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Promovieren in Schleswig-Holstein
Gehe nicht über die Uni, gehe direkt zur Promotion

Promovieren an einer Fachhochschule – das ist, wenn überhaupt, nur in Ausnahmefällen möglich. Mit dem frisch gegründeten Promotionskolleg Schleswig-Holstein gibt es aber eine Einrichtung, die das Promotionsrecht hat – und so FH-Absolventen den Weg zum Doktortitel ebnet.

Von Johannes Kulms |
    Studenten in Talaren bei der Absolventenfeier der Universitaet Bonn
    Promovieren wie an einer Universität - bald geht das am Promotionskolleg Schleswig-Holstein. Im Bild eine Absolventenfeier an der Uni Bonn. (Imago / Ute Grabowsky/photothek.net)
    Sönke Fleck ist ein Exot: Er studiert im dritten Master-Semester Maschinenbau an der Kieler Fachhochschule – und ist Vater einer sieben Monate alten Tochter.
    "Also, viele gibt’s davon nicht. Also, 'n paar Kommilitonen würden mir einfallen – aber es sind dann doch vergleichsweise wenig."
    Neue Möglichkeiten für FH-Absolventen
    Und noch etwas dürfte ihn von den meisten Mitstudierenden unterscheiden: Der 27-Jährige könnte sich nach dem Master-Abschluss eine Promotion vorstellen. An einer Universität werde er da nicht vorbeikommen, hat er bisher geglaubt. Ein etwas abschreckender Gedanke, erzählt Sönke Fleck beim Gespräch auf dem Fachschafts-Sofa:
    "Weil man im Hinterkopf immer so 'n bisschen hat, dass die Universitäten doch etwas elitärer sind und der kleine, dumme Fachhochschüler dann da nichts verloren hat."
    Über das frisch gegründete Promotionskolleg Schleswig-Holstein weiß Fleck bisher nur wenig. Doch freut er sich darüber, dass die Startbedingungen für eine Promotion für Leute wie ihn verbessert werden sollen. Der gebürtige Eckernförder interessiert sich vor allem für den Bereich Mechatronik – also die Mischung aus Informatik, Elektrotechnik und Maschinenbau:
    "Man soll sich ja Ziele setzen. Es geht in der Doktorarbeit ja auch um Forschung, um Weiterentwicklung, mal seine eigenen Gedanken einbringen, die dann das eigene Leben überdauern – der Gedanke gefällt mir eigentlich auch."
    In einem Jahr soll das Kolleg stehen
    Ein paar hundert Meter weiter sitzt Udo Beer in seinem Büro. Der Präsident der Kieler Fachhochschule ist derzeit auch Vorsitzender der Landesrektorenkonferenz, die das Promotionskolleg Schleswig-Holstein vor einer Woche gegründet hat.
    In knapp einem Jahr könnte die Einrichtung stehen, so Beers Prognose. Unter deren Dach sollen gemeinsame Forschungsteams von Fachhochschulen und Universitäten die Doktorarbeiten betreuen. Die Einrichtung habe auch mit der besonderen Hochschullandschaft im Norden zu tun und solle helfen, den wissenschaftlichen Nachwuchs im Land zu halten. Nur drei Universitäten gibt es in Schleswig-Holstein. Da seien die Fachhochschulen besonders wichtig, sagt Beer.
    "Wir haben es hier überwiegend mit kleinen und mittleren Unternehmen zu tun und da sind unsere Bachelor- und unsere Master die geeigneten Berufsanwärter."
    Auch für künftige Promotionsvorhaben seien vor allem jene Themenfelder interessant, um die sich in Schleswig-Holstein bisher praktisch nur die Fachhochschulen kümmerten, dort dürfen Doktorarbeiten aber bislang nicht betreut werden.
    "Das ist beispielsweise Maschinenbau, das sind die Bauingenieure, Architekten, die soziale Arbeit, Medien, Schiffbau, Schiffsbetriebstechnik, Nautik – also, das sind so rund zehn Felder, wo die Fachhochschulen in Schleswig-Holstein das Ende der akademischen Leiter darstellen."
    Ein Uni-Professor muss dabei sein
    Das Promotionskolleg Schleswig-Holstein ist eine "virtuelle" Einrichtung und besteht im Wesentlichen aus einer Geschäftsstelle. Dennoch hat es ein eigenes Promotionsrecht, Doktorandinnen und Doktoranden werden also nicht von der Uni oder der FH promoviert, sondern vom Promotionskolleg. Mindestens ein Uni-Professor und drei FH-Professoren sollen die Projekte begleiten.
    Zusätzliche Gelder sind bisher nicht eingeplant. Am Ende also alles nur Symbolpolitik? Schleswig-Holsteins Wissenschaftsministerin Karin Prien, CDU, widerspricht:
    "Denn wir gehen ja gemeinsam davon aus, dass mehr Fachhochschulabsolventen als bisher die Gelegenheit zu einer Promotion erhalten, insofern ist das ganz reale, handfeste Politik."
    Angeschoben hatte das Projekt Waltraud Wende, parteilos, die bis 2014 Schleswig-Holsteinische Bildungsministerin war. Gerade die CDU hatte da Bauchschmerzen – wie bei vielen anderen Projekten von Wende auch, wie Prien sagt.
    "Die wollte nämlich einfach, dass man an Fachhochschulen genauso promovieren kann, wie an Universitäten. Das wird ja jetzt so nicht der Fall sein. Ich sag‘ mal so: Das ist sicherlich kein Leib- und Magenprojekt der CDU hier im Lande gewesen. Aber ich glaube, es können jetzt alle gut damit leben und man wird es evaluieren. Es geht nicht darum, dass die Fachhochschulen und Universitäten sich Konkurrenz machen in den gleichen Forschungsgebieten, sondern auch, dass die Fokussierung auf bestimmte Forschungsbereiche auch darin seinen Widerhall findet."