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Protest gegen Präsenzunterricht
Fachanwalt: Schulboykott wird teuer

Eltern, die ihren Kindern die Teilnahme am Präsenzunterricht nicht gestatten, müssen in NRW mit einem Bußgeld bis zu 5.000 Euro rechnen, sagte Felix Winkler, Anwalt mit Schwerpunkt Schulrecht, im Dlf. Es gelte auch während Corona die Schulpflicht. Aus dem Grund sollten sich Eltern ein solches Vorgehen gut überlegen.

Felix Winkler im Gespräch mit Stephanie Gebert |
    Einsamer Schüler in einem Schulflur (Symbolfoto)
    Es obliegt der Landesregierung und nicht den Kommunen, über Schulöffnungen oder -schließungen zu entscheiden, sagte Fachanwalt Winkler im Dlf (imago / Eibner)
    Wie geht es weiter mit dem Präsenzunterricht an unseren Schulen? Noch in dieser Woche wollen die Kultusministerinnen und -minister wieder dazu beraten. Gestern haben wir darüber berichtet, dass sich einige Eltern nicht mehr auf die Politik verlassen wollen. Angesichts steigender Infektionszahlen wollen diese ihren Kindern die Teilnahme am Präsenzunterricht nicht länger gestatten.
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    Eltern müssen sich an die Schulpflicht halten

    Gebert: Nicht nur die Eltern sind sauer und verunsichert, auch einzelne Kommunen würden gerne ihre Schulen wieder schließen, weil die Zahl der Neuinfektionen steigt. Dortmund zum Beispiel, der Bürgermeister dort wurde aber von der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen sofort wieder zurückgepfiffen. Dr. Felix Winkler ist Fachanwalt mit Schwerpunkt Schulrecht.[*] Bleiben wir mal bei dem Beispiel Dortmund. Gibt es da rechtlich kein Vertun, also ist in diesem Fall nicht die Kommune, sondern die Landesregierung diejenige, die den Hut auf hat?
    Felix Winkler: Richtig, das heißt hier, in dem ganzen Bereich entscheidet immer die Landesregierung, ob die Schulen wieder aufmachen und ob Präsenzunterricht stattfindet oder Distanzunterricht. Die Stadt Dortmund hat hier leider keine Handhabe.

    Bis zu 5.000 Euro Bußgeld

    Gebert: Man muss also auf das hören, was aus dem Ministerium kommt. Wenn wir jetzt vermehrt aber Eltern haben, die ihre Kinder trotz Präsenzpflicht zu Hause lassen und zum Boykott vielleicht sogar aufrufen, was sind da mögliche rechtliche Konsequenzen?
    Winkler: Wenn das Ministerium sagt, dass im Prinzip ein Präsenzunterricht stattfindet, haben sich die Eltern aufgrund der Schulpflicht daran zu halten. Ein Boykott wäre natürlich eine denkbare Möglichkeit der Eltern, rein rechtlich gesehen wäre da eigentlich nicht zu zu raten. Hintergrund ist der, das Schulgesetz Nordrhein-Westfalen gibt die Möglichkeiten, Bußgeldverfahren durchzuführen, wenn die Eltern sich verweigern und die Kinder nicht zur Schule schicken. Das heißt, das kann bis zu 5000 Euro Bußgeld nach sich ziehen, deshalb sollte man sich das in der Tat wirklich gut überlegen.
    Mundmasken und Jacken hängen im Flur der Schule an einem Kleiderhaken. Die Schulen bleiben während des Corona-Lockdowns geschlossen. 
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    Gebert: Sieht das in anderen Bundesländern ähnlich aus, was wissen Sie da?
    Winkler: Grundsätzlich ist es so, jedes Bundesland hat unterschiedliche Schulgesetz, aber das mit dem Ordnungsgeld- oder Bußgeldverfahren ist sicherlich auch in anderen Bundesländern so geregelt.
    Gebert: Welche Chance habe ich überhaupt als Mutter oder als Vater, wenn ich mein Kind eben nicht in die Schule schicken und schützen will vor einer möglichen Infektion, was kann ich tun?
    Winkler: Eigentlich würde noch die Möglichkeit bestehen, dass man gegen die aktuelle Corona-Betreuungsverordnung, die kann auch in den Ländern unterschiedlich heißen, in Nordrhein-Westfalen heißt sie Corona-Betreuungsverordnung, vor dem Oberverwaltungsgericht ein Eilverfahren anstrebt und dort klären lässt, ob die Kinder verpflichtet sind, tatsächlich in den Präsenzunterricht zu gehen.

    Gerichte kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen

    Gebert: Wir haben ja einzelne Entscheidungen schon erlebt zum Thema Maskenpflicht im Unterricht, haben da aber auch erlebt, dass die Gerichte deutschlandweit sehr unterschiedlich reagieren und urteilen.
    Winkler: Genau, absolut richtig. Das heißt also, hier ist es so, dass die Gerichte vollkommen unterschiedliche Entscheidungen treffen. Aktuell auch in Nordrhein-Westfalen gab es Anfang März eine Entscheidung, wo Oberstufenschüler im Prinzip wieder in den Präsenzunterricht gehen wollen und sich darauf berufen haben, dass die Grundschüler ja schon wieder im Präsenzunterricht sind. Da hat zum Beispiel das Oberverwaltungsgericht, also das höchste Verwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen, entschieden, dass das vollkommen in Ordnung sei, dass hier die Landesregierung differenziert zwischen Grundschülern und älteren Schülern, weil die zum Beispiel im Distanzunterricht vielleicht auch besser mit Medien auskennen, also dort besser lernen können.
    Genau, jetzt sieht es genau andersherum aus, jetzt ist der Präsenzunterricht da, und es ist wohl auch gerade noch ein Verfahren anhängig beim Oberverwaltungsgericht, wo jetzt Eltern gegen vorgehen wollen, dass die Kinder in den Präsenzunterricht gehen. Das heißt, es gibt immer unterschiedliche Auffassungen. Letztendlich entscheiden halt die Gerichte, drei bis fünf Richter, je nachdem, ob es eine Kammer oder ein Senat ist, und die entscheiden das dann. Das kann zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen führen.

    Anfragen an den Schulanwalt steigen

    Gebert: Haben Sie denn im Moment tatsächlich ein wenig mehr zu tun als Fachanwalt mit Schwerpunkt Schulrecht, weil vermehrt Eltern, Familien sich zumindest eine Information holen wollen, welche Chance sie haben?
    Winkler: Genau, Anfragen gibt es jetzt mehr, seitdem die Corona-Betreuungsverordnung in kraft getreten ist, die hat sich dann teilweise fast wöchentlich geändert. Deshalb war das mit diesen Eilverfahren recht schwierig, weil wenn man ein Eilverfahren einleitet bei Gericht, dauert das, auch wenn das Eilverfahren heißt, grundsätzlich mehrere Wochen, bis dann eine Entscheidung getroffen wird. Das konnte also dazu führen, dass sich die Corona-Betreuungsverordnung schon wieder geändert hat, also ein ganz anderer Sachverhalt wieder zugrunde lag, aber Anfragen gibt es vermehrt, das ist richtig.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

    [* ] Anmerkung d. Red.: Wir haben an dieser Stelle die Berufsbezeichnung unseres Gesprächspartners korrigiert.