Der Siegesplatz im Herzen Bukarests am Abend des 10. August. Chaos bricht aus, Tränengasgranaten detonieren, in der Luft hängt ein beißender Geruch. Die Augen brennen, jeder Atemzug ist schmerzhaft. Wer kann, flieht über die breiten Boulevards, die sternförmig auf den Platz zulaufen. Doch das gelingt nicht allen. Dieser junge Mann sieht noch ziemlich mitgenommen aus:
"Ja, es war ziemlich schlimm, besonders für die Augen. Für die Nase und den Mund habe ich das Tuch hochgezogen."
Das Tränengas verschießt die Gendarmerie. Ein ursprünglich militärischer Verband mit polizeilichen Aufgaben. Auf dem Siegesplatz hat die Gendarmerie eine Schutzzone errichtet um den Regierungspalast. Doch inzwischen kommt es überall auf dem Platz zu Zusammenstößen.
"Ja, es war ziemlich schlimm, besonders für die Augen. Für die Nase und den Mund habe ich das Tuch hochgezogen."
Das Tränengas verschießt die Gendarmerie. Ein ursprünglich militärischer Verband mit polizeilichen Aufgaben. Auf dem Siegesplatz hat die Gendarmerie eine Schutzzone errichtet um den Regierungspalast. Doch inzwischen kommt es überall auf dem Platz zu Zusammenstößen.
Rückblick: Die Demonstration beginnt am späten Nachmittag ohne Gewalt. Immer mehr Menschen strömen zum Siegesplatz, die Stimmung ist nicht bedrohlich, aber auch nicht fröhlich, denn die Menschen sind wütend auf die sozialdemokratisch geführte Regierung:
"So viele arme Leute in Rumänien, ohne Geld, ohne Chance zum Leben und ich will diese Guvern [Regierung; Anm. d. Red.] nicht mehr sehen, wenn sehe ich so viel klauen, Geld klauen von uns."
Gheorghe Nicorut trägt schwarz-rot-gold, denn er lebt eigentlich in Deutschland, in der Nähe von Mannheim. Wie viele andere auf dem Siegesplatz schmückt er sich mit dem Landesfarben seiner Wahlheimat. Denn zu der Demonstration haben Auslandsrumänen aufgerufen. Mehr als vier Millionen Rumänen leben im Ausland, der sozialdemokratisch geführten Regierung stehen sie mehrheitlich kritisch gegenüber. Sie nutzen die Urlaubszeit, um die inländische Zivilgesellschaft zu unterstützen, die nun schon seit anderthalb Jahren immer wieder auf die die Straße geht. Unternehmer Gheorghe Susa ist aus Berlin angereist:
"Ich weiß nicht, ob sie ein Beispiel von uns nehmen oder nicht. Aber ich glaube, es wäre der richtige Zeitpunkt jetzt aufzustehen und zu sagen: Wir machen etwas."
Gewaltexzess bis spät in die Nacht
Gegen 18:30 Uhr kippt die Stimmung. Eine Gruppe gewaltbereiter junger Männer greift die Gendarmerie an der Absperrung zum Parlamentspalast an. Später werden sie als Hooligans bezeichnet, doch bisher ist unklar, wer sie genau waren. Opposition und Aktivisten mutmaßen, es könnten bezahlte Provokateure oder gar Kriminelle gewesen sein. In hohem Bogen prasseln Plastikflaschen und Transparente auf die Gendarmen nieder, diese antworten mit Tränengas.
Das ist der Startschuss zu einem Gewaltexzess, der bis spät in die Nacht andauern wird. Die Gendarmen liefern sich Straßenschlachten mit den Gewalttätern, deren Zahl ist schwer zu schätzen, später wird von mehreren Dutzend die Rede sein. Irgendwann unterscheidet die Gendarmerie nicht mehr, viele friedliche Demonstranten kommen unter die Räder. 450 Menschen müssen notverarztet werden, darunter auch Gendarmen.
Das ist der Startschuss zu einem Gewaltexzess, der bis spät in die Nacht andauern wird. Die Gendarmen liefern sich Straßenschlachten mit den Gewalttätern, deren Zahl ist schwer zu schätzen, später wird von mehreren Dutzend die Rede sein. Irgendwann unterscheidet die Gendarmerie nicht mehr, viele friedliche Demonstranten kommen unter die Räder. 450 Menschen müssen notverarztet werden, darunter auch Gendarmen.
Wie konnte es zu dieser exzessiven Gewalt auf dem Siegesplatz kommen? Und von wem ging sie aus? Die Demonstranten geben eindeutig der Gendarmerie die Schuld, wahllos geprügelt zu haben, anstatt die Gewalttäter zu isolieren.
Aktivist Cristian-Mihai Dide ist seit anderthalb Jahren bei jeder Demonstration dabei, die Gewalt des 10. August lässt ihn entsetzt zurück:
"Ich habe erwartet, dass es vielleicht zur Gewalt kommen könnte, aber ich habe mir nicht vorstellen können, dass es so übel ausgehen wird. Sie wollen uns Angst einjagen, indem sie Gewalt anwenden. Deswegen machen sie das."
"Ich habe erwartet, dass es vielleicht zur Gewalt kommen könnte, aber ich habe mir nicht vorstellen können, dass es so übel ausgehen wird. Sie wollen uns Angst einjagen, indem sie Gewalt anwenden. Deswegen machen sie das."
Mehr als 200 Menschen haben inzwischen Strafanzeige gegen die Gendarmerie gestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt rund um den umstrittenen Einsatz. Das Parlament hat Sommerpause und die rumänische Innenministerin Carmen Dan äußert sich erst rund 24 Stunden später.
Das war kein Konflikt zwischen Gendarmen und friedlichen Demonstranten oder Rumänen aus der Diaspora, sondern mit Hooligans, die gegen den Staat aktiv waren. Die Gendarmerie muss die Sicherheit überwachen und die öffentliche Ordnung wiederherstellen, wenn es Probleme gibt, und das war der Fall.
Carmen Dan kritisiert auch Klaus Iohannis, der sich aus ihrer Sicht unerlaubterweise in die Untersuchungen einmischt. Denn der rumänische Präsident bewertet den Einsatz der Gendarmerie an diesem schwarzen Freitag völlig anders als sie und ihre Parteigenossen der sozialdemokratischen PSD. Das Vorgehen und die unbegründete Aggressivität der Gendarmen auf dem Siegesplatz seien nicht hinnehmbar, sagt Iohannis, als er sich in einem Video an die Öffentlichkeit wendet.
"Die gewalttätige, brutale Repression gegenüber Demonstrierenden ist inakzeptabel. Der Angriff auf unschuldige Menschen, der Angriff auf Journalisten, der Angriff auf Frauen und Kinder, all das ist undenkbar in einem europäischen Staat und die Schuldigen müssen identifiziert und schleunigst bestraft werden."
Neue Gesetze im Schnellverfahren
Die Proteste richten sich gegen neue Gesetze im Justizbereich, die die sozialdemokratisch geführte Regierung mit ihrer satten Parlamentsmehrheit in den letzten Monaten beschlossen hat. Im Schnellverfahren und unter Missachtung der Änderungsanträge, wie die Opposition kritisiert. Rumänien sei mit den neuen Gesetzen ein Paradies für Straftäter geworden, so spitzt es der Oppositionsabgeordnete Dan Barna zu. Er ist Chef der kleinen Antikorruptionspartei "Union zur Rettung Rumäniens":
"Seit eineinhalb Jahren kämpfen wir im Parlament und die Menschen auf der Straße und dabei geht es nicht um Krankenhäuser, das Bildungssystem oder die beste Strategie zur Entwicklung der Infrastruktur, sondern es geht immer um die Justiz. Und es ging immer um die Frage ob es dem Parlamentspräsidenten Dragnea gelingt, dem Gefängnis zu entgehen oder nicht. Und das hat einen große Frust in der Bevölkerung verursacht. Gerade war ich zehn Tage im Land unterwegs und in Gesprächen mit den Menschen habe ich immer wieder eins gehört: Wir wollen diese Diebe loswerden. Und es waren auch Wähler der Sozialdemokraten darunter, die meine Petition unterschrieben haben."
Mit seiner Petition will der Oppositionspolitiker Dan Barna ein landesweites Referendum durchsetzen. Denn er möchte in der rumänischen Verfassung verankern, dass verurteilte Straftäter oder auf Bewährung Verurteilte, keine öffentlichen Ämter bekleiden dürfen.
Das würde auch Liviu Dragnea betreffen, den mächtigen Chef der regierenden Sozialdemokraten. Gegen Dragnea wird wegen Veruntreuung von EU-Millionen ermittelt, er ist wegen Wahlmanipulation vorbestraft und wurde vor kurzem wegen Beihilfe zum Amtsmissbrauch in erster Instanz verurteilt. Sein Gesicht mit dem stets akkuraten Schnurrbart ziert bei den Protesten viele Schilder. Denn für Regierungskritiker steht der vorbestrafte Parlamentspräsident geradezu symbolhaft für Rechtsbeugung und Korruption im Land. Auch diesen Rumänen macht das wütend.
"Dieses Land wird geführt von einem verurteilten Straftäter. Ich schäme mich sagen zu müssen, dass ich ein gebürtiger Rumäne bin.
"Muie PSD". Das ist der Claim der Protestbewegung in Rumänien. Der Spruch verbindet den Parteinamen der regierenden Sozialdemokraten mit einem Kraftausdruck, der sich schwer übersetzen lässt. "Fuck PSD" trifft es am ehesten. Der Spruch hat in diesem Sommer eine steile Karriere gemacht. Auf Demonstrationen ist Muie PSD immer wieder zu hören und zu sehen, auf T-Shirts, auf Regenschirmen und vor allem auf Autonummernschildern. Denn alles begann mit einem Nummernschild aus Schweden.
"Als ich in Schweden war, wollte ich mir ein Auto kaufen und ich dachte, wenn es ein teures Auto wird, lasse ich mir ein Wunschkennzeichen darauf machen."
Neuer Audi mit Wunschkennzeichen: MUIE PSD
Razvan Stefanescu ist eher der stille Typ. Der hochgewachsene und gutaussehende Mann Mitte 40 ist gerade auf Heimaturlaub in Bukarest, denn eigentlich lebt er in Schweden, wo er als Kraftfahrer arbeitet. Kurz vor dem Urlaub kauft er sich einen teuren Audi und sein Wunschkennzeichen ist ein Statement gegen die rumänische Regierung.
"Sie lügen die Leute an, sie lügen die armen Leute an. Ich habe Freunde, die sagen, mein Sohn möchte ins Kino gehen, aber ich habe kein Geld. Was soll ich ihm sagen, fragen sie mich, warum kann er nicht ins Kino?"
Razvan Stefanescu überlegt lange, welchen Spruch er auf sein schwedischen Nummernschild drucken lassen soll, er wälzt sogar Wörterbücher. Am Ende entscheidet er sich für "Muie PSD" und greift einen Spruch auf, der schon vereinzelt auf Demonstrationen zu sehen war.
"Ich wollte etwas aussuchen, das legal ist. Denn ich wollte keine Probleme haben".
Doch es kommt anders. Razvan Stefanescu will mit seinem 9-jährigen Sohn einen Ausflug machen, als ihn ein Polizeiwagen überholt und zum Anhalten auffordert:
"Dann wollte er meine Papiere sehen, ich gab ihm die Papiere und dann sagte er, dass ich die Nummernschilder abmontieren soll. Dann fingen sie an, das Kennzeichen abzuschrauben und ich filmte sie dabei."
"Sie lügen die Leute an, sie lügen die armen Leute an. Ich habe Freunde, die sagen, mein Sohn möchte ins Kino gehen, aber ich habe kein Geld. Was soll ich ihm sagen, fragen sie mich, warum kann er nicht ins Kino?"
Razvan Stefanescu überlegt lange, welchen Spruch er auf sein schwedischen Nummernschild drucken lassen soll, er wälzt sogar Wörterbücher. Am Ende entscheidet er sich für "Muie PSD" und greift einen Spruch auf, der schon vereinzelt auf Demonstrationen zu sehen war.
"Ich wollte etwas aussuchen, das legal ist. Denn ich wollte keine Probleme haben".
Doch es kommt anders. Razvan Stefanescu will mit seinem 9-jährigen Sohn einen Ausflug machen, als ihn ein Polizeiwagen überholt und zum Anhalten auffordert:
"Dann wollte er meine Papiere sehen, ich gab ihm die Papiere und dann sagte er, dass ich die Nummernschilder abmontieren soll. Dann fingen sie an, das Kennzeichen abzuschrauben und ich filmte sie dabei."
Das Video verbreitet sich auf Facebook wie ein Lauffeuer und macht den Spruch "Muie PSD" landesweit bekannt. Razvan Stefanescu kommt mit einer Strafanzeige davon, weil sein Nummernschild nur Buchstaben und keine Ziffern enthält. Und er wird zur nationalen Berühmtheit. Als politischen Aktivisten sieht er sich selbst aber nicht:
"Nein. Ich habe PSD draufgeschrieben, weil sie jetzt an der Macht sind. Und weil sie so sind, wie sie sind, wären sie gut, hätte ich keinen Grund, mich zu beklagen."
Cristian-Mihai Dide ist vom Typ ist eine Art Manager des zivilen Ungehorsams und im Umgang mit den Medien erfahren. Im Gegensatz zu Razvan Stefanescu nennt er sich ganz klar:
"Aktivist! Ich mache das die letzten zwei Jahre. Gerade kämpfe ich gegen das Innenministerium, hauptsächlich gegen die Gendarmerie, die sehr viel dafür tun, die Meinungsfreiheit zu beschneiden. In Bukarest insbesondere haben wir ein großes Problem mit der Meinungsfreiheit und gerade kämpfe ich gegen die Behörden, weil sie gegenüber friedlichen Demonstranten ihre Macht missbrauchen."
Iona Duia ist gehörlos und redet verwendet die Gebärdensprache. Er gehört zu den Demonstranten der ersten Stunde und sein Fall ist besonders kurios: Die Gendarmerie wirft ihm vor, an einer unerlaubten Demonstration teilgenommen haben. Beweisen sollen das die lautstarken Rufe des Gehörlosen. 450 Euro Strafe soll er zahlen, in Rumänien eine Stange Geld. Cristian-Mihai Dide dazu:
"Auf dem Strafbefehl stand, dass er sein Missfallen gegen die Regierungspartei ausgedrückt hat, indem er sie angebrüllt hat. Wir fanden das sehr witzig. Das ist nur vor Gericht dann gestrichen worden."
Cristian Mihai Dide gehört zu den bekanntesten Gesichtern der Protestbewegung in Rumänen. Auch am 10.August ist Cristian Mihai Dide ein gefragter Mann und tingelt zwischen seinem Büro und dem Siegesplatz hin und her, wo später 100.000 Menschen demonstrieren werden. Uns gibt er zum Abschied noch folgendes mit auf den Weg:
"Wenn das Volk einen demokratischen Staat möchte, muss es seine Macht zeigen. Das Volk muss auf die Straßen und sagen: Guckt mal wir sind 100.000 Menschen, wir sind mit euren Entscheidungen unzufrieden. 100.000 Menschen, das ist nichts, was du ignorieren kannst."
"Nein. Ich habe PSD draufgeschrieben, weil sie jetzt an der Macht sind. Und weil sie so sind, wie sie sind, wären sie gut, hätte ich keinen Grund, mich zu beklagen."
Cristian-Mihai Dide ist vom Typ ist eine Art Manager des zivilen Ungehorsams und im Umgang mit den Medien erfahren. Im Gegensatz zu Razvan Stefanescu nennt er sich ganz klar:
"Aktivist! Ich mache das die letzten zwei Jahre. Gerade kämpfe ich gegen das Innenministerium, hauptsächlich gegen die Gendarmerie, die sehr viel dafür tun, die Meinungsfreiheit zu beschneiden. In Bukarest insbesondere haben wir ein großes Problem mit der Meinungsfreiheit und gerade kämpfe ich gegen die Behörden, weil sie gegenüber friedlichen Demonstranten ihre Macht missbrauchen."
Iona Duia ist gehörlos und redet verwendet die Gebärdensprache. Er gehört zu den Demonstranten der ersten Stunde und sein Fall ist besonders kurios: Die Gendarmerie wirft ihm vor, an einer unerlaubten Demonstration teilgenommen haben. Beweisen sollen das die lautstarken Rufe des Gehörlosen. 450 Euro Strafe soll er zahlen, in Rumänien eine Stange Geld. Cristian-Mihai Dide dazu:
"Auf dem Strafbefehl stand, dass er sein Missfallen gegen die Regierungspartei ausgedrückt hat, indem er sie angebrüllt hat. Wir fanden das sehr witzig. Das ist nur vor Gericht dann gestrichen worden."
Cristian Mihai Dide gehört zu den bekanntesten Gesichtern der Protestbewegung in Rumänen. Auch am 10.August ist Cristian Mihai Dide ein gefragter Mann und tingelt zwischen seinem Büro und dem Siegesplatz hin und her, wo später 100.000 Menschen demonstrieren werden. Uns gibt er zum Abschied noch folgendes mit auf den Weg:
"Wenn das Volk einen demokratischen Staat möchte, muss es seine Macht zeigen. Das Volk muss auf die Straßen und sagen: Guckt mal wir sind 100.000 Menschen, wir sind mit euren Entscheidungen unzufrieden. 100.000 Menschen, das ist nichts, was du ignorieren kannst."
Neue Justizgesetze gelten als korruptionsfreundlich
Die Veränderungen im rumänischen Strafgesetzbuch und der Strafgesetzordnung haben die Proteste immer wieder angefacht. Wegen Korruption Verurteilte und Korruptionsverdächtige sollen künftig leichter straffrei davonkommen. Amtsmissbrauch künftig mit maximal fünf Jahren bestraft werden. Und überhaupt nur noch strafbar sein, wenn der Amtsmissbrauch einem Täter oder dessen Familie einen persönlichen Vorteil verschafft. Freunde oder Kollegen können damit also leicht begünstigt werden.
Die umstrittenen Gesetze betreffen auch Richter und Staatsanwälte. Bei Justizirrtümern und Schadensersatzforderungen sollen sie leichter zur Kasse gebeten oder sogar ins Gefängnis kommen können. Zudem soll der Justizminister weit mehr Einfluss auf Postenbesetzungen haben als bisher. Und noch ein Punkt begünstigt aus Sicht der Kritiker die Korruption, anstatt sie zu bekämpfen: Wegen Diebstahls, Steuerhinterziehung oder Geldwäsche Verdächtige sollen dann nicht mehr in Untersuchungshaft kommen, bereits gefällte Urteile angefochten werden können.
Von den neuen Gesetzen profitieren Spitzenpolitiker wie Liviu Dragnea, der mächtige Chef der regierenden Sozialdemokraten. Weil er vorbestraft ist, kann Liviu Dragnea zwar nicht zum Premierminister aufsteigen, doch andere Spitzenämter verbietet ihm kein Gesetz. Als Parlamentspräsident zieht Liviu Dragnea die Fäden in der Regierung und er gilt als Schattenpremier Rumäniens. Seine Intimfeinde sind die Ermittler der international anerkannten rumänischen Antikorruptionsbehörde, kurz DNA.
"Die Antikorruptionsbehörde ist eine Willkürjustiz, die sich auf erfundene Beweise, Bedrohungen und Inszenierungen stützt. Darum geht es hier."
Vor allem die unbeirrbare Staatsanwältin Laura Codruta Kövesi war dem mächtigen Liviu Dragna ein Dorn im Auge. Bis vor kurzem war sie Chefin der Antikorruptionsbehörde und auf einer Bilanzpressekonferenz im Februar wurde Laura Codruta Kövesi wie immer deutlich. Die Justiz sei unter dem Beschuss der Politik:
"Wir können nicht über 2017 sprechen, ohne auf die Herausforderungen dieses Jahres hinzuweisen. Die Versuche, Gesetze zu verändern und die beispiellosen Angriffe auf uns und auf unsere Tätigkeit. Es wurden Gesetzesänderungen vorgeschlagen, die eine Entkriminalisierung gewisser Straftaten wie Korruption verfolgten, die Abschaffung gewisser rechtlicher Instrumente und ein anderer Status von Staatsanwälten."
Im Juli 2018 muss Laura Codruta Kövesi gehen. Auf Betreiben der Regierung wird Präsident Iohannis gezwungen, die Staatsanwältin abzusetzen. Sie geht mit folgenden Worten.
"Und am Ende meine Botschaft für die Rumänen und für die rumänische Gesellschaft: Die Korruption kann besiegt werden. Gebt nicht auf!"
Liviu Dragnea verkündet unterdessen, Staatsanwälte und Geheimdienste hätten die Macht in Rumänien übernommen und würden herrschen wie die kommunistische Securitate. Auch Präsident Iohannis sei Teil dieses angeblichen Parallelstaats, den EU und NATO unterstützen würden.
Die umstrittenen Gesetze betreffen auch Richter und Staatsanwälte. Bei Justizirrtümern und Schadensersatzforderungen sollen sie leichter zur Kasse gebeten oder sogar ins Gefängnis kommen können. Zudem soll der Justizminister weit mehr Einfluss auf Postenbesetzungen haben als bisher. Und noch ein Punkt begünstigt aus Sicht der Kritiker die Korruption, anstatt sie zu bekämpfen: Wegen Diebstahls, Steuerhinterziehung oder Geldwäsche Verdächtige sollen dann nicht mehr in Untersuchungshaft kommen, bereits gefällte Urteile angefochten werden können.
Von den neuen Gesetzen profitieren Spitzenpolitiker wie Liviu Dragnea, der mächtige Chef der regierenden Sozialdemokraten. Weil er vorbestraft ist, kann Liviu Dragnea zwar nicht zum Premierminister aufsteigen, doch andere Spitzenämter verbietet ihm kein Gesetz. Als Parlamentspräsident zieht Liviu Dragnea die Fäden in der Regierung und er gilt als Schattenpremier Rumäniens. Seine Intimfeinde sind die Ermittler der international anerkannten rumänischen Antikorruptionsbehörde, kurz DNA.
"Die Antikorruptionsbehörde ist eine Willkürjustiz, die sich auf erfundene Beweise, Bedrohungen und Inszenierungen stützt. Darum geht es hier."
Vor allem die unbeirrbare Staatsanwältin Laura Codruta Kövesi war dem mächtigen Liviu Dragna ein Dorn im Auge. Bis vor kurzem war sie Chefin der Antikorruptionsbehörde und auf einer Bilanzpressekonferenz im Februar wurde Laura Codruta Kövesi wie immer deutlich. Die Justiz sei unter dem Beschuss der Politik:
"Wir können nicht über 2017 sprechen, ohne auf die Herausforderungen dieses Jahres hinzuweisen. Die Versuche, Gesetze zu verändern und die beispiellosen Angriffe auf uns und auf unsere Tätigkeit. Es wurden Gesetzesänderungen vorgeschlagen, die eine Entkriminalisierung gewisser Straftaten wie Korruption verfolgten, die Abschaffung gewisser rechtlicher Instrumente und ein anderer Status von Staatsanwälten."
Im Juli 2018 muss Laura Codruta Kövesi gehen. Auf Betreiben der Regierung wird Präsident Iohannis gezwungen, die Staatsanwältin abzusetzen. Sie geht mit folgenden Worten.
"Und am Ende meine Botschaft für die Rumänen und für die rumänische Gesellschaft: Die Korruption kann besiegt werden. Gebt nicht auf!"
Liviu Dragnea verkündet unterdessen, Staatsanwälte und Geheimdienste hätten die Macht in Rumänien übernommen und würden herrschen wie die kommunistische Securitate. Auch Präsident Iohannis sei Teil dieses angeblichen Parallelstaats, den EU und NATO unterstützen würden.
Liviu Dragnea nennt Korruption "Bullshit"
Ausländischen Medien gibt Liviu Dragnea so gut wie nie ein Interview. Beim ARD Studio Wien macht er Ende 2016 eine seltene Ausnahme. Das Gespräch dreht sich auch um Korruption und am Ende macht er eine verräterische Bemerkung: Er möge diese Art der politischen Debatte nicht, sondern wolle über das Parteiprogramm und die Zukunft Rumäniens diskutieren und nicht über solchen "bullshit" – Entschuldigung – wie Korruption.
"I don’t like this kind of political debate. I want to discuss about the program, about the romanian future. Not this kind of bullshit, sorry. corruption, I don’t know, many things."
Der Analyst Radu Magdin hat in der Vergangenheit die Sozialdemokraten beraten. Den umstrittenen Schattenpremier Rumäniens Liviu Dragnea sieht er so:
"Dragnea ist ein sehr pragmatischer Parteichef und ich denke er ist viel klüger als die meisten denken. Was die Justizgesetze angeht, hat er eine Menge Leute hinter sich. Auch die größte Oppositionspartei, die PNL, ist betroffen. Alle Parteien deren Mitglieder angeklagt wurden finden im Grunde, dass der Kampf gegen die Korruption zu schnell oder zu weit gegangen ist."
Anders als die regierenden Sozialdemokraten und die liberale ALDE Partei hat die PNL allerdings alle korrupten und korruptionsverdächtigen Politiker aus Führungspositionen entfernt. Die Bilanz der Antikorruptionsbehörde kann sich übrigens in der Tat sehen lassen: Allein 2017 haben die Sonderstaatsanwälte mehr als 11.000 Fälle bearbeitet. In 3.800 Fällen konnten sie die Ermittlungen abschließen und eintausend neue Anklagen erheben. Ein Drittel davon gegen hochrangige Beamte oder Politiker, darunter drei Minister. 2017 wurden darüber hinaus mehr als 700 Angeklagte rechtskräftig verurteilt. Für den Bukarester Politanalysten Dan Tuturica ist das der Beweis, dass sich in Rumänien etwas bewegt hat.
"Als die Sozialdemokraten 2005 die Wahl verloren haben, gab es in Rumänien zum ersten Mal eine echte Demokratisierung im Bereich der Justiz. Ich gebe Ihnen ein Beispiel von früher: Wenn ein höherer kommunistischer Funktionär, sagen wir mal, eine Frau überfahren hat, dann passierte nichts. Er musste nicht einmal seinen Führerschein abgeben. Und auch bei einem Mord gab es keine Gerechtigkeit. Und dann zu sehen, dass sich Minister vor Gericht verantworten und erklären müssen, woher sie ihr Vermögen haben oder wie ihre Unterschrift auf ein Dokument kommt, dann ist das eine Revolution. Wir sind Zeugen einer Revolution."
Ob einfacher Bezirksbürgermeister oder mächtiger Regierungschef. Korruption und Amtsmissbrauch sind seit Jahren auf allen politischen Ebenen ein Problem in Rumänien. Seit 2011 gibt es immer wieder Proteste dagegen und mehrere Regierungen mussten bereits zurücktreten. Seit Ende 2016 sind in Rumänien wechselnde sozialdemokratisch geführte Regierungen an der Macht. Diese haben die rumänische Justiz inzwischen zum Teil unter politische Kontrolle gestellt. Nach der Gewalt auf dem Siegesplatz am 10. August 2018 zieht Präsident Klaus Iohannis eine bittere Bilanz:
"In den vergangenen eineinhalb Jahren hat die sozialdemokratische Partei die Gesellschaft durch eine chaotische und irrationale Regierung verstört. Gleichzeitig sind umstrittene oder offen gegen die Verfassung gerichtete Gesetze verabschiedet worden. Staatsanwälte und Richter werden immer wieder angegriffen. Was hat diese Regierung eigentlich vor mit den Rumänen?"
Die Folgen der umstrittenen Justizgesetze, die sind unterdessen sehr konkret. Sollten alle in Kraft treten, sei mit Freisprüchen in 215 Amtsmissbrauchsverfahren zu rechnen, warnt die Antikorruptionsbehörde. Mehr als 2000 Ermittlungsverfahren oder bei Gericht anhängige Verfahren könnten zudem eingestellt werden müssen, das hält Generalstaatsanwalt Augustin Lazar für möglich.
Viele Demonstranten wünschen sich seit langem mehr Unterstützung aus Brüssel und sie hoffen, dass vielleicht die anstehende Ratspräsidentschaft Anfang 2019, den Fokus auf Rumänien lenkt. Denn so viel ist sicher: Das Land steht vor weiteren Protesten.