In jedem Fall werde man mit Christian Prokop in die Olympiaqualifikation Mitte April in Berlin gehen – das versicherten Vizepräsident Bob Hanning und Sportvorstand Axel Kromer noch vor elf Tagen im Namen des Deutschen Handballbundes. Vor diesem Hintergrund macht sich der mitgliederstärkste Handballverband der Welt lächerlich, wenn er nun den seit 2017 amtierenden Bundestrainer durch den erfahrenen und abgezockten Isländer Alfred Gislason ersetzt. In der Sache aber ist das die richtige Entscheidung.
Obwohl Prokop sich allmählich entwickelte, so blieb er doch immer ein Leichtgewicht an der Seitenlinie. In allen drei großen Turnieren ließ er schematischen, berechenbaren Handball spielen. Seine Wechsel irritierten alle Experten und oft auch die Spieler. Kein einziges entscheidendes Spiel, das er durch cleveres Coaching gewonnen hätte. Schon nach dem Desaster bei der EM 2018 hätte ihn die Verbandsführung freistellen sollen. Aber damals verknüpfte Hanning sein eigenes Schicksal mit Prokop.
Insofern ist der heutige Trainerwechsel auch ein Symptom für den Machtverlust Hannings. Der Vizepräsident hat bei der zurückliegenden Europameisterschaft erneut abenteuerliche Auftritte fabriziert und das ganze Umfeld mit seinen Zitaten in Unruhe versetzt. Hanning war es, der 2017 Prokop nahezu im Alleingang im Verband durchgesetzt hatte, obwohl der ein internationales Greenhorn war und eine halbe Million Euro Ablöse kostete. Prokops Fall ist nun auch Hannings Scheitern. Der Funktionär hat angekündigt, im Jahr 2021 nicht wieder kandidieren zu wollen. Aber er sollte, wo er seinen Trainer verloren hat, schon jetzt den Weg freimachen für einen Neuanfang. Sonst dürfte auch unter Gislason keine Ruhe einkehren.