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Pronold: Wir wollen Lkw-Überholverbot in Ferienzeiten

Hunderttausende Autofahrer ärgern sich über Überholmanöver von Lastwagen, sagt der Vorsitzende der SPD in Bayern, Florian Pronold. Er möchte, dass Transporter zumindest in den Monaten Juli und August auf zweispurigen Autobahnen rechts bleiben müssen. Das erhöhe die Verkehrssicherheit.

Florian Pronold im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Christoph Heinemann: Maut für PKW, allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung, Helmpflicht für Fahrradfahrer – wenige Grenzen kennt die Fantasie, wenn es darum geht, den Straßenverkehr zu steuern, zu regeln oder zu reglementieren. Einen Vorschlag möchten wir heute Früh hinzufügen, über den wir vor dieser Sendung mit dem SPD-Politiker Florian Pronold gesprochen haben. Pronold ist SPD-Abgeordneter des Deutschen Bundestages, Vorsitzender der SPD in Bayern und er gehört zu Peer Steinbrücks Kompetenzteam, dort zuständig für Verkehr und Infrastruktur.

    Und Florian Pronold schlägt vor, dass Lastkraftwagen, LKW also, in der Ferienzeit auf Autobahnen nicht mehr überholen dürfen, genauer gesagt eine Änderung der Bundesverordnung für die Ferien-Reisezeiten. Bundesverordnung heißt dann, dass eine Zustimmung der Länder dafür nicht erforderlich wäre. Die sähe genau vor: In den Monaten Juli und August dürfen LKW auf zweispurigen Autobahnen nicht mehr überholen, und zwar aus folgendem Grund.

    Florian Pronold: In den Ferienzeiten sind die Autobahnen besonders voll und es ist besonders nervtötend, wenn sogenannte Elefantenrennen stattfinden, wenn LKW auf zweispurigen Autobahnen überholen und man Kilometer als normaler Autofahrer dahinter herfährt, bis der Überholvorgang abgeschlossen ist. Das ist schlecht für die Verkehrssicherheit, das ist schlecht insgesamt auch für die Durchlässigkeit des Verkehrs, und deswegen wollen wir in Ferienzeiten ein Überholverbot für LKW.

    Heinemann: In Ferienzeiten - Plural sagen Sie -, also nicht nur in den Sommerferien?

    Pronold: Man kann das dann später auch ausdehnen. Aber es gibt derzeit eine Ferien-Reisezeit-Verordnung, die ist beschränkt auf den 1. Juli bis zum 31. August, und ich finde, da muss man das Ganze auch mal testen, um zu sehen, wie wirkt dieses Lkw-Überholverbot, das ja schon lange in der Debatte ist, und daraus kann man dann die Rückschlüsse ziehen, ob man das ausweitet.

    Heinemann: In Berlin haben die Ferien in diesem Jahr am 19. Juni begonnen, bei Ihnen in Bayern enden sie am 11. September. Die hätten dann Pech gehabt?

    Pronold: Nun, dann gibt es kurze Zeiträume, wo das nicht gilt, und es ist vor allem der Punkt, dass insgesamt sich Ferienzeiten in Deutschland überlappen und dass in diesem gesamten Ferienzeit-Bereich es zu erhöhtem Aufkommen auf den Autobahnen von Verkehr kommt und dass in den Kernzeiten hier dieses Überholverbot stattfindet.

    Heinemann: Spricht grundsätzlich die föderale Ferienordnung nicht gegen diesen Vorschlag?

    Pronold: Ich glaube, es geht um die Verkehrssicherheit, und die Verkehrssicherheit ist insbesondere dann, wenn die Autobahnen durch Reiseverkehr belastet sind, von besonderer Betroffenheit und da muss man etwas machen.

    Heinemann: Herr Pronold, wie sollte das Überholverbot kontrolliert werden?

    Pronold: Das muss nach wie vor kontrolliert werden durch die Polizei, da müsste es auch stärkere Kontrollen geben. Aber ich glaube, dass ein entscheidender Unterschied zu heute ist: Es gibt ja auch nach der Straßenverkehrsordnung ein Überholverbot für LKW, wenn der LKW nicht mindestens zehn Stundenkilometer schneller unterwegs ist als der LKW, den er überholt. Bloß in der Praxis funktioniert das nicht und ich glaube, es ist ein ganz, ganz großer Unterschied, ob man eine generelle Anordnung hat, dass es ein Lkw-Überholverbot gibt. Dann wird es zu viel weniger Überholvorgängen kommen, als das unter der jetzigen Rechtslage der Fall ist, und die Anzahl an Problemen wird deutlich geringer sein.

    Heinemann: Mehr Arbeit für die Autobahnpolizei bedeutete das ganze und das auch noch in den Ferienzeiten.

    Pronold: Ich glaube nicht, dass es mehr Arbeit bedeutet, weil auch gerade in den Ferienzeiten auf den Autobahnen viel los ist und die Polizei ist Gott sei Dank rund um die Uhr im Dienst.

    Heinemann: Die schaut allerdings auf andere Dinge wahrscheinlich?

    Pronold: Die müsste zum Beispiel auch jetzt das kontrollieren oder müsste Anzeigen nachgehen. Bloß wird das kaum angezeigt, weil die Autofahrer sich zwar ärgern, aber wer greift dann nachher zum Telefonhörer, wenn er zwei Kilometer hinter einem überholenden LKW hergefahren ist. Man ärgert sich trotzdem und ich finde, dass es besser wäre, man würde eine klare und generelle Regelung haben. Dann muss man nämlich im Nachhinein nicht beweisen, dass der nicht doch schnell genug überholt hat oder Ähnliches. Wenn man ein klares Lkw-Überholverbot hat, ist das klar geregelt, und auch die Frage der Überprüfbarkeit und der Nachvollziehbarkeit ist für die Polizei viel einfacher.

    Heinemann: Stichwort ärgern. Wenn ein LKW mit einer altersschwachen Zugmaschine an einer Steigung klebt und dahinter 20 moderne Lastzüge immer weiter runterschalten müssten, ohne dass sie überholen könnten, dann ärgern sich die Fahrer in der Schlange gewaltig. Der Güterverkehr würde langsamer?

    Pronold: Dieser Fall wäre von einem generellen Lkw-Überholverbot nicht umfasst. Wenn Sie einen Wagen vorausfahren haben, der so langsam ist, oder der tatsächlich fast schon steht, oder nicht mit entsprechender Geschwindigkeit vorankommt, dann ist auch bei einem generellen Lkw-Überholverbot so ein Überholvorgang möglich.

    Heinemann: Jetzt fassen wir mal zusammen, was alles überprüft werden muss: erst mal die Langsamkeit des vorfahrenden Fahrzeuges, dann der Kalender, fährt man gerade in den Ferien umher, und dann auch noch die Frage der Spurzahl der Autobahn, auf der ein Lastwagen gerade fährt. Da muss, bevor ein Lastwagenfahrer den Blinker setzt, der in Zukunft erst mal eine große Tabelle rausholen?

    Pronold: Ich glaube, da trauen Sie den Lkw-Fahrern viel zu wenig zu, und ich behaupte, es ist einfacher als die jetzige Regelung. Die jetzige Regelung in der Straßenverkehrsordnung sieht vor, dass LKW nur in einer bestimmten Geschwindigkeit überholen dürften, und das praktisch zu kontrollieren, ist viel schwieriger, und das einzuschätzen, ist wahrscheinlich auch schwieriger als eine klare Regelung, die sagt, es gilt vom Grundsatz her auf zweispurigen Autobahnen – das kann man sehr einfach erkennen als Lkw-Fahrer – ein Überholverbot. Und dann gibt es natürlich immer wie in den Lebensrealitäten auch Fälle, wo man von so einem Überholverbot absehen kann. Wenn tatsächlich ein LKW unterwegs ist in einer Geschwindigkeit, die auf einen Unfall oder einen Defekt schließen lassen, dann kann man ein solches fast stehendes Hindernis selbstverständlich überholen.

    Heinemann: Herr Pronold, wieso sollen die Einzigen, die per Maut für die Benutzung der Straßen zahlen müssen, die LKW eben, am schlechtesten behandelt werden?

    Pronold: Sie werden ja nicht schlechter behandelt, sondern ich glaube, es ist sogar für die Logistikunternehmen von einem großen Vorteil, wenn diese Elefantenrennen vermieden werden. Insgesamt steigt die Verkehrssicherheit, und das Zweite ist, dass auch unsinniger Benzinverbrauch verhindert wird. Das dritte ist, die LKW sind ja heute alle fast gleich schnell unterwegs, und deswegen sind ja diese Überholmanöver so ärgerlich, und darauf kommt es an, dass man eine klare Regelung hat, die eigentlich allen nützt. Die Fahrer können auch noch entspannter fahren, weil sie sich keinen nervigen Überholvorgängen aussetzen müssen.

    Heinemann: Sind überholende LKW nicht auch ein Beitrag zur Disziplinierung von Rasern?

    Pronold: Da muss man andere Formen der Disziplinierung finden. Es fahren außerdem nicht nur LKW, wie meine Lebenserfahrung ist, auf deutschen Autobahnen, sondern auch PKW, und was ich schon erlebt habe auf deutschen Autobahnen, wer mit 70 direkt von der Einfahrtschneise mit seinem uralten Mercedes Benz direkt auf die Überholspur fährt, das ist eine wirkliche Bremse. Da kann kaum ein Lkw-Fahrer mithalten, mit so einem Bremsmanöver.

    Heinemann: Ist der Vorschlag – und damit kommen wir zur politischen Bewertung – mit der Parteispitze abgesprochen?

    Pronold: Das fällt in mein Ressort und Sie können davon ausgehen, dass es ein Vorschlag ist, der geteilt wird.

    Heinemann: Also es ist dann nicht so wie bei Sigmar Gabriels Tempolimit, das dann kleinlaut wieder zurückgezogen werden musste?

    Pronold: Hunderttausende von Autofahrern ärgern sich in den Ferienzeiten insbesondere über diese Elefantenrennen und es ist eine lange Debatte, die da einhergeht, und wir machen mit diesem Vorschlag ein Angebot dafür, wie man das in den Ferienzeiten mal ausprobieren kann, um auch Rückschlüsse zu gewinnen für ein generelles Lkw-Überholverbot.

    Heinemann: Dieser Vorschlag teilt jetzt nicht das Schicksal des Vorschlags von Sigmar Gabriel mit dem Tempolimit, der ihn ja dann wieder zurückziehen musste?

    Pronold: Das wird es sicher nicht sein.

    Heinemann: Der Vorschlag klingt ansonsten nach dem verzweifelten Versuch, mit einem populistischen Thema in einem bisher ziemlich vergeigten Wahlkampf Punkte zu retten. Steht es so schlecht um die SPD?

    Pronold: Sie können ja dann jeden Vorschlag darunter bewerten, dass man Punkte retten will. Mir geht es darum, dass man eine vernünftige Regelung endlich findet, die Hunderttausende von Autofahrern jetzt entlastet, gerade in der Ferien-Verkehrszeit, und wenn das zusätzlich dazu führt, dass die SPD auch in ihrer Aufholjagd an Tempo zulegt und nicht durch überholende LKW behindert wird, dann ist das von großem Vorteil.

    Heinemann: Wo sehen Sie die Aufholjagd, in den Umfragen zumindest?

    Pronold: Wenn ich die Geschichte von Umfragen anschaue, dann braucht es überhaupt keine Aufholjagd, weil keine Umfrage jemals eingetroffen ist am Wahlabend. Insofern, glaube ich, widersprechen Sie mir aber nicht, dass wir noch ein Stück weit zulegen müssen, damit wir den Regierungswechsel hinbekommen.

    Heinemann: Der SPD-Abgeordnete und bayerische SPD-Vorsitzende Florian Pronold. Das Gespräch haben wir vor der Sendung aufgezeichnet.


    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.