Türkei
Erdogan weist Kritik an der Inhaftierung von Imamoglu als „Theatralik“ zurück

Der türkische Präsident Erdogan hat in seiner ersten Stellungnahme zur Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Imamoglu Kritik der Opposition als übertriebene Reaktion abgetan. Die Opposition ruft zu neuen Demonstrationen auf.

    Porträt von Recep Tayyip Erdogan, der ein weißes Hemd, eine rote Krawatte und ein schwarzes Sakko trägt und an der Kamera vorbeischaut.
    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan (picture alliance / abaca / Europa Press / Diego Radames)
    „Wir haben weder Zeit für sinnlose Debatten zu verschwenden, noch Unmengen an Geld, mit denen wir leichtfertig umgehen können“, sagte Erdogan in einer Ansprache in Ankara und sprach von „Theatralik der Opposition“. Die Ziele der oppositionellen Republikanischen Volkspartei seien nicht die Themen des Landes, sondern die Themen einer Handvoll Opportunisten in ihrem Hauptquartier.
    Der festgenomme Imamoglu verlangte nach seiner Festnahme hingegen eine Reaktion der türkischen Justiz. Staatsanwälte und Richter müssten handeln und sich um eine Handvoll Ihrer Kollegen kümmern, die die Justiz ruinierten und die Türkei in der ganzen Welt in Verruf brächten, hieß es auf seinem Profil auf der Plattform X. Die Justiz könne und dürfe nicht schweigen. Imamoglu rief außerdem die Bevölkerung zum Ungehorsam auf. Es sei an der Zeit, die Stimme zu erheben.

    Landesweite Proteste – weitere Festnahmen

    Unterdessen gingen die Proteste gegen das Vorgehen der türkischen Justiz weiter.
    Die türkische Polizei ging in Istanbul mit Gummigeschossen und Tränengas gegen Anhänger Imamoglus vor. Trotz eines Demonstrationsverbots hatten sich tausende Menschen vor dem Rathaus der Millionenstadt versammelt. Der Parteichef von Imamoglus Partei CHP, Özel, kritisierte das Vorgehen der Polizei. Özel warf Präsident Erdogan vor, er habe seinen aussichtsreichsten Rivalen aus dem Weg räumen wollen.
    Nach der Verhaftung Imamoglus wurden weitere 37 Menschen wegen angeblich „provokanter“ Beiträge in sozialen Medien festgenommen. Innenminister Yerlikaya betonte, die Behörden hätten mehr als 260 Konten mit Beiträgen identifiziert, die nach seiner Darstellung zu Straftaten und Hass aufstachelten. Etliche soziale Netzwerke sowie Kurznachrichtendienste sind nur noch eingeschränkt nutzbar.

    Ermittlungen wegen Korruption und Unterstützung einer Terrorgruppe

    Imamoglu war am Mittwoch festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation, Korruption und Unterstützung der verbotenen kurdischen PKK vor. Inzwischen wurde Imamoglus Bauunternehmen beschlagnahmt. Die Kontrolle über „Imamoglu Construction“ sei basierend auf Untersuchungsberichten zu Finanzkriminalität von einem Strafgericht übernommen worden, hieß es.
    Imamoglus Sieg bei der Bürgermeisterwahl 2019 in Istanbul, der bevölkerungsreichsten Stadt und Provinz, gilt als bis dahin größte Niederlage der Partei Erdogans. Seine islamisch-konservative AKP hatte die Metropole bis dahin regiert. Bei den Kommunalwahlen 2024 gewann Imamoglu in Istanbul ein weiteres Mal.

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    Lage in der Türkei nach Festnahme von Imamoglu (Audio)
    Diese Nachricht wurde am 20.03.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.