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Presseschau zum TV-Duell
"Da streicheln sich zwei Koalitionspartner"

"Schulz hat sich sehr wacker geschlagen" - so kommentiert die "Nordsee-Zeitung" das TV-Duell zwischen Bundeskanzlerin Merkel und SPD-Kanzlerkandidat Schulz. Die "Taz" meint dagegen: "In den entscheidenden Momenten wirkt Merkel faktensicherer und routinierter." Lesen Sie hier unsere Presseschau zum TV-Duell.

    Screenshot des TV-Duells zwischen der Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzenden Angela Merkel und dem SPD-Kanzlerkandidaten und SPD-Vorsitzenden Martin Schulz am 03.09.2017 in Berlin. Im Vordergrund stehen die Moderatoren (l-r) Sandra Maischberger (ARD), Claus Strunz (ProSieben/SAT.1), Maybrit Illner (ZDF) und Peter Kloeppel (RTL).
    Screenshot vom TV-Duell Angela Merkel und Martin Schulz (dpa-bildfunk / MG RTL D)
    In den "Badischen Neuesten Nachrichten" heißt es: "Das halbe Land bei einer Sendung vor dem Fernseher vereint: Wann gibt es das sonst noch in Zeiten von Pay-TV und Netflix? Angela Merkel und Martin Schulz mischten gestern zur besten Tatort-Zeit mit ihrem TV-Duell die Fernsehlandschaft auf. Zumindest zeitweise waren die Wahlmatadore unterhaltsamer als so mancher Krimi-Streifen. In den abendlichen 97 Minuten wogte es hin und her. SPD-Kandidat Martin Schulz, den viele nach dem Anfangs-Hype schon wieder abgeschrieben hatten, attackierte und stichelte. Kanzlerin Angela Merkel spielte die staatsmännische Karte und ließ die Angriffe einfach an sich abperlen."
    Für die "Landeszeitung" aus Lüneburg war das Duell "der gelungene Versuch, die Unterschiede zwischen den Volksparteien herauszuarbeiten und Schwung in den Wahlkampf zu bringen. Martin Schulz war in der Bringschuld, den Schlafwagen-Wahlkampf auf ein anderes Gleis zu leiten. Mit angriffslustigen Vorgaben bei der Türkei-Politik, der nicht europäisch abgestimmten Flüchtlingspolitik und der Rente mit 70 ist es ihm gelungen."
    Zu einem ganz anderen Schluss kommen die "Stuttgarter Nachrichten": "Von einer Wende im Rennen um die Kanzlerschaft keine Spur. Auffallend oft war Schulz mit Äußerungen zur Stelle wie 'Da hat Frau Merkel Recht'. Das ist fair. Das bringt die Nähe der politischen Standpunkte beider Kandidaten auf den Punkt. Doch ein Herausforderer punktet damit kaum. So war dieses TV-Duell ein getreues Spiegelbild des Wahlkampfs: Da streicheln sich zwei Koalitionspartner."
    Auch der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" war die Debatte zu wenig kontrovers: "Wenn sich die kleinen Parteien das Duell der Großen anschauen, können sie darin nicht viel mehr erkennen als die große Koalition. Selbst Unvorhersehbares wie die Energiewende oder die Flüchtlingskrise gehorcht den Regeln eines berechenbaren Korridors. Angela Merkel und Martin Schulz sind gefangen in diesem Kreislauf der Kompromisse, auch wenn sie sich noch so sehr duellieren wollten. Angela Merkel fühlt sich darin ganz wohl. Schulz hingegen begehrt dagegen auf, weil es für ihn wie ein Gefängnis ist."
    Die "taz" formuliert es so: "Schulz schafft es nicht, die schimmernde Rüstung Merkels zu durchbrechen. In den entscheidenden Momenten wirkt Merkel faktensicherer und routinierter, während man Schulz den Druck und die Anspannung manchmal deutlich anmerkt. Ausführlich geht es um die Flüchtlingspolitik. Das TV-Duell wirkt nun lange Minuten so, als hätten AfD-Politiker den Journalisten ein paar Fragen auf einem Zettel reingereicht. Sat.1-Mann Claus Strunz darf sich rühmen, mehrfach nachzuhaken. Viele Brot-und-Butter-Themen, die Menschen in ihrem Alltag betreffen, fehlen in den 90 Minuten. Gut für Merkel, schlecht für Schulz."
    Die "Badische Zeitung" Freiburg sieht Erfolge auf beiden Seiten: "Klare Kante, klare Aussagen - damit punktete Schulz mehrmals gegen eine wie immer abwägende Merkel. Besonders spürbar war das in der Frage des Umgangs mit der Türkei. Merkel blieb Merkel und machte gerade dadurch das Beste daraus: Sie dozierte, erklärte und vergaß nie den Hinweis, dass die SPD in der Koalition fast immer dabei war. Dass sie am Schluss eine Zusammenarbeit mit AfD und Linkspartei ausschloss und Schulz dazu brachte, sich die Option Linke offenzuhalten, wird Merkel gefreut haben."
    Die "Nordsee-Zeitung" aus Bremerhaven findet: "Schulz hat sich sehr wacker geschlagen. Aber neue Hoffnungen auf einen politischen Wechsel konnte er kaum wecken. Wie auch, wenn es keine Wechselstimmung gibt? Für Schulz waren die 95 Minuten zur besten Sendezeit aber schon deshalb ein Erfolg, weil er sich erstmals einem Millionenpublikum präsentieren konnte. Merkel kennen alle Leute, Schulz viele nicht. Viele haben am Sonntagabend gelernt: Auch der könnte Kanzler. Insbesondere noch unentschlossene Wähler fangen erst jetzt an, sich ernsthaft mit der Bundestagswahl in drei Wochen zu beschäftigen. Eine Orientierungshilfe war das so genannte Duell deshalb allemal."
    Und die "Rheinische Post" aus Düsseldorf zieht folgendes Resümee: "Eines muss man nach dem TV-Duell sagen: Deutschland hat zwei überzeugte und vernunftgesteuerte Demokraten, die sich für das Amt des Regierungschefs bewerben. Das ist angesichts der Populisten und Autokraten, die anderswo regieren, nicht das allerschlechteste."