Für Reinhard Mey ist es das Geräusch der Freiheit: das Dröhnen der Motoren. Bei den Mitgliedern der Bürgervereinigung Berlin-Brandenburg BVBB heißt das Geräusch: Fluglärm - und ist ein echtes Problem: Denn dort wo sie wohnen, wird er in Zukunft noch erheblich zunehmen, sagen sie:
"Also in den Stoßzeiten wird das minütlich der Fall sein, weil man 85 Flugzeuge in der Stunde wegbekommen muss von 1000, die am Tag fliegen."
Ferdi Breidbach ist Ehrenvorsitzender der BVBB. Seit 1996 kämpft er gegen den Großflughafen BBI in Schönefeld - bisher auf ziemlich verlorenem Posten. Sein kleines Häuschen steht in Diedersdorf, ein Ort, der jetzt schon von Schönefeld aus überflogen wird.
"Wir haben hier ja Erfahrung, es wird ja hier geflogen Tag und Nacht, über Diedersdorf sind die Flughöhen zwischen 280 und 350 Meter, wir haben hier bis zu 75 Dezibel im Extremfall, aber immer um die 70. Das entspricht einem lauten Staubsauger - auf jeden Fall."
Breidbach beobachtet genau, was sich gerade in Stuttgart abspielt, ärgert sich ein bisschen, dass der Widerstand gegen die Flughafenplanung nie zu solch einer Massenbewegung wurde.
"Ich schaue dahin, weil ich da eine Streitkultur sehe, die ich für höchst demokratisch halte. Wo ich kein Verständnis für habe, dass Politiker - angefangen von Frau Künast über Herrn Gabriel - sich dort in einer Form solidarisieren, die völlig außer Acht lässt, dass es dort im Kern um Bäume geht, um ein unterirdisches Gebäude, um etwas schnellere Eisenbahn-Zeiten, während hier am BBI geht's um Menschen, deren Existenz, deren Eigentum und Ähnliches und dazu sind die Herrschaften nicht bereit sich zu äußern, das halte ich für politische Heuchelei in höchstem Maße."
Bei ihrem Widerstand hat die BVBB einen anderen Weg eingeschlagen: Sie sammelte 2,3 Millionen Euro, um damit Klagen gegen das Flughafenprojekt zu finanzieren; und scheiterte vor Gericht. Was beim Protest gegen BBI fehlte, war die Komponente des zivilen Ungehorsams, sagt Ferdi Breitbach heute.
"Da kann man wirklich neidisch sein, wegen der dort vorhandenen Streitkultur. Aber warten wir doch mal ab, was hier noch passiert. Wenn hier die Menschen erkennen, dass das BBI-Projekt von der wirtschaftlichen Seite, von der Finanzierungsseite, von den Heimlichtuereien, von den Versuchen Fakten zu vertuschen zumindest genauso schlimm ist wie in Stuttgart, dann bin ich nicht ganz sicher, ob hier der Frieden bleiben wird, der im Moment da ist."
In die Hände spielen könnte den Flughafengegnern die momentane Debatte um die Flugrouten. Vielleicht bringt sie mehr Menschen auf die Straße, hofft Breidbach. Aus den Plänen war schon lange zu erkennen, was vielen Bewohnern der Region erst jetzt klar geworden ist: Die Grobplanung durch die deutsche Flugsicherung sieht vor, dass die Flugzeuge zukünftig nicht nur die Gemeinden westlich des BBI wie Mahlow-Blankenfelde oder Bohnsdorf im Osten überfliegen sollen. Auch Gemeinden südlich von Berlin im sogenannten Speckgürtel und die eher gut betuchten südlichen Berliner Stadteile Zehlendorf, Nikolassee, Wannsee und Steglitz liegen plötzlich in der Flugschneise. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragte deshalb letzte Woche eine aktuelle Stunde des Brandenburger Landtags. Richtig in Erregung geriet aber Hans-Peter Goetz von der FDP. Er wohnt in Teltow, einer der Gemeinden, die nach den aktuellen Plänen künftig vom Fluglärm betroffen sein könnten:
"Alle vier Minuten wird künftig über die Region Teltow-Stahnsdorf-Kleinmachnow von Großbeeren kommend ein Flugzeug hinweggehen. Es gibt drei Kitas und Horte in der Nachbarschaft mit insgesamt 485 Kindern. Zuletzt wurde 2010 ein Spielplatz gebaut für 90.000 Euro. Zusammen Investitionen der Stadt Teltow für mehr als 7,5 Millionen Euro. Und Hunderte betroffener Kinder, die das eben dann mit diesen Lärmbelastungen, die zu erwarten sind, nicht mehr nutzen können."
Nach den Erfahrungen aus Stuttgart hoffen viele Neu-Betroffenen darauf, dass mit genügend Protest die Routenführung noch geändert werden kann - und wenigstens ihre Stadtteile vom Fluglärm verschont bleiben. Für diejenigen wie Ferdi Breidbach, deren Häuser auf jeden Fall überflogen werden, gibt es nur die Hoffnung, dass der Flughafen gar nicht in Betrieb gehen wird :
"Wenn Sie sich einmal anschauen, welche Projekte mit Milliardeninvestition unmittelbar vor der Fertigstellung schon mit einem Federstrich wieder gestrichen worden sind, die mit der gleichen Begründung ins Leben gerufen worden sind wie Stuttgart 21 oder BBI. Alles demokratisch entschieden, alles rechtsstaatlich, die Gerichte haben bestätigt, und dann wurden diese Projekte gestrichen."
Beispiele gibt es viele, sagt Breidbach: die Atommüllwiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf, die Kernkraftwerke Whyl und Mülheim-Kärlich, der schnelle Brüter in Kalkar sowie die Brandenburger Beispiele Cargolifter, Chemie-Spremberg und die Chipfabrik in Frankfurt/Oder. Gut für die Flughafengegner: Im nächsten Herbst wählt Berlin ein neues Abgeordnetenhaus und der regierende Bürgermeister Klaus Wowereit ist Vorsitzender des BBI-Aufsichtsrates.
"Politiker haben halt die Eigenschaft, dass sie dann, wenn sie ihre Mandate gefährdet sehen, innerhalb von 24 Stunden in einen Umdenkprozess gehen und mit einem Federstrich die Steuergelder, die sie schon in den Sand gesetzt haben, auch noch beerdigen."
Breidbach muss es wissen. Der jetzt 72-Jährige war selbst Abgeordneter im Deutschen Bundestag, von 1969 bis 1980 saß er dort für die CDU.
"Also in den Stoßzeiten wird das minütlich der Fall sein, weil man 85 Flugzeuge in der Stunde wegbekommen muss von 1000, die am Tag fliegen."
Ferdi Breidbach ist Ehrenvorsitzender der BVBB. Seit 1996 kämpft er gegen den Großflughafen BBI in Schönefeld - bisher auf ziemlich verlorenem Posten. Sein kleines Häuschen steht in Diedersdorf, ein Ort, der jetzt schon von Schönefeld aus überflogen wird.
"Wir haben hier ja Erfahrung, es wird ja hier geflogen Tag und Nacht, über Diedersdorf sind die Flughöhen zwischen 280 und 350 Meter, wir haben hier bis zu 75 Dezibel im Extremfall, aber immer um die 70. Das entspricht einem lauten Staubsauger - auf jeden Fall."
Breidbach beobachtet genau, was sich gerade in Stuttgart abspielt, ärgert sich ein bisschen, dass der Widerstand gegen die Flughafenplanung nie zu solch einer Massenbewegung wurde.
"Ich schaue dahin, weil ich da eine Streitkultur sehe, die ich für höchst demokratisch halte. Wo ich kein Verständnis für habe, dass Politiker - angefangen von Frau Künast über Herrn Gabriel - sich dort in einer Form solidarisieren, die völlig außer Acht lässt, dass es dort im Kern um Bäume geht, um ein unterirdisches Gebäude, um etwas schnellere Eisenbahn-Zeiten, während hier am BBI geht's um Menschen, deren Existenz, deren Eigentum und Ähnliches und dazu sind die Herrschaften nicht bereit sich zu äußern, das halte ich für politische Heuchelei in höchstem Maße."
Bei ihrem Widerstand hat die BVBB einen anderen Weg eingeschlagen: Sie sammelte 2,3 Millionen Euro, um damit Klagen gegen das Flughafenprojekt zu finanzieren; und scheiterte vor Gericht. Was beim Protest gegen BBI fehlte, war die Komponente des zivilen Ungehorsams, sagt Ferdi Breitbach heute.
"Da kann man wirklich neidisch sein, wegen der dort vorhandenen Streitkultur. Aber warten wir doch mal ab, was hier noch passiert. Wenn hier die Menschen erkennen, dass das BBI-Projekt von der wirtschaftlichen Seite, von der Finanzierungsseite, von den Heimlichtuereien, von den Versuchen Fakten zu vertuschen zumindest genauso schlimm ist wie in Stuttgart, dann bin ich nicht ganz sicher, ob hier der Frieden bleiben wird, der im Moment da ist."
In die Hände spielen könnte den Flughafengegnern die momentane Debatte um die Flugrouten. Vielleicht bringt sie mehr Menschen auf die Straße, hofft Breidbach. Aus den Plänen war schon lange zu erkennen, was vielen Bewohnern der Region erst jetzt klar geworden ist: Die Grobplanung durch die deutsche Flugsicherung sieht vor, dass die Flugzeuge zukünftig nicht nur die Gemeinden westlich des BBI wie Mahlow-Blankenfelde oder Bohnsdorf im Osten überfliegen sollen. Auch Gemeinden südlich von Berlin im sogenannten Speckgürtel und die eher gut betuchten südlichen Berliner Stadteile Zehlendorf, Nikolassee, Wannsee und Steglitz liegen plötzlich in der Flugschneise. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragte deshalb letzte Woche eine aktuelle Stunde des Brandenburger Landtags. Richtig in Erregung geriet aber Hans-Peter Goetz von der FDP. Er wohnt in Teltow, einer der Gemeinden, die nach den aktuellen Plänen künftig vom Fluglärm betroffen sein könnten:
"Alle vier Minuten wird künftig über die Region Teltow-Stahnsdorf-Kleinmachnow von Großbeeren kommend ein Flugzeug hinweggehen. Es gibt drei Kitas und Horte in der Nachbarschaft mit insgesamt 485 Kindern. Zuletzt wurde 2010 ein Spielplatz gebaut für 90.000 Euro. Zusammen Investitionen der Stadt Teltow für mehr als 7,5 Millionen Euro. Und Hunderte betroffener Kinder, die das eben dann mit diesen Lärmbelastungen, die zu erwarten sind, nicht mehr nutzen können."
Nach den Erfahrungen aus Stuttgart hoffen viele Neu-Betroffenen darauf, dass mit genügend Protest die Routenführung noch geändert werden kann - und wenigstens ihre Stadtteile vom Fluglärm verschont bleiben. Für diejenigen wie Ferdi Breidbach, deren Häuser auf jeden Fall überflogen werden, gibt es nur die Hoffnung, dass der Flughafen gar nicht in Betrieb gehen wird :
"Wenn Sie sich einmal anschauen, welche Projekte mit Milliardeninvestition unmittelbar vor der Fertigstellung schon mit einem Federstrich wieder gestrichen worden sind, die mit der gleichen Begründung ins Leben gerufen worden sind wie Stuttgart 21 oder BBI. Alles demokratisch entschieden, alles rechtsstaatlich, die Gerichte haben bestätigt, und dann wurden diese Projekte gestrichen."
Beispiele gibt es viele, sagt Breidbach: die Atommüllwiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf, die Kernkraftwerke Whyl und Mülheim-Kärlich, der schnelle Brüter in Kalkar sowie die Brandenburger Beispiele Cargolifter, Chemie-Spremberg und die Chipfabrik in Frankfurt/Oder. Gut für die Flughafengegner: Im nächsten Herbst wählt Berlin ein neues Abgeordnetenhaus und der regierende Bürgermeister Klaus Wowereit ist Vorsitzender des BBI-Aufsichtsrates.
"Politiker haben halt die Eigenschaft, dass sie dann, wenn sie ihre Mandate gefährdet sehen, innerhalb von 24 Stunden in einen Umdenkprozess gehen und mit einem Federstrich die Steuergelder, die sie schon in den Sand gesetzt haben, auch noch beerdigen."
Breidbach muss es wissen. Der jetzt 72-Jährige war selbst Abgeordneter im Deutschen Bundestag, von 1969 bis 1980 saß er dort für die CDU.