Kurze Prozesse sind als Redewendung beliebt, aber in der Realität ausgesprochen selten. Die Folge: Immer wenn Gras über eine Sache gewachsen ist, wird sie wieder ausgegraben, weil die Gerichte so langsam arbeiten.
Über dem "Busenskandal um Kate" - Zitat BILD-Zeitung - grünten längst ganze Wälder, bevor das nun zu erwartende Urteil die Sache in Erinnerung rief, die so vergessen war, wie sie das britische Königshaus immer schon gern haben wollte. Aber auf Karl Valentins Rat "Noch nicht mal ignorieren" wollte ja damals, vor fünf Jahren keiner hören. Dabei gibt es Leute, die auf die Frage nach einem Kate-Busenskandal im Jahr 2012 einen komplett leeren Gesichtsausdruck vorzeigen. Sie können sich nicht und nicht erinnern; fassen wir also die Geschichte sicherheitshalber nochmal zusammen.
Kate-Nahaufnahmen - "Closer" griff zu
Kate und William, einem größeren Publikum als britisches Thronfolgerpaar bekannt, machte Urlaub auf einem Anwesen in der Provence. Paparazzi schlichen sich heran, fotografierten Kate, die sich gerade ohne Bikinioberteil sonnte, schlichen wieder davon und boten die Aufnahmen den üblichen Interessenten an. Es griff zu die französische Ausgabe eines angriffigen Klatschmagazins, dessen Name Programm ist: "Closer", und das, nur nebenbei erwähnt, einem Medienmogul namens Berlusconi gehörte. Die Chefredakteurin faselte etwas von "berechtigtem Interesse" an diesen schönen Ferienfotos.
Ungünstiger Weise hatte das britische Königshaus kurz vorher noch die Veröffentlichung von Fotos eines infolge alkoholisierter Partylaune nackten Prinz Harry zähneknirschend geschluckt. Eine halbnackte Kate brachte das Fass zum Überlaufen. Das Unternehmen Britisches Königshaus forderte anderthalb Millionen von "Closer". Seither wartet die Welt, sofern sie sich eines Busenskandals bewusst ist, auf das Urteil.
Der Privatbilder-Appetit expandiert
Jawohl, die sollen aufs Dach kriegen - sagt das moralische Gemüt. Schließlich gibt's noch einen Unterschied zwischen einem beschwipsten Jüngling, der es darauf anlegt, beim Über-die-Stränge-Schlagen verewigt zu werden, und einer nichtsahnenden Unschuld auf privatem Gelände.
Da lacht natürlich der Paparazzo. Privatgelände mit hohen Mauern sind geradezu seine Spezialität, und auf den unersättlichen Privatbilder-Appetit der in allen Medien expandierten Promi-Industrie kann er zählen.
Die Ausweitung der Klatschzone hat die noch nie ganz astreinen Methoden verschärft, seit in den 80ern der weiland Chefredakteur Franz-Josef Wagner Burdas "Bunte Illustrierte" boulevardisierte. Vorbei die Zeiten, als die Herzblätter des Regenbogenwalds den von ihnen observierten gekrönten Häuptern noch dienerten statt sie mit Nacktfotos in die Pfanne zu hauen. Auch wenn ihre Geschichten damals schon mit einem Promillegehalt an Realität auskamen.
Royals und Promis spielen mit
Führende Unternehmen des Sektors halten das bewährte Krönchen-Geschäft noch bei, aber die einstigen Hauptdarsteller sind zur Teilmenge der "Royals" geschrumpft. Seite an Seite mit Profi-Celebrities wie Kim Kardashian, für die das Zeigen entblößter Körperteile quasi Kernkompetenz ist. Das ist eigentlich kein zu hoher Preis, wenn man bedenkt, dass die Einrichtung der Monarchie schon mal wesentlich umstrittener war als heute.
Wenn sich dann noch das seriöse Feuilleton dem cool trash freundlich nähert, wenn zum Beispiel die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung einen Grund findet, die Braut eines Hannoveraner Prinzen vor der Hochzeit am nächsten Wochenende großformatig zu interviewen, wird die Sache wieder standesgemäß. Man nennt es auch Educated gossip.
Berichterstattung über Prominente ist ein Geschäft, bei dem alle mitspielen. Ebenso gesetzmäßig wird es in unregelmäßigen Abständen jemandem zu bunt, zu falsch, zu übergriffig. Dann wird geklagt. Dann wird gezahlt. Oder auch nicht. Dann wird wieder berichtet. Wie jetzt gerade.