Marie Luise Knott liest aus ihren Essays: ,Dazwischenzeiten' über Erwin Piscator (1/2)
(Teil 2 am 31.1.2018)
Im Jahr 1930 setzten viele Künstler der Moderne ihre Erschütterungen ins Bild, noch bevor sie diese begriffen, in Begriffe hätten fassen können. In vier Essays fragt Marie Luise Knott mit einer der damaligen Lage entsprechenden Dringlichkeit, welche neuartigen Erosionslandschaften die vier Künstler Erwin Piscator, Karl Wolfskehl, Bertolt Brecht und Paul Klee in diesem Jahr durchmaßen - damals, als Piscators elektrisierendem Theater das Licht ausging, als Wolfskehls geheimes Deutschland zerstob, als Bertolt Brecht der Gesellschaft in der sich radikalisierenden Welt der Straßenaufmärsche und Saalschlachten den Spiegel vorhielt. Und als Paul Klee sich selbst aus seiner Kunst vertrieb. Nach wie vor beunruhigt die Frage, wie es geschehen konnte, dass der Sieg der Nationalsozialisten 1933 so beschämend einfach war. Die Frage beunruhigt umso mehr angesichts der heutigen Krisen, die so oft vermeintliche Parallelen zu der Zeit vor dem Ende der Weimarer Republik wachrufen. Was gaben die Künstler damals verloren? Was ließen sie sein, weil es so wie es war nicht weiter ging? Und: Lassen sich mit dem Blick von heute Momente rekonstruieren, in denen 1930 Neues seinen Ausgang nahm? Nicht zuletzt wird der Leser seine heutigen Erfahrungen mit ins Spiel bringen.
Marie Luise Knott lebt als freie Autorin, Kritikerin und Übersetzerin in Berlin. Zuletzt erschien ,Verlernen. Denkwege bei Hannah Arendt’, in dem Internet-Kulturmagazin Perlentaucher.de hat sie eine Kolumne für zeitgenössische Lyrik unter dem Titel ,Tagtigall’. Marie Luise Knott liest nun, nach einem Gespräch über ihre Arbeit, selbst Teile ihres ersten Essays im Band, der Erwin Piscator gewidmet ist.