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Proteste in Hongkong
"China hat den Widerstand unterschätzt"

Kurz vor dem 70. Jahrestag der Staatsgründung Chinas sei die Regierung in Peking in einer schwierigen Lage, sagte der Politologe Heribert Dieter im Dlf. Die Proteste in Hongkong kämen gerade "sehr ungelegen". Er glaubt aber nicht, dass China seine Truppen in Bewegung setzt. Es stehe zu viel auf dem Spiel.

Heribert Dieter im Gespräch mit Manfred Götzke |
Gegner eines Gesetzes, das die Auslieferung von strafrechtlichen Verdächtigen an das chinesische Festland ermöglichen würde, versammeln sich vor dem Parlamentsgebäude in Honkong.
Proteste in Hongkong (dpa / kyodo)
Die Konsequenzen im Falle eines Einmarsches chinesischer Truppen in Hongkong wären gravierend für Peking, so Heribert Dieter. Mit seinem Sonderstatus sei Hongkong gerade in Zeiten eines Handelskrieges mit den USA von großer Bedeutung, denn für Hongkong hätten die Amerikaner keine Handelsbeschränkungen erlassen. Dahin dürfe exportiert werden. Auch von den von US-Präsident Donald Trump erlassenen Strafzöllen sei Hongkong ausgenommen. All das stünde auf dem Spiel, wenn die Armee in Bewegung gesetzt werde, so der China-Experte von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
Lange habe Hongkong als eine Stadt gegolten, in der es nur ums Geld verdienen ging. "Eine Politisierung war nicht angesagt." Nun sei die Stadt auch emotional in einem Ausnahmezustand. Durch die Proteste, die eben nicht nur von einer kleinen Gruppe mitgetragen würden, sei eine "breite gesellschaftliche Diskussion über die Zukunft Hongkongs entstanden".
Europa muss sich positionieren
Wie zwischen den Demonstranten und der Regierung eine Lösung gefunden werden könnte, sei auch für ihn schwer vorstellbar, sagte Dieter. 2047 endet der Sonderstatus Hongkongs. Selbst wenn bis dahin demokratische Freiheiten wie freie Wahlen festgeschrieben würden, endeten diese auch 2047. Die chinesische Regierung sei hier in schwieriges Fahrwasser geraten und habe den Widerstand gegen ihre Politik unterschätzt.
Europa halte sich seiner Meinung nach zu bedeckt und sollte sich nicht nur positionieren, sondern auch die "liberalen Kräfte in Hongkong stärker verbal unterstützen". Dabei ginge es nicht darum, in den Konflikt einzugreifen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.