„Ich bin Flora. Ich bin aus Potsdam. Ich bin da aufgewachsen. Ich studiere Literaturwissenschaft und Publizistik/Kommunikationswissenschaft.“
„Ich bin David Wolf. Ich komme aus Woltersdorf bei Luckenwalde und habe die letzten Jahre in Rostock Politikwissenschaft und Soziologie studiert.“
„Mein Name ist Mariya Druzyaka und ich komme aus Cottbus. Dort lebe ich auch. Habe im Bachelor Sozialarbeit studiert, habe mich dann aber noch mal entschieden, in Richtung vielleicht auch Medien zu gehen.“
Flora, David und Mariya sind drei von sechs Teilnehmern, die seit Februar das Programm „Voices of Brandenburg“ absolvieren. Sechs Monate lang durchlaufen sie Praxisstationen, erhalten journalistische Weiterbildung und werden dabei von je einem Mentor betreut. Die Voraussetzung für ihre Teilnahme: eine ostdeutsche Perspektive, Interesse am Journalismus und, ganz wichtig, die Verwurzelung in Brandenburg.
Dass in der Regel viel zu wenig Ostdeutsche in den Journalismus gehen, hat Eva Flecken, Chefin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, selbst erlebt und deshalb „Voices of Brandenburg“ angestoßen. „Wir waren ja auch lange Gesellschafterin der Electronic Media School”, einer Journalistenschule in Brandenburg, „und wir haben da gesehen, wie schwierig es ist, in diesen Auswahlverfahren eigentlich eine gewisse Vielfalt der Bewerberinnen an den Tisch zu bringen. Und das war für uns der Startpunkt zu sagen: Hm, irgendwie fehlt es ein wenig an ostdeutschen Stimmen. Und lass uns doch mal einen Schritt weiter vorne ansetzen und versuchen, ostdeutsche junge Stimmen für den Journalismus zu begeistern.“
Oftmals stereotype Berichterstattung
Mehr ostdeutsche Stimmen in die Medien bringen – diese Forderung teilen alle Beteiligten von „Voices of Brandenburg“, die fast ausnahmelos aus dem Osten Stammen. Wie etwa Marieke Reimann, gebürtig in Rostock und heute Zweite Chefredakteurin des Südwestrundfunks (SWR). Sie ist als Mentorin am Projekt beteiligt und kritisiert die stereotype Berichterstattung über Ostdeutsche.
„Häufig werden Berichte über Ostdeutschland mit Plattenbauten oder Trabanten bebildert, um einem westdeutschen Publikum Orientierung zu geben. Ähnlich wie das bei anderen Minoritäten ist, etwa bei der Darstellung von Muslimen, werden ‚Ossis‘ generalisiert, als Kollektiv dargestellt, ‚die Ossis‘, eine Masse mit einheitlichen Charakteristiken, die diese Masse auszeichnen usw. Und wenn man sich das mal umgekehrt anschaut, dann werden Westdeutsche hingegen eher als individuelle Protagonistinnen gezeichnet mit diversen Charaktereigenschaften.“
Auch Nachwuchsjournalist David Wolf fühlt sich als Ostdeutscher in den Medien nicht richtig widergespiegelt. “Zum Beispiel jetzt gibt es ja viele Wahlen in Ostdeutschland dieses Jahr und dann habe ich vor einer Weile gelesen ‚Ostdeutschland wählt. Wenn es mehrere Wahlen in westdeutschen Bundesländern gibt, würde man es, glaube ich, nicht unbedingt so schreiben.”
Ziel der Ausbildung: eigene Perspektiven einbringen
Hier andere und eigene Perspektiven einzubringen, das trainieren die sechs Nachwuchsjournalisten nun im Rahmen von „Voices of Brandenburg“. Flora Boehlke hat ihre erste Station beim rbb absolviert. Ein Monat lang hat sie dort bei RadioEins gearbeitet und auch Inhalte on air präsentiert. „Ich habe einen Beitrag über die AfD auf TikTok geschrieben und vertont. Letzten Freitag durfte ich dann ins Tierheim fahren und eine Reportage machen.“
Bislang sind Flora, David und Mariya begeistert von ihrem neuen Arbeitsalltag. Wie auch von der Zusammenarbeit mit den Mentoren, die ihnen bei der Suche nach Interviewpartnern helfen oder dabei, ein Netzwerk aufzubauen. Monatlich erhalten die Teilnehmer 1.400 Euro. Auch das macht das Programm „Voices of Brandenburg“ attraktiv.
Ziel für die Ausbildung: weitere Auflagen
Ob sie am Ende aber wirklich in den Journalismus gehen wollen, ist für sie noch nicht entschieden. Mariya Druzyaka könnte es sich vorstellen, hat jedoch noch offene Fragen. „Mit welchem Medium arbeite ich? Und welche Themen möchte ich denn herausarbeiten? Und das ist mir noch immer nicht so richtig klar. Und was mich auch bisschen abschreckt, ist natürlich auch das Honorar beziehungsweise die Verdienstmöglichkeiten. Das ist irgendwie auch so ein bisschen prekär, würde ich sagen.“
Noch liegen knapp vier Monate vor den Teilnehmern von „Voices of Brandenburg“. Zeit, um sich über die eigene Zukunftsperspektive klar zu werden. Am Ende soll das Programm evaluiert werden. Wenn es nach der Medienanstalt Berlin-Brandenburg geht, soll es nämlich noch weitere Auflagen der „Voices of Brandenburg“ geben. Mit der Hoffnung, dass das Programm das Bewusstsein von Redaktionen schärft und mehr ist als ein Tropfen auf den heißen Stein.