In sozialen Netzwerken waren Bilder und Filme des Demonstrationszugs zu sehen. Laut Korrespondenten sollen sich bis zu 100.000 Menschen beteiligt haben.
In der Hauptstadt Teheran gingen Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen eine Protestaktion von Ärzten vor. Die Mediziner demonstrierten gegen die Präsenz von Einsatzkräften des Regimes in den Kliniken, wo auch Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Proteste behandelt werden. Augenzeugen bestätigten ein massives Aufgebot von Polizisten und Kontrollen an den Hauptstraßen in Teheran. Gegen Abend kamen in Teheran auch Menschen zusammen, um ausgelassen auf der Straße zu singen. Im Norden der Metropole waren viele Frauen ohne Kopftuch zu sehen, wie Augenzeugen berichteten.
Auch an Universitäten im Iran setzten Studentinnen und Studenten Protestaktionen fort. In Teheran und anderen Landesteilen gab es an den Hochschulen Auseinandersetzungen mit Einsatzkräften, die gewaltsam vorgingen, wie auf Videos in sozialen Netzwerken zu sehen war. Die Echtheit der Filme lässt sich nicht immer überprüfen.
Auslöser der systemkritischen Massenproteste im Iran war der Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini. Die sogenannte Sittenpolizei hatte sie festgenommen, weil sie gegen die iranischen Kleidungsvorschriften verstoßen haben soll. Die Frau starb am 16. September in Polizeigewahrsam. Bei den anschließenden Protesten wurden nach Angaben von Menschenrechtlern mehr als zehntausend Menschen festgenommen, mindestens 240 getötet.
USA reagieren mit Sanktionen auf Polizeigewalt
Die USA haben wegen der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste im Iran Sanktionen gegen 14 iranische Offizielle verhängt. Von den Strafmaßnahmen betroffen sind unter anderem der Geheimdienstchef der iranischen Revolutionsgarden, Mohammad Kasemi, und der Gouverneur der Provinz Sistan-Balutschistan, Hossein Chiabani, wie das US-Außenministerium am Mittwoch mitteilte. Verhängt wurden Sanktionen auch gegen sieben leitende Vertreter der Gefängnisbehörden, einschließlich Verantwortlicher des berüchtigten Ewin-Gefängnisses in Teheran, in dem viele politische Gefangene sind und wo es kürzlich einen tödlichen Brand gegeben hatte.
Auch Deutschland verschärft den Kurs gegenüber Teheran. Es könne kein "Weiter so" in den bilateralen Beziehungen geben, teilte Außenministerin Baerbock mit. Über die auf EU-Ebene beschlossenen Sanktionen hinaus sollen demnach zusätzliche nationale Einreisebeschränkungen verhängt werden. Die ohnehin eingeschränkten Wirtschaftskontakte sollen weiter reduziert werden, auch mit Blick auf noch bestehende Geschäftsbeziehungen iranischer Banken. Der Iran reagierte auf die Strafmaßnahmen und setzte europäische Politiker und Einrichtungen auf eine Sanktionsliste.