Archiv

Projekt "Second-Life-Battery"
Altbatterien - zu wertvoll für die Tonne

Nach rund acht Jahren müssen die Batterien von E-Autos ausgetauscht werden. Danach beginnt ihr zweites Leben in einer Pilotanlage im Hamburger Hafen. Das von Vattenfall, BMW und Bosch getragene Projekt "Second-Life-Battery" soll die Energiewende einen entscheidenden Schritt nach vorne bringen.

Von Axel Schröder | 22.09.2016
    Batterieschränk des Second-Life-Battery-Projekts in Hamburg
    Batterieschränk des Second-Life-Battery-Projekts in Hamburg (Deutschlandradio/Axel Schröder)
    Mitten im Hamburger Hafen, gleich gegenüber vom Kreuzfahrtterminal Steinwerder, streckt sich der flache, unscheinbare Bau, der die deutsche Energiewende voranbringen soll. Daniel Hustadt leitet das von Vattenfall, BMW und Bosch getragene Projekt "Second-Life-Battery". Er schließt die Stahltür auf, hinter der sich jede Menge Technik verbirgt.
    "Das ist die Leitwarte. Von hier aus kann man dann auch alle Funktionen des Batteriespeichers steuern. Und im Prinzip die Funktionen überwachen. Das sind ein paar Schränke. Ein Serverschrank, ein Computer und von hier wird alles gesteuert. Die Logik steckt in einem Schrank, der hinter ihnen steht."
    Die Logik hinter dem Second-Life-Battery-Projekt ist einfach: In den kommenden Jahren werden immer mehr E-Autos auf den Straßen unterwegs sein. Und die Batterien, die sie dabei antreiben, müsse eines Tages ausgetauscht werden.
    Das Projekt "Second-Life-Battery" wird von Vattenfall, BMW und Bosch getragene
    Das Projekt "Second-Life-Battery" wird von Vattenfall, BMW und Bosch getragene (Deutschlandradio/Axel Schröder)
    "Irgendwann hat der Kunde nicht mehr die Reichweite, die er ursprünglich mal hatte. Und dann wird auch ein Qualitätsanspruch fällig. Und diese Batterien, bevor sie ins Recycling gehen, kann man in den stationären Anwendungen ja noch super verwenden. Weil man dann einfach ein paar mehr nimmt, um die gleiche Leistung zu erreichen. In stationären Anwendungen spielt das Volumen und das Gewicht ja nicht so eine große Rolle wie im Fahrzeug!"
    Zweites Leben im Großspeicher
    Nach rund acht Jahren, je nach Fahrweise und Nutzungsdauer auch früher oder etwas später, müssen die Akkus ausgetauscht werden. Danach beginnt ihr zweites Leben in einem Großspeicher wie im Hamburger Hafen. Einhundert der je rund 250 Kilo schweren Batterien aus BMW-Modellen sind dort zusammengeschlossen. Ein Konverter wandelt den Gleichstrom der Batterien dann in Wechselstrom, der ins Netz eingespeist werden kann. Und zwar als Strom, der nicht dem direkten Verbrauch dient, sondern die Spannung im Stromnetz stabil halten soll. Diese Regelenergie, erklärt Daniel Hustadt, ist immer dann nötig, wenn entweder zu viel oder zu wenig Strom im Netz vorhanden ist. Und diese Schwankungen treten durch die Energiewende, durch den Einsatz von immer mehr Windrädern und Photovoltaikanlagen, öfter auf:
    "Das ist wie eine Badewanne, die kontinuierlich ein Level halten muss. Sie haben den Wasserhahn auf und sie haben den Stöpsel auf. Und der Level muss immer gleich bleiben. Oben geben sie Leistung hinzu, unten die Leistung wieder ab durch den Abfluss. Das entsteht durch Planungsungenauigkeiten, durch Kraftwerksausfälle, durch die unvorhergesehen Einspeisung von Erneuerbaren und eben Störungen im Netz, die unvorhersehbar sind. Die müssen aber trotzdem in jeder Sekunde ausgeglichen sein."
    Zehn Jahre soll das zweite Leben dauern
    600 bis 700 Megawatt Leistung sind derzeit nötig, um die Schwankungen im deutschen Stromnetz auszugleichen. Zwei Megawatt davon kann die neue Pilotanlage liefern. Mit dieser Strommenge wird sich Vattenfall an den täglichen Auktionen für Regelenergie beteiligen. Der günstigste Anbieter bekommt dann den Zuschlag. Zehn Jahre lang soll das zweite Leben der Batterien dauern. Danach, so Daniel Hustadt, müssen sie endgültig entsorgt werden. Bei Kobalt- und Nickelbasierten Akkus funktioniert die Wiederverwertung heute schon. Bei Lithium-Ionen-Batterien aus Elektroautos ist man noch am Anfang, so Regina Kohlmeyer vom Umweltbundesamt:
    "In den letzten Jahren wurde auch viel dazu geforscht, wie man Lithium-Ionen-Batterien recyceln kann, gerade auch aus der Elektromobilität. Es gab da diverse Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die im Labor- oder Pilotmaßstab schon teilweise Recyclingeffizienzen von 90 Prozent erreichen können."
    Es braucht also noch Zeit, um einen echten, auch ökonomisch sinnvollen Recyclingzyklus für die E-Auto-Batterien zu etablieren. Aber diese Zeit hätte man ja nun, so Daniel Hustadt von Vattenfall:
    "Das ist aber auch gerade der Gedanke der Second-Life-Verwendung. Dass man hierdurch, durch zehn Jahre Verwendung, noch Zeit gewinnt, um diese Prozesse sich verbessern zu lassen. Es arbeiten viele Unternehmen daran, dass diese Prozesse nicht nur besser werden, sondern auch kostengünstiger. Und in Zukunft soll es dann so sein, dass die Batterien dann quasi umsonst recycelt werden."
    Und daran haben vor allem die Hersteller von E-Autos großes Interesse: Sie sind nach dem deutschen Batterie-Gesetz zur Rücknahme ausgedienter Akkus verpflichtet.