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Proteste gegen Corona-Regeln
Kein Interesse an "Deeskalationsteams"

Journalistinnen und Journalisten sollen bei den nächsten Protesten gegen die Corona-Maßnahmen von sogenannten Deeskalationsteams begleitet werden. Doch es sei für einen Journalisten nicht erstrebenswert, eingebettet in die Strukturen des Anmelders zu arbeiten, so Jörg Reichel, dju-Landesgeschäftsführer Berlin-Brandenburg.

Jörg Reichel im Gespräch mit Annika Schneider |
"Coronawahnsinn stoppen" steht auf einem Banner, das Teilnehmer auf der Demonstration gegen die Corona-Beschränkungen auf dem Boulevard Unter den Linden zeigen.
Demonstration gegen Corona-Maßnahmen in Berlin (dpa/ Paul Zinken)
Seit Wochen demonstrieren Menschen gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung - ein vielfältiges Bündnis aus Impfgegnern, selbst ernannten Bürgerrechtsgruppen, aber auch Rechtspopulisten. Immer wieder sind bei diesen Demonstrationen, etwa in Berlin oder Stuttgart, Journalisten angefeindet oder auch körperlich bedrängt worden.
Bei den kommenden Demonstrationen versprechen die Veranstalter nun einen besseren Schutz und wollen den Journalistinnen und Journalisten sogenannte Deeskalationsteams zur Seite stellen. In diesem Zusammenhang sollten sich die Berichterstatter auch akkreditieren. Journalistenorganisationen allerdings kritisieren den Vorschlag und verweisen darauf, dass bei Demonstrationen im öffentlichen Raum grundsätzlich keine Akkreditierungen notwendig sei.
Tausende haben am 1. August in Berlin gegen die Coronaregeln demonstratiert, unter ihnen viele Verschwörungstheoretiker.
Demonstration gegen die Corona-Regeln in Berlin. (dpa-picture alliance / NurPhoto / Emanuele Contini)
"Wir sind nicht im Irak"
Aus Sicht des Deutschen Journalisten Verbandes (DJV) erinnert die Begleitung von Deeskalationsteams an "Embedded Journalism" etwa in Kriegsgebieten. "Wir sind aber nicht im Irak, wo die Kriegsberichterstattung lebensgefährlich war, sondern in Berlin", so der DJV in einer Stellungnahme.
Jörg Reichel, der Landesgeschäftsführer der Deutschen Journalistinnen und Journalisten Union (dju) Berlin-Brandenburg erklärte im Deutschlandfunk, dass Journalistinnen und Journalisten grundsätzlich unabhängig und frei berichten möchten. Es sei daher nicht erstrebenswert, embedded - also integriert oder eingebettet in die Strukturen des Anmelders - zu arbeiten. "Wir raten davon ab, diese Art von Deeskalationsteam wahrzunehmen", so Reichel.
Zweifel an den Motiven
Darüber hinaus äußerte er grundsätzliche Zweifel an den Motiven der Veranstalter. "Wir glauben ihnen diese Sorgen nicht", so Jörg Reichel, "es gibt seit einiger Zeit vordergründig von ihnen das Bekenntnis zur Abgrenzung in Sachen Rechtsextremismus. Es ist aber so, dass aktuell für genau die Kundgebung, die die Anmelder angemeldet haben, Rechtsextreme bundesweit aufrufen und genau für diese Veranstaltung gibt es dann keine Distanzierung."
Tausende feiern das Ende der Pandemie und den Tag der Freiheit in Berlin mit einem Umzug durch das Regierungsviertel am 1. August 2020
Corona-Demo im Regionalfernsehen - Unzulässige politische Werbung?
Immer wieder demonstrieren Menschen gegen die Corona-Maßnahmen - viele von ihnen sind unzufrieden mit der Berichterstattung. In Stuttgart soll der Initiator der Proteste Sendezeit bei einem Regional-Fernsehsender gekauft haben. Doch das widerspricht dem politischen Werbungsverbot.
Kollegen, die über die Demonstration berichten, rät Reichel, sich im Zweifelsfall zurückzuziehen: "Wenn die Polizei die Journalistinnen und Journalisten nicht unterstützt in ihrer Arbeit und nicht für einen aktiven Schutz sorgt, wird nur eine Berichterstattung aus der Distanz möglich sein."