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Proteste gegen Champions-League-Reform
"Wie eine Super League light"

Wenn sich Fans von Bayern und Dortmund zusammenschließen, dann muss viel im Argen liegen. Es geht um die Reform in der UEFA Champions League. Die Fans sind wütend. Kaum sind sie in die Stadien zurückgekehrt, machen sie ihrem Unmut Luft.

Von Christian Stülpnagel |
Stop UCL Reforms - Football for Millions of Fans not for Billions of Euro steht auf Transparenten in Dortmund und München.
Stop UCL Reforms - Football for Millions of Fans not for Billions of Euro steht auf Transparenten in Dortmund und München. (IMAGO / MIS)
Ihre Botschaft haben die Fans in Großbuchstaben auf die Banner geschrieben. "Stoppt die UCL-Reformen. Fußball ist für Millionen von Fans, nicht für Milliarden von Euro." Steht da schwarz auf gelb, in der Dortmunder Arena beim Champions League-Spiel gegen Sporting Lissabon. Einen Tag später, beim Champions League Heimspiel der Bayern gegen Kiew, der gleiche Schriftzug, in weiß auf rot. Die Fans der beiden Kurven, in sportlichen Sachen sonst nicht gerade die besten Freunde, vereinigen sich, um gegen die beschlossenen Reformen der Champions League zu protestieren.
"Natürlich gibt es da… was heißt gemeinsame Interessen," sagt Jonas Hagemeier vom Bayern-Fanclub "Club Nr. 12", der sich an dem gemeinsamen Protest beteiligt hat: "Man hat natürlich mit den gleichen Gegebenheiten umzugehen. Und natürlich gibt es Berührungspunkte, die uns als Bayern-Fans betreffen, wie sie auch die Dortmund-Fans betreffen. Was nicht heißt, dass wir beste Freunde mit Dortmund jetzt werden."

"Für uns ist das eine grundsätzliche Frage"

Gemeinsame Berührungspunkte. Damit meint Hagemeier den Protest gegen das, was die UEFA mit der Champions League plant: Die soll ab 2024 noch größer werden: 100 zusätzliche Spiele, 36 statt bisher 32 Teilnehmer und ein neues Qualifikationssystem, dass großen Clubs auch dann Startplätze garantiert, selbst wenn es mal in einem Jahr schlecht in der Liga läuft. Das hebelt den sportlichen Wettbewerb aus, findet Christopher Giogios vom Dortmunder Fanmagazin "Schwatzgelb". Für ihn ist in der Diskussion "untergegangen, dass die Champions League Reform eine Super League light ist." Also eine Veranstaltung für die superreichen Klubs, die ihre Vormachtstellung in Europa sichern wollen. Den Fans geht es aber nicht nur um die Änderungen beim Champions-League Modus,
"Für uns ist es ja eine grundsätzlichere Frage" ,wie Martin Endemann von der Fanvereinigung Football Supporters Europe erklärt: "Es geht vor allem um Governance, also wer entscheidet dann über solche Dinge. Und da muss man sagen in der Vergangenheit wurde das in Hinterzimmern zwischen der Uefa und der European Club Association ausgehandelt, und niemand anderes hatte bei uns irgendetwas einzutragen."

In Dortmund ist der Frust besonders groß

Als Fanvertreter hat Endemann Kontakt zu wichtigen Entscheidungsträgern bei der UEFA. Und der Protest, so sagt er, geht nicht ungehört an den Funktionären vorbei: "Vielleicht jetzt noch nicht so laut. Aber ich weiß auf jeden Fall, dass die Banner in Dortmund und in München auch in der UEFA-Zentrale angekommen sind. Also ist es nicht so, dass man das nicht wahrnimmt und realisiert. Aber natürlich denken diese vielleicht bisher auch: Ach, erstmal sind es ja nur zwei Stadien, das geht dann noch."
Bei den Fans von Borussia Dortmund ist der Unmut derzeit besonders groß. Denn ihr Verein hat sie in den vergangenen Wochen und Monaten gleich mehrfach aufgeregt, wie Christopher Giogios vom Fanmagazin "Schwatzgelb" es beschreibt. "Da geht um Sachen, die für die Fans einfach nicht verhandelbar sind. So etwas wie: Wir spielen in schwarz-gelb. Oder: Wir haben das Vereinslogo auf der Brust. Oder: Wir bekennen uns zu unserer nationalen Liga und machen nicht bei so einer Art Super League mit. Und da muss man schon sagen, hat man immer wieder das Gefühl, dass der BVB seine Grenzen austestet und guckt, was können wir den Leuten zumuten."

"Fans können eine gewisse Power ausüben"

Dass das Banner gegen die Champions-League-Reform beim Lissabon-Spiel vom Verein auch noch abgehängt wurde, hat die Stimmung nicht gerade verbessert: "Das lässt einen auch da wieder mit einem diffusen Gefühl zurück, wenn an einem Spieltag, wo der Champions-League-Präsident (gemeint ist UEFA-Präsident Ceferin, d. Red.) in der Loge zu Gast ist, kritische Spruchbänder abgehängt werden. Von daher kann man in letzter Zeit schon sagen, dass es eine Entwicklung ist, die ein bisschen ins Negative geht."
Die Fans haben schließlich ein Ersatzplakat hochgehalten. Bayern-Fan Jonas Hagemeier findet es wichtig, dass die Fans ihre Meinung im Stadion weiterhin sichtbar machen: "Generell denke ich, dass diese Proteste zur Super League gezeigt haben, dass Fans immer ein Mitspracherecht haben. Und dass Fans, vor allem wenn sie sich zusammenschließen, auch eine gewisse Power ausüben können, um positive Veränderungen hervorzurufen."

Das Verhältnis zwischen Fans und Vereinen ist abgespannt

Auch die massiven Fan-Proteste führten dazu, dass die Super-League-Pläne von 12 Topclubs schon Stunden nach Ausrufung wieder beerdigt wurden. "Gleichzeitig muss man aber auch sehen, dass wir jetzt eineinhalb Jahre Geisterspiele hatten, wo wir gesehen haben, dass Fans den Vereinen gerne auch mal egal sind."
Derzeit ist es in den Stadien noch ruhig, weil die viele Ultra-Gruppen wegen der Corona-Regeln noch nicht zurück in den Stadien sind. Aber das könnte sich bald schon wieder ändern, glaubt Dortmund-Fan Giogios: "Es kann schon sein, dass wenn die Fans im Stadion dann wieder vollzählig aktiv sind, dass dann auch solche Protesthandlungen wieder zunehmen, weil dann auch mehr Plattformen zur Verfügung stehen, um sich dann auch zu äußern."