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Propaganda
Russische Sendungen fürs Baltikum

Die Staaten im Baltikum gehörten bis vor knapp 30 Jahren zur Sowjetunion. Noch immer leben dort viele Menschen russischer Herkunft, besonders in Estland und Lettland. Weil russisches Fernsehen und Radio die Hauptinformationsquelle der Minderheit sind, werden sie zu einem leichten Ziel für politische Propaganda.

Von Florian Kellermann |
Der russische Sender RT hieß früher Russia Today
Russische Medien wie etwa Russia Today werden von der russischen Regierung oftmals stark beeinflusst - auch Sender, die in Litauen, Lettland und Estland empfangen werden. (dpa)
Ein litauischer Journalist hat ein Programm im Internet, in dem er russische Propaganda entlarvt. Immer wieder kommt dabei einer der prominentesten russischen Politiker zu Wort, Wladimir Schirinowskij. Er spricht Litauen kurzerhand das Recht auf Selbständigkeit ab:

"300 Jahre haben wir zusammengelebt. Litauen war ein Teil des russischen Imperiums. Auf welcher Grundlage hat Litauen überhaupt die Unabhängigkeit erklärt?"
Langfristige Strategie: Russische Propaganda will Litauen als "failed state" darstellen
Die russische Propaganda unterstütze nicht eine bestimmte Partei in Litauen, sagen Experten, weil es schlicht keine pro-russische Partei gebe. Vielmehr malen die Korrespondentenberichte im russischen Staatsfernsehen die Lage im Nachbarland in dunklen Farben. Sie berichten über angeblich grassierende Armut und über die - in der Tat große - Auswanderungswelle der vergangenen Jahre. Linas Kojala, Direktor des Zentrums für Osteuropäische Studien in Vilnius:
"Das folgt einer langfristigen Strategie. Es soll gezeigt werden, dass Litauen ein sogenannter ‚failed state‘ ist, ein gescheiterter Staat. Ein Staat, der nicht in der Lage ist, sich um seine Bürger zu kümmern."
Vor diesem Hintergrund kritisieren russische Medien, dass Litauen zwei Prozent seines Bruttoinlandprodukts für Verteidigung ausgibt. Die Propaganda richtet sich auch unmittelbar gegen das internationale NATO-Bataillon im Land, das von der Bundeswehr geleitet wird.
Fake News über NATO
"Da wurden Nachrichten gestreut, die sich als Fake News herausstellten. Etwa, dass ein NATO-Soldat ein Mädchen vergewaltigt habe. Aber die Gesellschaft ist gegen so etwas inzwischen gewappnet. Die litauischen Medien haben über dieses Gerücht nicht ungeprüft berichtet. Und so hat die Nachricht kaum Widerhall gefunden."
Von der Nato ausgenutzt und wirtschaftlich gescheitert - dazu kommt eine dritte Kernbotschaft aus Russland über die baltischen Staaten: Die Länder würden von kryptofaschistischen Politikern regiert. So berichtete etwa der russische 5. Kanal im vergangenen Oktober über die Umbettung eines Leichnams – und zwar des litauischen Nationalhelden Adolfas Ramanauskas, der antisowjetische Partisanen anführte.

"Weder in der Kirche noch auf dem Friedhof: Niemand sagt die ganze furchtbare Wahrheit, wie viele Juden, Russen und Litauer er persönlich umgebracht hat. Welche Ironie: Ramanauskas hat einst zugegeben, dass der Holocaust in Litauen stattfand und sich entschuldigt. Die heutige Präsidentin Grybauskaite spielt ein anderes politisches Spiel."
Propaganda vermittelt: Länder würden von kryptofaschistischen Politikern regiert
Die Vorwürfe gegen Ramanauskas und Grybauskaite bleiben unklar. Deutlich werden soll nur: Beide haben irgendwie braunen Dreck am Stecken.
In Estland ist die Lage ähnlich. Auch dort gibt es keine prorussische Partei, obwohl die russische Minderheit mit 25 Prozent deutlich größer ist als in Litauen. Sven Sakkov vom Internationalen Zentrum für Verteidigung und Sicherheit in Tallin erklärt das so:
"In der Stadt Narva im Osten sind 90 Prozent ethnische Russen. Viele fahren auf die andere Seite der Grenze, um Zigaretten und Benzin zu kaufen. Daheim schalten sie russisches Fernsehen ein und hören, wie toll das Leben in Russland sei. Und wie schlimm in der EU. Dann schauen sie sich um und denken: Was reden die da!"
Etwas anders ist die Situation in Lettland. Die dortige Harmonie-Partei wurden 2018 schon zum dritten Mal stärkste Kraft bei Parlamentswahlen, mit knapp 20 Prozent - und sie gilt als prorussisch. Aber noch nie konnte sie bisher eine Regierung bilden. Für die russischen Medien ist das in diesem Land ein weiterer wunder Punkt, an dem die Propaganda ansetzen kann.