Rund 500 Kühe zählt der Betrieb von Milchbauer Heiko Wendel-Petersen. Sein Hof liegt in Beringstedt – rund 30 Kilometer westlich von Neumünster.
Jahrelang waren die Milchpreise im Keller. Nun kann der Landwirt etwas aufatmen, denn zuletzt bekamen die Bauern wieder mehr Geld für die Milch. Doch seit einigen Monaten kämpft er mit einem anderen Problem: Er kann die Gülle, also den in seiner Herde anfallende Urin und Kot, nicht mehr auf die Felder ausbringen…
"Weil das Wetter schon seit Anfang August sehr schlecht ist. Das heißt, wir haben konstant Regenfälle, konstant Niederschläge."
Normalerweise entsorgt Wendel-Petersen mehrfach im Jahr die Gülle auf den Feldern. Zum Beispiel, wenn das Gras geschnitten wird oder bevor der Mais ausgesät wird. Im richtigen Maß angewendet düngt das die Böden. Und im Winter herrscht eine Sperrfrist. Doch weil die Güllebehälter drohen, überzulaufen, hat das Kieler Landwirtschaftsministerium eine Sondergenehmigung erteilt. Im Havariefall dürften die Bauern jetzt im Dezember die Gülle ausfahren. Doch die Landwirte können dies nicht nutzen. Denn weiterhin sind die Felder durchnässt oder stehen zum Teil sogar unter Wasser.
Jahresniederschlag von über 1.400 Millimetern pro Quadratmeter
Um zu zeigen, was das bedeutet, läuft Wendel-Petersen zu einer großen quadratischen Grube. Die misst etwa 40 mal 40 Meter, ist vier Meter tief – und bis oben gefüllt mit satten 6.000 Kubikmetern purer Gülle.
"Und wir haben dieses Jahr schon 'n Jahresniederschlag von über 1.400 Millimetern."
Das sei fast doppelt so viel als sonst, rechnet der Landwirt vor. Der durchschnittliche Jahresniederschlag liege bei 800 bis 900 Millimeter je Quadratmeter.
Als Abhilfe errichtet Heiko Wendel-Petersen nun eine Not-Gülle-Grube auf seinem Hof.
"Die Notlagunen sind in der Größe beschränkt. Das ist so vorgesehen vom Ministerium. Dass wir maximal 1000 bis 1500 Kubikmeter bauen dürfen. Und das machen wir jetzt erst mal. Und ich denk, dass das auch reichen wird."
Die Auflagen für die Sondergenehmigung des Kieler Umweltministeriums sind streng: Die Einrichtung der Gülle-Lager muss mit den Wasserbehörden vor Ort abgestimmt werden, die Gruben dürfen nur maximal sechs Monate bestehen, es gibt Mindestabstände zu oberirdischen Gewässern. Zudem müssen die Landwirte eine spezielle Folie zur Abdichtung der Gruben verwenden. Die Kosten in Höhe von rund 12.000 Euro muss Heiko Wendel-Petersen selber zahlen.
Ja, das sei viel Geld, sagt Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck. Und macht klar:
"Das ist ne Notsituation der Witterung geschuldet. Und auf diese Notsituation haben wir mit Notmaßnahmen geantwortet."
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft sieht das anders. In einem gemeinsamen Statement mit Greenpeace, dem BUND und weitere Verbänden und Organisationen heißt es: Die überlaufenden Güllegruben seien weniger eine Folge des schlechten Wetters. Sondern der Massentierhaltung und einer insgesamt verfehlten Landwirtschaftspolitik, die zu Lasten der Böden und Gewässer gehe. Der Gülle-Notstand könne sich in den nächsten Jahren wiederholen und auch andere Teile der Republik treffen, heißt es in einem gemeinsamen Statement vom 8. Dezember 2017.
Schleswig-Holstein: Geprägt von drei Landschaftsformen
Auch Robert Habeck sieht das Problem. Insbesondere auf dem Geestrücken sei die Tierdichte zu hoch. Die Geest ist neben Hügelland und Marsch eine von drei Landschaftsformen, die Schleswig-Holstein prägen.
"Der Geestrücken, das ist letztlich die Biogas- und Futteranbauregion in Schleswig-Holstein. Dummerweise auch noch sind es sandige Böden. Das heißt, das Nitrat, das möglicherweise zu viel ausgebracht wird, geht relativ schnell durch den Boden durch ins Grundwasser. Da haben wir ein massives Problem."
Die landwirtschaftliche Produktion müsse insgesamt umstrukturiert werden, fordert der Grünen-Politiker. Doch entsprechende Entscheidungen könnten nicht in Kiel fallen, sondern in Berlin und in Brüssel.
Nein, ein Gülleproblem gebe es nicht, sagt hingegen Klaus Peter Lucht und die Landwirte hielten sich schließlich an herrschende Gesetze. Lucht ist Vizepräsident des Bauernverbands Schleswig-Holsteins. An einer intensiven Landwirtschaft führe kein Weg vorbei. Denn die Bauern müssten ihr Geld verdienen, so Lucht.
"Und das dürfen die Umweltverbände auch nicht vergessen: Also, wenn wir extensiv wirtschaften wollen und so, dann muss das Geld ja irgendwo verdient werden."
Heißt konkret: Die Nahrungsmittel müssten dann teurer werden.