Die Musik ist kein Ausschnitt aus einem Action-Streifen, das ist der Sound von indischen Nachrichtkanälen der letzten Tage. Die Bilder dazu martialisch: Luftmanöver von Kampffliegern. Aus dem Archiv. Denn von den aktuellen Gefechten gibt es keinerlei Aufzeichnungen. Noch bevor die Regierung oder die Armee offizielle Statements abgibt, heizen die Fernsehmoderatoren die Stimmung in Indien an.
"1,3 Milliarden Menschen hier sind wütend", sagt der Fernsehmoderator. "Fünf ehemalige Generäle reden nun hier über die Kriegspläne und sagen uns, wie wir das bankrotte Pakistan vernichten werden."
Es wird nie einen Beweis dafür geben, dass die pakistanische Regierung hinter dem Selbstmordanschlag auf die indischen Sicherheitskräfte gesteckt hat. Klar ist nur, dass es sich um eine Terrororganisation gehandelt hat, die aus Pakistan heraus operiert. Die indische Regierung allerdings hat ganz offiziell Pakistan als Drahtzieher beschuldigt, die indischen Medien übernehmen den Vorwurf eins zu eins.
Medien als Sprachrohr der indischen Regierung?
Nur wenige trauen sich das zu kritisieren in Indien. Einer davon ist Hartosh Singh. Er ist einer der politischen Redakteure des Magazins "Caravan".
"Die Medien haben anders reagiert, als wir es eigentlich von ihnen erwarten würden: Sie sollten skeptisch sein, Fakten checken, die Regierung in Frage stellen. Aber stattdessen waren sie eher das Sprachrohr der indischen Regierung."
Wenn die Töne nicht kriegerisch waren, dann wurde das patriotische Herz der Inder gesalbt. In einem nationalistischen Song wird darüber gesungen, dass Indien in sicheren Händen sei, denn dieses Land sei unsterblich.
"Die Stimmung der Bevölkerung wird angeheizt durch Nationalismus", sagt Singh. "Jeglicher Sinn für die Realität ist auf beiden Seiten verloren gegangen. Und wir sind zwei Nuklearmächte, das kleinste Missverständnis zwischen uns birgt prinzipiell eine Gefahr für die gesamte Welt. Und die Medien hier schüren das Feuer noch zusätzlich an."
Journalisten auf Partei-Linie
Einmalig an der indischen Medienlandschaft ist, dass es so viele News-Fernsehsender gibt, wie sonst nirgendwo auf der Welt. Nationale Sender auf Englisch, regionale auf Hindi und unzählige Sender in den zahlreichen Landessprachen.
Eine Besonderheit der indischen Medien zudem: Die Regierung schaltet Anzeigen und bezahlt dafür. Fallen diese Anzeigen weg, weil eine Zeitung oder ein Sender zu kritisch berichtet, könnte das Medium kaum überleben. Wer nicht auf Partei-Linie ist, gilt in Indien schnell als anti-national.
"Menschen, die gegen unsere Nation sind", sagt ein Fernsehmoderator, "hier auf dem Campus der Universitäten sprechen sie ihre Solidarität für Pakistan aus. Die sind im Herzen Pakistaner. Auch die müssen nun für ihre Verbrechen zahlen."
Das fordert ein Nachrichtenmann des Senders Republic TV, der keinen Hehl daraus macht, die aktuelle Regierung zu unterstützen.
Personalisierung des Konfliktes
Aber auch auf der anderen Seite haben die Medien mächtig Propaganda betrieben. Ein indischer Pilot war von den Pakistanern gefangen genommen worden. An dieser Person hat sich der eskalierende Konflikt tagelang fest gehalten. Bis es zum Show-Down kam. Ausgeschlachtet von beiden Seiten. Die Übergabe des Piloten am einzigen offiziellen Grenzübergang der beiden Länder, an der Wagah-Border. Ein Helden-Epos, der die indischen Medien stundenlang in Atem hielt, weil sich die Übergabe lange hinaus zögerte.
"Unser Held kehrt heim!" Das war der Titel jeder Nachrichtensendung. Alle News-Sender: live dabei. Bollywood hätte das nicht besser inszenieren können. Seitdem haben sich die Stimmen in den Medien ein wenig beruhigt. Kritik an der medialen Kriegspropaganda kommt fast nur aus dem Ausland. Bei dem nächsten Zwischenfall werden die Medien das Kriegsgetöse und damit die Stimmung in den Ländern sicherlich wieder mit anheizen.