"Ich bin Hashim Diab, ich komme aus Syrien, ich bin vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen."
Hashim Diab ist verheiratet, hat 3 Kinder und ist 46 Jahre alt. Er spricht Arabisch, aber wenig Deutsch. Der offizielle Sprachkurs des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sei nichts für ihn, sagt er, denn diese Kurse finden ausschließlich auf Deutsch statt:
"Ich bin alt, war seit 20 Jahren in keiner Schule mehr. Wenn der Kurs auf Deutsch stattfindet, verstehe ich nichts. Ich brauche Unterricht, der auch auf Arabisch stattfindet."
"Der Tisch – tawila auf Arabaisch. Ahh, verstehen"
Bilingualer Deutsch-Unterricht für Analphabeten und Menschen, die kein Deutsch sprechen – das bieten die Sprachkurse des Projekts ABCami.
"Dazu suchen wir verschiedene Orte auf, an denen die Menschen sowieso sind, vertrauensvolle Orte. Das können Moscheen sein, das können Migrantenorganisationen sein. Und der zweite besondere Ansatz ist der, dass wir die Muttersprache Türkisch und Arabisch mit einsetzen", sagt Britta Marschke, die Leiterin des Projekts ABCami.
Finanzierung durch Bundesbildungsministerium
Dieses Alphabetisierungsprojekt für Einwanderer und Geflüchtete wird komplett vom Bundesbildungsministerium bezahlt, etwa eine Million Euro pro Jahr. In den letzten drei Jahren seien, so die Projektleiterin, in ganz Deutschland rund 1.200 Menschen geschult worden, die wenig oder kein Deutsch sprechen oder schreiben – vor allem Frauen, vor allem Ältere, vor allem in Moscheen.
"Wir haben eigentlich überhaupt keine Ablehnung, weil wir auf Augenhöhe mit den Gemeinden sprechen. Wir sagen nicht: Wir kommen zu euch und wir wissen, wie das alles geht. Sondern wir sagen: Habt ihr eine Person aus eurer Institution, die eine Vertrauensperson sowieso schon ist und die einen pädagogischen oder linguistischen Studienabschluss hat? Diese Person wird dann unsere Lehrkraft.
ABCami-Leiterin Britta Marschke:
"Wir versuchen, diese Person weiterzubilden, zu qualifizieren, die können dann hinterher auch BAMF-Integrations-Kurse geben. Und gleichzeitig haben wir aber auch die Chance, dass es eben vertrauensvolle Personen sind – sowohl für die Teilnehmenden, als auch für die Institutionen."
Lehrende und Inhalte würden durch Ortsbesuche und Tätigkeitsberichte kontrolliert. Beraten wird das geldgebende Bundesbildungsministerium von Anke Grotlüschen, Professorin für lebenslanges Lernen an der Uni Hamburg:
"Das ABCami-Projekt hat es meines Erachtens vor allen Dingen geschafft, den Zugang zu den Lernenden zu erreichen, indem sie mit den Moscheen kooperieren und vor Ort in den Communities arbeiten und dort überhaupt bekannt machen, dass es auch im höheren Lebensalter, auch nachdem man seine Familie groß gezogen hat, Sinn hat, Lesen und Schreiben auf Deutsch, in der Deutschen Schriftsprache zu lernen, um sich dann eben selbstständiger bewegen zu können in der Deutschen Gesellschaft."
Drei Millionen Migranten sind Analphabeten
In Deutschland, sagt Grotlüschen, gebe es insgesamt 7,5 Millionen Analphabeten, davon seien drei Millionen Migranten, ein "großer Brocken"
"Wir schließen damit Leute aus und wir haben sie letzten Endes zu finanzieren und das gilt für Migranten und Migrantinnen noch mal potenzierter als für autochthonen Deutschen, die hier sind und nicht lesen und schreiben können."
ABCami sei ein guter Anfang mit vielen Erkenntnissen, sagt Forscherin Grotlüschen. Allerdings laufen die ABCami-Kurse nur zwei Mal in der Woche, insgesamt 6 Stunden.
"Zwei Mal pro Woche reicht nicht", sagt Diaa Shmmou, die in einer Dortmunder Moschee für ABCami unterrichtet. Diaa Shmmou kam vor vier Jahren aus Syrien, hat dort Übersetzerin studiert, als Englischlehrerin gearbeitet. Von ihren zehn Teilnehmern in Dortmund kommt nur die Hälfte regelmäßig
"Die Teilnehmer vergessen, was sie gelernt haben. Sie können zuhause nicht alleine lernen und wiederholen und wir können zuhause nicht für sie da sein und helfen."
Forscherin Grotlüschen fordert, diese zweisprachigen Deutschkurse für Analphabeten in das normale System der Sprachkurse für Migranten einzubauen, um mehr Menschen zu erreichen. Dafür sei das Innenministerium zuständig, sagt Thomas Bartel, beim Bundesbildungsministerium zuständig für ABCami.
"Aber dadurch, dass es eben zur Verfügung steht, dass Materialien da sind, dass die Beratung auch gegeben ist, können wir jetzt mit den Ländern zusammen das jetzt auch weiter auf Länderebene etablieren. Da bin ich ganz sicher, dass sich das durchsetzen wird."