US-Chefdiplomat John Kerry verschärft in der Ukraine-Krise den Ton gegenüber Moskau. "Russische Provokateure und Agenten" seien in den Osten der Ukraine geschickt worden, um dort "Chaos zu erzeugen" und separatistische Tendenzen zu unterstützen, sagte Kerry am Dienstag vor Senatoren in Washington. Dieses "plumpe" Vorgehen könnte dem Kreml als konstruierter Vorwand für ein militärisches Eingreifen wie auf der Halbinsel Krim dienen, erklärte Kerry. Er fügte hinzu: "Niemand sollte sich davon täuschen lassen." Mit illegalen und illegitimen Bemühungen versuche Russland, die Ex-Sowjetrepublik zu destabilisieren. Weitere Sanktionen der USA seien deshalb auf dem Tisch - etwa in den Bereichen Energie, Banken und Bergbau.
Kerry trifft Lawrow
Kerry werde sich in der nächsten Woche in Europa mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow treffen, kündigte er an. Moskau erklärte am Dienstag seine Bereitschaft zu einem solchen Treffen, forderte aber die Beteiligung von Vertretern aus dem Süden und Osten der Ukraine. Möglich sei etwa, Kandidaten aus diesen Regionen für die vorgezogene Präsidentenwahl am 25. Mai zu den Gesprächen einzuladen, sagte Lawrow. Vorwürfe des Weißen Hauses, Russland steuere die Proteste im Osten der Ukraine, wies er zurück. "Unsere amerikanischen Partner versuchen die Situation zu analysieren, indem sie anderen ihre eigenen Angewohnheiten nachsagen", sagte Lawrow.
Auch die prowestliche Führung in Kiew geht davon aus, dass die Russen mit Hilfe bezahlter Provokateure die Lage in der Ostukraine destabilisieren wollen. Hintergrund ist die angespannte Situation im Osten der Ukraine. Spezialeinheiten haben dort zwei Verwaltungsgebäude geräumt, die pro-russische Aktivisten besetzt hatten.
NATO ruft Russland zur Zurückhaltung auf
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat Russland vor einem Einmarsch in die Ostukraine gewarnt. "Die Ereignisse in der östlichen Ukraine geben Anlass zu größter Besorgnis", sagte er. "Ich fordere Russland auf, sich zurückzuhalten", fügte Rasmussen hinzu." Jede weitere Bewegung in die Ostukraine hinein wäre eine ernste Verschärfung der Lage statt jener Entschärfung, die wir uns alle wünschen", sagte der NATO-Chef.
"Sollte Russland weiter intervenieren, wäre das ein historischer Fehler. Das hätte gravierende Konsequenzen für unsere Beziehungen zu Russland und würde Moskau international weiter isolieren." Rasmussen forderte den Abzug der im Grenzgebiet zur Ukraine stationierten russischen Truppen. Nach Angaben der NATO-Militärs stehen dort 35.000 bis 40.000 russische Soldaten bereit.
70 Festnahmen nach Räumung
In der Millionenstadt Charkow wurden nach der Räumung des besetzten Verwaltungsgebäudes 70 Menschen festgenommen. Das Präsidialamt in Kiew teilte mit, dass der Einsatz von Übergangspräsident Alexander Turtschinow angeordnet worden sei. Niemand sei verletzt worden. Turtschinow hatte bereits gestern mit einem Anti-Terror-Einsatz gegen die "Separatisten" gedroht, die eine "souveräne Volksrepublik" in Donezk ausgerufen hatten.
In der Nacht hatten sich Gegner und Anhänger der ukrainischen Zentralregierung Auseinandersetzungen in Charkow geliefert. Moskautreue Aktivisten waren in das Gebäude der Regionalverwaltung eingedrungen. Auch in Donezk haben Spezialeinheiten das von pro-russischen Aktivisten besetzte Gebäude geräumt. Die Lage hat sich inzwischen beruhigt, berichtete der Journalist Moritz Gathmann im Deutschlandfunk.
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