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Privatssphäre nur bei Widerspruch

Der Kartendienst Google Street View soll Ende des Jahres für Deutschland freigeschaltet werden. Hausbesitzer haben die Möglichkeit, mit Hilfe eines Online-Formulars Widerspruch einzulegen. Dann wird das Gebäude unkenntlich gemacht.

Prof. Dr. Johannes Caspar im Gespräch mit Susanne Kuhlmann |
    Susanne Kuhlmann: Ende des Jahres will Google seinen Kartendienst Street View in Deutschland freischalten. Begonnen wird mit 20 Städten von Nord bis Süd, deren Straßen und Häuser lückenlos dargestellt werden sollen. Hausbesitzer und Mieter bekommen ab nächster Woche Gelegenheit, ihr Gebäude mit Hilfe eines Online-Formulars unkenntlich zu machen. Etwa vier Wochen haben sie dafür Zeit. Man kann außerdem schriftlich Einspruch einlegen. Dann, so heißt es bei Google, werde das Gebäude unkenntlich gemacht, sodass es nur noch schemenhaft zu erkennen ist. – Am Telefon ist der hamburgische Datenschutzbeauftragte Professor Dr. Johannes Caspar. Er war daran beteiligt, die Einspruchsmöglichkeiten im Internet zu entwickeln. Herr Professor Caspar, haben Sie Googles Ankündigung so schnell erwartet?

    Johannes Caspar: Hallo! – Nein, die habe ich so schnell nicht erwartet. Die kam doch letzte Woche, Ende der letzten Woche relativ plötzlich und überrascht für mich. Ich habe dann auch relativ schnell Kontakt aufgenommen zu den Verantwortlichen und darum gebeten, eben diese Frist noch hinauszuschieben, weil es ist ein komplexes Verwaltungsverfahren, das Google da ja betreiben muss, und ich bin nicht sicher, ob die Dinge, die dafür erforderlich sind, alle schon bereitstehen. Insbesondere bedarf es ja einer umfassenden Vorabinformation der Bevölkerung und dann natürlich auch einer endgültigen Klärung der Details dieses Widerspruchsverfahrens. Das war bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch nicht vorhanden und insofern muss man die Frage stellen, ist dieses nicht alles viel zu schnell gekommen jetzt.

    Kuhlmann: Um sagen zu können, dass man sein Haus nicht erkennbar dargestellt haben möchte, muss man ja auch zunächst mal wissen, ob man in einer dieser betroffenen Städte lebt. Wie erfährt man das denn?

    Caspar: Ja, das muss man natürlich in der Tat dann wissen. Google hat – auch das hat mich natürlich überrascht – jetzt eine Lösung vorgesehen, die eben die Veröffentlichung in Deutschland aufteilt, einmal zwischen den großen Städten und einmal zwischen den anderen Regionen. Die 20 größten Städte, die werden von Google ja bereits genannt. Wir werden dies dann natürlich auch noch mal nennen, wenn es dann so weit ist, und wenn wir ein hinlänglich abgestimmtes (und zwar auch mit anderen Datenschutzbehörden der Länder abgestimmtes) Konzept haben, wie dieses Verfahren läuft. Dann werden wir eine Handreichung herausgeben und dann ist klar: Jeder Bürger muss gucken, ob er in einer dieser Städte wohnt, um sich Klarheit zu verschaffen, ob die Widerspruchsfrist für ihn läuft, denn diese Frist wird nur in Gang gesetzt für Bewohner dieser Städte.

    Kuhlmann: Also man muss sich selbst darum kümmern. – Kann man denn bei diesem Online-Formular, oder auch bei der schriftlichen Begründung, dass man Einspruch einlegt, irgendetwas verkehrt machen? Muss man eine bestimmte Form wahren?

    Caspar: Das Verfahren ist nicht trivial. Bitte nehmen Sie es jetzt sozusagen erst mal hin, dass ich Ihnen dieses im einzelnen an dieser Stelle noch nicht sagen mag, denn wir haben wie gesagt noch Abstimmungen laufen, insbesondere mit den Datenschutz-Aufsichtsbehörden in den Ländern. Bevor hier nicht klar gesagt wurde, das ist unser Verfahren, werde ich dazu auch keine Aussagen machen. Mit anderen Worten: Solange dies aber auch nicht klar ist, gehe ich davon aus, dass eine Widerspruchsfrist nicht läuft.

    Kuhlmann: Nach den Kamerafahrten, bei denen Google vor einiger Zeit Daten aus offenen Funknetzen erfasst und gespeichert hat, stärkt ja auch dieses das Vertrauen in den Dienst nicht gerade. Welchen Nutzen hat man denn überhaupt davon, mit seinem Haus und seiner Straße vertreten zu sein?

    Caspar: Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Der Nutzen, den man hat, individuell dort zu erscheinen, der mag durchaus fraglich sein. Insgesamt, kann man natürlich sagen, gibt es Verwendungsmöglichkeiten für den Dienst, die von touristischen Aspekten bis zu wirtschaftlichen Aspekten reichen. Man überlege sich, man will irgendwo ein Haus kaufen oder so. Das sind natürlich Einsatzfelder, die man durchaus auch sehen muss. Auf der anderen Seite muss natürlich auch klar sein, dass wir uns darum kümmern, dass hier das Datenschutzrecht und das informationelle Selbstbestimmungsrecht in höchstmöglichem Maße geschützt wird. Insofern sind unsere Verfahrensvorkehrungen hier auch ganz entscheidend. Die müssen erst mal durchgeführt werden.

    Kuhlmann: Der Kartendienst Google Street View soll Ende des Jahres für Deutschland freigeschaltet werden. Wir sprachen darüber mit dem hamburgischen Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar. Ihnen vielen Dank dafür.

    Caspar: Danke auch!
    Ein Auto, das für Kamerafahrten für den Dienst Street View ausgerüstet wurde.
    Ein Auto, das für Kamerafahrten für den Dienst Street View ausgerüstet wurde. (AP)