"Ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm" seien die Zuschauer der Sendergruppe ProSiebenSat.1. Das hatte Thomas Ebeling in einer Telefonkonferenz mit Analysten gesagt - und war in der Öffentlichkeit dafür harsch kritisiert worden. In der Branche und intern sei Ebeling für einen sehr rabiaten Führungsstil bekannt gewesen. Seinen Rücktritt habe diese "markige und direkte Sprache" aber nicht allein verursacht, so die Einschätzung von Thomas Lückerath, Chefredakteur des Fachdienstes DWDL. Ebeling habe wohl betonen wollen, dass es genug Menschen gebe, die mit dem, was sie haben, zufrieden seien. Viele Kreative bei ProSiebenSat.1 dürften diese Einschätzung nicht teilen, so Lückerath.
Fehlentscheidungen im Programm
"Die Performance der ProSiebenSat.1 Media war in diesem Jahr nicht mehr so berauschend", sagte Lückerath. Über Jahre sei ProSiebenSat.1 gewachsen durch Zukäufe im Digitalen. Das E-Commerce habe alles Andere "ein bisschen überblendet". Die nötige Erweiterung des Kerngeschäfts sei liegen geblieben. Es seien viele Serien eingekauft worden, die für ein werbefinanziertes TV-Programm nicht attraktiv seien, weil die Zielgruppe zu spitz, also zu klein, ist. Viele Programmvermögen aus Hollywood lägen noch im Keller und seien über Jahre nicht genutzt worden.
Durchregieren bis nach unten
"Das Mediengeschäft ist kein gesichertes Geschäft mit Produkten und Patenten", sagte Lückerath im Hinblick auf Ebelings Vergangenheit als Produktmanager, u.a. bei Novartis. "Der Zuschauergeschmack ändert sich sehr schnell und ist nicht planbar", so Lückerath. "Mit diesem Umstand ist Ebeling nie warm geworden." Es habe im Haus destabilisierend gewirkt, dass er sich bis in die Produktionsebene eingemischt habe. Die Senderchef seien ein Stück weit dadurch entmachtet worden.
Nun könne es durchaus sein, dass sich das Senderkonglomerat im Sinne einer Umstrukturierung von Teilen des Geschäfts trennt.