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Presseschau
"Eine verkappte Steuer"

Die "Gerechtigkeitslücke" will Verkehrsminister Dobrindt mit der Pkw-Maut schließen - die deutschen Zeitungen kommentieren die Pläne überwiegend negativ. Dobrindt solle sein Konzept "noch einmal grundsätzlich überdenken", findet die "Freie Presse" aus Chemnitz, der "Triereiscche Volksfreund" spricht von einer "Ausländersteuer" - und die "Neue Osnabrücker Zeitung" bemängelt, dass die Bürokratie die Erträge auffressen werde.

    Autos fahren über die Autobahn A2 nördlich von Hannover
    Auf der A2 nördlich von Hannover (Julian Stratenschulte, dpa picture-alliance)
    Der TRIERISCHE VOLKSFREUND findet deutliche Worte:
    "De facto ist diese Maut keine Maut, sondern eine verkappte Steuer.
    Und weil die Einheimischen sie automatisch vergütet bekommen, wird sie zu einer Ausländersteuer, einer Art Eintrittsgeld für unsere schöne Republik, die wir unseren Nachbarn aufnötigen. Wer seine EU-Nachbarn derart egoistisch vors Schienbein tritt, darf sich über die Camerons dieser Welt nicht mehr beklagen."
    Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG ein:
    "Mit einem Kunstgriff will Dobrindt EU-Bedenken ausschalten, dass ausländische Autofahrer diskriminiert werden. Der Trick: Er kassiert erst alle ab, auch die Bundesbürger. Die bekommen dann die Maut-Kosten über die Kfz-Steuer zurück. Etwa 50 Millionen Bescheide pro Jahr sind fällig. Welche Behörde soll das schaffen? Das Bürokratiemonster frisst die Erträge auf, so sieht es aus bei Dobrindts hoch komplizierter Lösung."
    Die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen wendet ein:
    "Keine Frage, Deutschlands in Teilen marode Verkehrsinfrastruktur könnte mehr Geld für Investitionen gut gebrauchen. Die jetzt gehandelten Summen liegen aber weit unter dem an sich nötigen Finanzbedarf. Da stellt sich dann schon die Frage, ob der prognostizierte Nutzen in einem vernünftigen Verhältnis zum Aufwand steht."
    Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm rechnet vor:
    "Jährlich ganze 600 Millionen Euro zusätzlich soll die Pkw-Maut von Ausländern in die Kassen spülen. Daran gemessen sind die Verwaltungskosten mit 260 Millionen Euro ein gewaltiger Brocken. Zudem muss der Verkehrsminister vermutlich die Hälfte der Einnahmen an die Bundesländer abgeben. Ob der Rest den Ärger mit der EU-Kommission sowie mit Nachbarn wie Österreich und den Niederlanden rechtfertigt, die sich über Diskriminierung beklagen, ist zu bezweifeln."
    "Diese Maut ist längst kein Meisterstück", meint auch die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG:
    "Sie wirft vor allem ein Schlaglicht auf die Art und Weise, wie die Große Koalition Politik gestaltet. Es gilt das Wünsch-dir-was-Prinzip. Jetzt war die CSU an der Reihe, die eigenen Leute zu beglücken. Wenn das so weiter geht, wird die schwarz-rote Koalition als große Klientelkoalition in die Geschichtsbücher eingehen."
    Die FREIE PRESSE aus Chemnitz schlägt vor:
    "Angesichts der vielen ungelösten Fragen, der niedrigen Einnahmen und des voraussichtlichen Ärgers mit den europäischen Nachbarländern sollte Dobrindt sein Konzept noch einmal grundsätzlich überdenken."
    Ein weiteres Thema: der Drogenbericht
    "Immer weniger Kinder und Jugendliche rauchen, kiffen oder trinken Alkohol. Noch
    2001 war knapp jeder vierte 12- bis 17-Jährige Raucher, heute ist es nur noch einer von zehn. Beeindruckend auch der Rückgang der Zahl der Jugendlichen, die sich ab und an einen Joint reinziehen. Sie sank fast um die Hälfte im Vergleich zu 2001. Offensichtlich haben Jugendliche das Thema legale und illegale Drogen besser im Griff, als viele Eltern glauben. Wer hätte vor ein paar Jahren schließlich
    gedacht, dass Rauchen einmal so uncool sein würde? Mit Verboten erreicht man
    das allerdings nicht, es braucht Geduld und Aufklärung."
    Der Bremer WESER-KURIER bleibt da skeptisch:
    "Dennoch prallen Warnungen an den Menschen ab. Sie greifen zur Zigarette, zur Flasche, eher seltener zu Kokain oder Cannabis. Wer so handelt, trifft eine Grundsatzentscheidung: Er stellt den Genuss über die eigene Gesundheit. Der Politik lässt sich kaum vorwerfen, das Problem zu vernachlässigen. Die Entscheidung, nicht zu trinken, ist eben keine politische, sondern eine persönliche. An Verboten kommt man leicht vorbei. Deshalb braucht es Vorbilder, Erwachsene, die einen maßvollen Umgang mit legalen Drogen vorleben."