Archiv


Proteste gegen Castor-Transporte

Hoch- und mittelaktiver Atommüll lagert in Karlsruhe auf dem Gelände der Wiederaufarbeitungsanlage. Die soll vollständig abgerissen werden. Deshalb muss der Atommüll jetzt nach Lubmin in ein anderes Zwischenlager. Etwa 700 Atomkraftgegner waren zum Protest gekommen.

Von Uschi Götz |
    "Mich persönlich interessiert Karlsruhe schon seit vielen Jahren, in dieser Richtung, dass wir alles, was die Atomindustrie in diesem Land jemals gemacht hat, oder vorhatte, besser gesagt, im Vorfeld immer schon in Karlsruhe im Kernforschungszentrum dann exorziert wurde. So auch das Thema 60.000 Liter Atomsuppe."

    Sagt Herbert Würth vom Aktionsbündnis Neckarwestheim während seine Mitstreiter eine warme Atomsuppe essen. Die Suppe, die auf die Schiene gebracht werden soll, ist weniger einladend:

    "Es geht konkret um 60.000 Liter Atomsuppe, die schon seit Jahren, man muss sagen Jahrzehnten in Karlsruhe vorhanden sind. Hochgefährlich, da sind 16 Kilogramm Plutonium drin, über 500 Kilogramm Uran, vergleichbar mit Atombomben haben wir hier ein Potenzial von 15 bis 25 Atombomben, das hier heute Nacht klammheimlich transportiert werden soll."

    Klammheimlich schleichen die Atomkraftgegner noch vor Mitternacht von ihrem zugewiesenen Platz davon und setzen sich drei Kilometer weiter auf die Bahnschienen. Ein paar Demonstranten kommen aus den nördlich gelegenen Bundesländern, doch der Großteil von ihnen ist in dieser Nacht wohl aus Baden-Württemberg:

    "Heute geht es uns vor allem darum, einfach Flagge zu zeigen. Dass uns das einfach stinkt. Klar können wir hier jetzt nichts bewegen, aber wir sind da, das ist schon mal was."

    Mehrere Polizeieinheiten rücken an. Die Blockierer werden drei Mal aufgefordert zu gehen, dann werden sie von den Polizisten von den Gleisen weggetragen.

    Die Polizei nimmt rund 300 Atomkraftgegner nur wenige Meter von den Schienen entfernt in Gewahrsam. Sie haben gegen ein zweitägiges Versammlungsverbot verstoßen und werden nun mehrere Stunden festgesetzt. Am Himmel kreisen zwei Hubschrauber. Der Castor Transport macht sich nun ungehindert auf den Weg in Richtung Lubmin. Insgesamt fünf Behälter werden auf dem Zug transportiert. Jürgen Schöfer von der Karlsruher Polizei:

    "Aus meiner Sicht lief der Einsatz planmäßig, es gab – aus meiner Sicht - keine besonderen Vorkommnisse. Man hat ja auch gehört, selbst die Sprecher der Demonstration haben immer wieder bekundet, dass sie mit dem Verhalten der Polizei, wie ich meine, einverstanden waren. Wir haben versucht mit unseren Anti-Konflikt-Teams deeskalierend zu wirken, das ist uns gelungen. Wir haben auch in einer recht raschen Zeit die Gleise wieder frei geräumt, insofern sind wir jetzt für das Erste zufrieden und hoffen, dass wir jetzt den Castor störungsfrei weiter bringen, dass er dann die Landesgrenze passieren kann."

    Ein Polizist erlitt Verletzungen während der nächtlichen Aktion, einige Demonstranten sollen leichte Verletzungen davongetragen haben.

    "Gegen zehn Personen wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wegen Beleidigung und Verdacht des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte."

    Um sechs Uhr stoppt der Transport noch einmal im Karlsruher Güterbahnhof zum Umkoppeln. Dann setzt der Castor-Transport seine Fahrt ungestört durch Baden-Württemberg in Richtung Würzburg fort. Die Atomkraftgegner haben mit einer anderen Route gerechnet.