. "Man merkte, wie stolz sie darauf war", so Platthaus.
Das Preisgeld wird Olga Tokarczuk zu einem gewissen Anteil in die Gründung einer eigenen Stiftung stecken, die unter anderem für Tierrechte streiten wird.