Jörg Kachelmann wirft "Bild", "Bild am Sonntag" und "Bild.de" vor, auf schwerwiegende Weise gegen seine Persönlichkeitsrechte verstoßen zu haben. 2010 wurde Kachelmann von einer Ex-Geliebten wegen Vergewaltigung angeklagt - und letztendlich freigesprochen. Die Springermedien hätten - so der Vorwurf Kachelmanns - vor, während und nach dem Prozess eine Kampagne gegen ihn gefahren.
Das Landesgericht Köln hatte Kachelmann daraufhin im September 2015 eine Entschädigung in Höhe von 635.000 Euro zugesprochen. Es war die höchste Summe, die bislang in einem solchem Verfahren einem Kläger zugesprochen wurde. Kachelmann und sein Anwalt hatten ursprünglich sogar eine Summe von 2,25 Millionen Euro gefordert.
Springer wollte Entschädigung drücken
Der Axel-Springer-Konzern ging nach diesem Urteil in Berufung, mit dem Ziel, die Höhe der Schadensersatzzahlung zu drücken. Auch Kachelmanns Anwalt ging in Berufung - um die Summe in zweiter Instanz auf 950.000 Euro zu erhöhen.
Eine zielgerichtete Kampagne von Springer zusammen mit anderen Medien konnten aber weder das Landgericht noch das Oberlandesgericht Köln, das die Berufungsverhandlung führte, erkennen. Die Vorsitzende Richterin Margarete Reske betonte, am Kachelmann-Prozess habe ein "erhebliches Berichterstattungsinteresse" bestanden, unter anderem aufgrund seiner Prominenz und der Schwere des Verdachts. Es sei Aufgabe der Medien gewesen, darüber zu berichten - allerdings mit der gebotenen Zurückhaltung, da es sich nur um einen Verdacht gehandelt habe.
"Missachtung der Würde"
Für unzulässig hielt das Oberlandesgericht unter anderem Fotos, die Kachelmann im Innenhof der Kanzlei seiner Verteidigerin und als Häftling im Gefängnishof zeigen. Besonders auf einem Bild, auf dem er mit nacktem Oberkörper zu sehen sei, sei er "unter Missachtung seiner Würde zur bloßen Belustigung und Befriedigung der Neugier des Publikums vorgeführt worden", teilte das Gericht mit.
Springer war nicht das einzige Haus, von dem sich Kachelmann nach dem Vergewaltigungsprozess verleumdet sah. Entschädigung forderte er auch von anderen Verlagen. Mit Burda einigte er sich 2015 außergerichtlich - über die Konditionen wurde Stillschweigen bewahrt. Mit Springer hingegen scheiterten alle Vergleichsverhandlungen.
(tzi/stfr)