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Promis in der Presse
Kate und das Krönchen-Geschäft

Im Prozess über die Paparazzi-Fotos von Prinz William und seiner barbusigen Ehefrau Kate soll das Urteil Anfang September fallen. Beatrix Novy nimmt sich schon jetzt in ihrer Glosse die Ausweitung der Klatschzone und das Geschäft mit der Berichterstattung über Prominente ganz grundsätzlich vor.

Von Beatrix Novy | 06.07.2017
    Zahlreiche Pressemitarbeiter wie auch Kameraleute und Fotografen haben sich in den Fenstern der Bewohner in Bracciano gegen ein teures Entgelt eingemietet und versuchen somit eine gute Beobachtungsstelle bei der Ankunft der Hochzeitsgäste am Samstag (18.11.2006) zu erlangen. Die zahlreichen zur «Traumhochzeit» von Hollywoodstar Tom Cruise und Katie Holmes ins italienische Bracciano vor den Toren Roms angereisten Fans sahen sich jedoch enttäuscht, da sich die Brautleute nicht einmal einen Augenblick der Öffentlichkeit präsentierten. Wie das italienische Fernsehen berichtete, gab sich das Paar am Abend nach den Vorschriften der Scientology-Organisation das Ja-Wort.
    Bei einer Promi-Hochzeit in Rom - Fotograf (dpa / Lars Halbauer)
    Kurze Prozesse sind als Redewendung beliebt, aber in der Realität ausgesprochen selten. Die Folge: Immer wenn Gras über eine Sache gewachsen ist, wird sie wieder ausgegraben, weil die Gerichte so langsam arbeiten.
    Über dem "Busenskandal um Kate" - Zitat BILD-Zeitung - grünten längst ganze Wälder, bevor das nun zu erwartende Urteil die Sache in Erinnerung rief, die so vergessen war, wie sie das britische Königshaus immer schon gern haben wollte. Aber auf Karl Valentins Rat "Noch nicht mal ignorieren" wollte ja damals, vor fünf Jahren keiner hören. Dabei gibt es Leute, die auf die Frage nach einem Kate-Busenskandal im Jahr 2012 einen komplett leeren Gesichtsausdruck vorzeigen. Sie können sich nicht und nicht erinnern; fassen wir also die Geschichte sicherheitshalber nochmal zusammen.
    Kate-Nahaufnahmen - "Closer" griff zu
    Kate und William, einem größeren Publikum als britisches Thronfolgerpaar bekannt, machte Urlaub auf einem Anwesen in der Provence. Paparazzi schlichen sich heran, fotografierten Kate, die sich gerade ohne Bikinioberteil sonnte, schlichen wieder davon und boten die Aufnahmen den üblichen Interessenten an. Es griff zu die französische Ausgabe eines angriffigen Klatschmagazins, dessen Name Programm ist: "Closer", und das, nur nebenbei erwähnt, einem Medienmogul namens Berlusconi gehörte. Die Chefredakteurin faselte etwas von "berechtigtem Interesse" an diesen schönen Ferienfotos.
    Ungünstiger Weise hatte das britische Königshaus kurz vorher noch die Veröffentlichung von Fotos eines infolge alkoholisierter Partylaune nackten Prinz Harry zähneknirschend geschluckt. Eine halbnackte Kate brachte das Fass zum Überlaufen. Das Unternehmen Britisches Königshaus forderte anderthalb Millionen von "Closer". Seither wartet die Welt, sofern sie sich eines Busenskandals bewusst ist, auf das Urteil.
    Der Privatbilder-Appetit expandiert
    Jawohl, die sollen aufs Dach kriegen - sagt das moralische Gemüt. Schließlich gibt's noch einen Unterschied zwischen einem beschwipsten Jüngling, der es darauf anlegt, beim Über-die-Stränge-Schlagen verewigt zu werden, und einer nichtsahnenden Unschuld auf privatem Gelände.
    Da lacht natürlich der Paparazzo. Privatgelände mit hohen Mauern sind geradezu seine Spezialität, und auf den unersättlichen Privatbilder-Appetit der in allen Medien expandierten Promi-Industrie kann er zählen.
    Die Ausweitung der Klatschzone hat die noch nie ganz astreinen Methoden verschärft, seit in den 80ern der weiland Chefredakteur Franz-Josef Wagner Burdas "Bunte Illustrierte" boulevardisierte. Vorbei die Zeiten, als die Herzblätter des Regenbogenwalds den von ihnen observierten gekrönten Häuptern noch dienerten statt sie mit Nacktfotos in die Pfanne zu hauen. Auch wenn ihre Geschichten damals schon mit einem Promillegehalt an Realität auskamen.
    Royals und Promis spielen mit
    Führende Unternehmen des Sektors halten das bewährte Krönchen-Geschäft noch bei, aber die einstigen Hauptdarsteller sind zur Teilmenge der "Royals" geschrumpft. Seite an Seite mit Profi-Celebrities wie Kim Kardashian, für die das Zeigen entblößter Körperteile quasi Kernkompetenz ist. Das ist eigentlich kein zu hoher Preis, wenn man bedenkt, dass die Einrichtung der Monarchie schon mal wesentlich umstrittener war als heute.
    Wenn sich dann noch das seriöse Feuilleton dem cool trash freundlich nähert, wenn zum Beispiel die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung einen Grund findet, die Braut eines Hannoveraner Prinzen vor der Hochzeit am nächsten Wochenende großformatig zu interviewen, wird die Sache wieder standesgemäß. Man nennt es auch Educated gossip.
    Berichterstattung über Prominente ist ein Geschäft, bei dem alle mitspielen. Ebenso gesetzmäßig wird es in unregelmäßigen Abständen jemandem zu bunt, zu falsch, zu übergriffig. Dann wird geklagt. Dann wird gezahlt. Oder auch nicht. Dann wird wieder berichtet. Wie jetzt gerade.