"Also das Gerät ist sehr ähnlich einem ganz normalen Druckergerät. Ich wurde sogar viele Male gefragt, ist es ein Drucker? Was macht dieses Gerät überhaupt? Es ist vielleicht einen halben mal halben Meter groß."
Und es ähnelt nur rein äußerlich einem Drucker. Wenn es nach Nataliia Beshchasna und ihren Kollegen vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme in Dresden geht, dann soll es eines Tages Ärzte dabei unterstützen, Prostatakrebs schnell und sicher zu diagnostizieren.
"Momentan sind alle vorhandenen Verfahren immer noch sehr aufwendig. Die Analyse beginnt mit der Biopsieentnahme und der Pathologe muss dann die Auswertung dieses Gewebes mikroskopisch machen. Das dauert auch viel Zeit. Dieses Gerät soll für die Ärzte die Arbeit vereinfachen und die erste Aussage sogar nach zwei-, drei-minütigen Messungen ermöglichen."
Nataliia Beshchasna drückt einen gelben Knopf vorne am Gerät und eine kleine Tür springt auf.
"Wir legen unsere Probe auf den Probenhalter und schieben diese Platte hinein in die Messkammer. Danach ist es sehr wichtig, dass die Tür komplett geschlossen ist. Und jetzt können wir die Messung starten."
Die Ingenieurin tippt dazu auf einen Touchscreen oben am Gerät. Nach etwa zwei Minuten wird das Ergebnis angezeigt.
"Man sieht dann die zwei wichtigsten Messungsergebnisse. Einmal sieht man so eine Fluoreszenzkurve, Verlauf der Fluoreszenz über die Zeit, und auf dem anderen Menü sieht man, ob eigentlich das Gewebe krank oder gesund ist."
Bislang 95 Prozent Genauigkeit
Ein grüner Punkt auf dem Display bedeutet, dass die untersuchte Biopsieprobe keine Auffälligkeiten zeigt. Leuchtet ein roter Punkt auf, dann sind in der Probe aus der Prostata Krebszellen enthalten. Das Gerät liefere zu 95 Prozent das richtige Ergebnis. Allerdings heißt das auch, dass in fünf Prozent der Fälle falscher Alarm ausgelöst wird oder vorhandene Krebszellen nicht erkannt werden. Deshalb müsse die Genauigkeit noch verbessert werden, sagt Nataliia Beshchasna.
In den zwei Minuten, bevor am Gerät das Ergebnis angezeigt wird, trifft Laserlicht mit einer Wellenlänge von 375 Nanometer auf die Probe. Diese wird dadurch angeregt, sie fluoresziert und sendet Lichtteilchen aus. Mit der Zeit werden das immer weniger, die Fluoreszenzkurve auf dem Display verläuft flacher.
Eine von den Forschern programmierte Software vergleicht dann die Fluoreszenz der Probe mit den Fluoreszenzkurven für gesundes, beziehungsweise krankes Prostatagewebe und trifft dann die Aussage: krank oder gesund.
Eine von den Forschern programmierte Software vergleicht dann die Fluoreszenz der Probe mit den Fluoreszenzkurven für gesundes, beziehungsweise krankes Prostatagewebe und trifft dann die Aussage: krank oder gesund.
"Wir haben klinische Studien durchgeführt und haben speziell krankes und gesundes Gewebe gemessen. Anhand dieser Messungen wussten wir ganz genau, welche Parameter für kranke Gewebe und welche für gesunde Gewebe speziell sind."
Die Dresdner Wissenschaftler setzen auf die Fluoreszenz als Parameter. Aber ob sich ihr Gerät durchsetzen wird, ist fraglich. Die Zulassung als Medizinprodukt steht noch aus.
Diskussion um Einsatzfeld
Nach Ansicht von Prof. Peter Albers von der Urologischen Klinik der Uniklinik Düsseldorf ist eine Biopsie mit anschließender pathologischer Untersuchung dem Gerät der Fraunhofer Forscher überlegen.
"In der Gewebsprobenanalyse geht es uns eben nicht nur um Krebs oder nicht Krebs, sondern es geht inzwischen sehr viel mehr um die Eigenarten des Krebses, um die Aggressivitätsgrade und da kommen wir allein mit der Autofluoreszenz nicht weiter."
Peter Albers sieht aber Einsatzmöglichkeiten für das Gerät während einer Operation, bei der Krebsgewebe entfernt werden soll: "Dann vermag diese Technologie uns intraoperativ zu sagen, ob wir zum Beispiel richtig schneiden. Da brauchen wir intraoperativ einen schnellen Hinweis darauf, ob der Tumor komplett entfernt worden ist. Und in dieser Indikation macht es sehr viel Sinn, eine schnelle, zuverlässige Krebs-ja-Krebs-nein-Diagnostik zu haben. Also in der zukünftigen Weiterentwicklung der chirurgischen Techniken, da macht die Autofluoreszenz sicherlich mehr Sinn, als jetzt in der primären Diagnostik."
Noch sei der Prototyp des Geräts vor allem ein Forschungsobjekt, so Fraunhofer-Ingenieurin Nataliia Beshchasna. Das Gerät könnte miniaturisiert werden, denn noch ist es mit 13 Kilogramm recht schwer. Die Zukunftsvision der Forscher: die Diagnose von Prostatakrebs ohne vorherige Biopsie. Mit einem Endoskop soll die Fluoreszenzmessung direkt im Patienten durchgeführt werden.