Archiv

Proteste gegen Erzbischof
Homophobie in polnischer Kirche?

Von einer neuen "Seuche in den Farben des Regenbogens" hatte der Erzbischof von Krakau, Marek Jedraszewski, in einer Rede zum Jahrestag des Warschauer Aufstands gesprochen. Dies sei homophob, sagen seine Gegner und demonstrieren gegen den Erzbischof. Er bekommt auch Ärger von katholischer Seite.

Von Florian Kellermann |
Eine Frau hält bei einer Demonstration in Krakau am 4. August 2019 ein Plakat, auf dem steht: "Jedraszewski ins Gefängnis". Menschen neben ihr halten eine Regenbogenfahne in die Höhe. Der Protest richtet sich gegen den Erzbischof von Krakau, Marek Jedraszewski, der die polnische LGBT-Bewegung mit einer Seuche verglichen hatte.
"Jedraszewski ins Gefängnis": Protest gegen die LGBT-feindlichen Aussagen des Erzbischofs von Krakau (imago images / ZUMA Press / Omar Marques)
Erzbischof Marek Jedraszewski hielt die Predigt zum Jahrestag des Warschauer Aufstandes vergangene Woche. Zigtausende junge Polen hatten vor 75 Jahren zu den Waffen gegriffen, um die deutschen Besatzer aus ihrer Hauptstadt zu vertreiben. Ein verzweifelter Kampf, der mit über 150.000 Toten endete, viele von ihnen ermordete polnische Zivilisten. Genug Stoff also für eine Predigt, doch der Kirchenobere setzte einen anderen Akzent:
"Seuche in den Farben des Regenbogens"
"Die rote Seuche geht glücklicherweise nicht mehr über unser Land. Aber das heißt nicht, dass es nicht eine neue Seuche gäbe, die unsere Seelen, Herzen und unser Denken beherrschen will. Nicht die marxistisch-bolschewistische Seuche, aber aus dem gleichen Geist geboren. Eine neomarxistische Seuche - nicht in Rot, sondern in den Farben des Regenbogens."
Der neue Erzbischof von Krakau, Marek Jedraszewski, während des Inaugurationsgottesdienstes in der Kathedrale auf dem Wawelhügel am 28.01.2017
Der Erzbischof von Krakau, Marek Jedraszewski (imago stock&people/Zumba Press/Artur Widak)
Es waren die bisher radikalsten Worte aus der polnischen katholischen Kirche zur Debatte um die LGBT-Bewegung.
Erzbischof Jedraszewski stellte sich damit demonstrativ an die Seite der rechtskonservativen Regierungspartei PiS. Die spricht seit Monaten davon, dass diejenigen, die für Schwule und Lesben eintreten, die traditionelle polnische Kultur bedrohten. So der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski: Bei einem Treffen mit Anhängern sagte er, Polen solle zwar ein so wohlhabendes Land werden wie die westlichen EU-Länder. Aber:
"Dafür müssen wir uns denen, die da im Westen sind, nicht gleich machen. Wir müssen nicht unter einer Regenbogen-Fahne stehen, wir können unter der weiß-roten Flagge stehen bleiben."
Bischofskonferenz auf Seite der PiS
Besondere Brisanz erhielt das Thema Mitte Juli. Nationalisten griffen in Bialystok eine Demonstration für die Rechte von Homosexuellen an. Steine und Feuerwerkskörper flogen, einige Menschen wurden verletzt. Einige Kommentatoren warfen der PiS vor, sie habe diesen Hass geschürt.
Parteiführer Jaroslaw Kaczynski bei der Kommunalwahl in Warschau am 21. Oktober 2018
Der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski (Mitte) (dpa / Tomasz Gzell)
Die katholische Bischofskonferenz stellt sich klar auf die Seite der PiS. In einer Erklärung bezeichnet sie die Postulate der LGBT-Bewegung als "Ideologie". Diese werde den Polen aufgezwungen. Die Bischofskonferenz gratulierte einem Polen, der vom Möbelhaus Ikea entlassen wurde. Der Mitarbeiter hatte im Intranet des Unternehmens gegen einen Aufruf protestiert, sich für die Einbindung von Homosexuellen einzusetzen. Dabei zitierte er aus dem dritten Buch Mose. Die Bibel-Stelle spricht davon, dass Homosexuelle zum Tod verurteilt werden sollten. Laut Bischofskonferenz habe der Mitarbeiter damit - Zitat - "den Glauben im Alltag verteidigt".
So sehen das viele polnische Geistliche, auch Bogdan Bartold, leitender Pfarrer in der Warschauer Domgemeinde:
"Wir sind alle empört, dass diese Zeiten zurückkehren, an die ich mich noch erinnere. Das war im Kommunismus, als man wegen seiner Überzeugung entlassen werden konnte. Es gehört zur Lehre der Kirche, dass Sexualität nur innerhalb der Ehe gestattet ist. Außerhalb der Ehe nennen wir das Sünde. Sollte ich nicht das Recht haben, das meinen Gläubigen zu sagen?"
Ein Teil der Katholiken fühlt sich angegriffen dadurch, dass Schwulenorganisationen zum Beispiel die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare fordern.
Protest gegen Erzbischof Jedraszewski
Die Aussage von Erzbischof Jedraszewski allerdings hat umgekehrt viele Polen verletzt und auch für Protest bei anderen Geistlichen gesorgt. Der Dominikanermönch Pawel Guzynski rief Gläubige dazu auf, dem Erzbischof Protest-Briefe zu schicken. Diese sollten ihn dazu bewegen, von seinem Amt zurückzutreten. Guzynski meint: Worte wie die von Jedraszewski könnten Gewalt legitimieren:
"Ich muss die Menschen aus der LGBT-Bewegung verteidigen und sagen: Wir dürfen ihnen gegenüber keine Gewalt anwenden. Das darf kein Argument in dieser Debatte sein. Die Kirche darf diese Debatte nicht dadurch verlieren, dass sie sich aggressiv ausdrückt oder dass sie sich irgendwie in Gewalt gegen diese Menschen verwickeln lässt."
Heute Abend soll es in Warschau eine Demonstration gegen Jedraszewski geben.