Das Amazonasgebiet in Brasilien ist riesig. Es gibt weite Wasserflächen, dazwischen einzelne Dörfer - fast abgeschnitten von der Außenwelt. Ein Priester ist Tage unterwegs, bis er auf dem Fluss oder über schlammige Straßen zu einer seiner Gemeinden gelangt. Dazu kommt: 30 meist ältere Priester müssen 800 Gemeinden betreuen. Nachwuchs ist schwer zu finden. Deshalb werden viele Gemeinden im Amazonasgebiet von verheirateten Männern geleitet. Einer von ihnen ist Luis da Conceição aus der Gemeinde von San Pedro in der Diözese Xingú.
"Wir dürfen die Gemeinde leiten, weil das Vatikanische Konzil uns die Möglichkeit dazu gegeben hat, aber wir dürfen keine Eucharistie feiern. Die Voraussetzung, um die Gemeinde zu leiten ist, dass man von der Gemeinschaft akzeptiert ist, die muss das wollen."
"Von der Theologie her nichts dagegen einzuwenden"
Luis feiert Gottesdienste, segnet beispielsweise am Palmsonntag die Zweige, die die Gläubigen mitbringen. Nur die Eucharistie, die Wandlung von Brot und Wein, die darf er nicht feiern - bisher.
Denn es könnte eine Revolution geben. Für den Oktober 2019 hat Papst Franziskus in Rom eine Synode mit den Bischöfen der Diözesen am Amazonas einberufen. Erwin Kräutler, früher Bischof von Xingú, bereitet im Auftrag des Papstes die Synode vor. Und hat dabei ein klares Ziel: den verpflichtenden Zölibat für Priester abzuschaffen - erst einmal im Amazonasgebiet:
"Wenn wirklich jemand da ist, der seit vielen Jahren der Gemeinde vorsteht und das mit viel Engagement und viel Mut und viel Hingabe getan hat, frage ich mich, warum können wir diese Leute nicht ordinieren, also ihnen die Weihe geben, damit sie am Sonntag der Eucharistiefeier vorstehen können. Das ist die Frage. Von der Theologie her, glaube ich, ist absolut nichts dagegen einzuwenden."
Widerstand aus konservativen Kreisen
Doch welche Chancen hat der Vorstoß? Der aus Südamerika stammende Papst hat die Region jedenfalls weit mehr im Blick als seine Vorgänger. Und: Franziskus hat die Bischöfe des Amazonasgebietes ausdrücklich dazu aufgefordert, mutige Vorschläge zu machen. Das könnte die Weihe von Gemeindeleitern - im Kirchenlatein "viri probati", bewährte Männer - einschließen. In der Kirche in Deutschland kann sich die Mehrheit der Bischöfe längst vorstellen, auch verheiratete Männer zu Priestern zu weihen.
Doch es gibt Widerstand aus konservativen Kreisen - zum Beispiel von Kardinal Gerhard Müller: "Jetzt zu meinen, durch die viri probati könnte man den Priestermangel im Amazonasgebiet oder bei uns in Europa lösen, das ist, glaube ich, doch eine sehr vordergründige Einstellung, ich würde sagen, ein Kurieren an Symptomen."
Bis zum Sommer 2017 war Kardinal Müller Chef der Glaubenskongregation im Vatikan. Verlängert wurde seine Amtszeit nicht - wohl weil Papst Franziskus mit Müllers Ansichten oft nicht übereinstimmte. Müller hegt grundsätzliches Misstrauen gegen die Einberufung der Amazonien-Synode durch den Papst, kann sich vorstellen, dass das Ergebnis schon feststeht und die Lockerung des verpflichtenden Zölibats kommt. Und befürchtet einen Dominoeffekt: Wenn der Zölibat erst einmal gelockert ist, dann könnte er bald ganz fallen - und die Kirche spalten.
"Und wenn man diese Konsequenzen will, dann muss man auch die Verantwortung dafür übernehmen."
Doch was passiert, wenn sich die katholische Kirche nicht dafür öffnet? Wie kann eine Kirche ohne Priester dann aussehen? Diese Fragen dürfte sich auch Papst Franziskus stellen. Wie seine Antwort ausfällt, könnte sich bei der Synode im Oktober 2019 zeigen.