Die Militärpilotin Nadija Sawtschenko ist erneut in einen Hungerstreik getreten. Es ist die Fortsetzung ihres Kampfes mit anderen Mitteln gegen einen Prozess, den ihr ein russisches Gericht derzeit in der Grenzstadt Donezk macht. Das hatte nach den Schlussplädoyers der Anklage am Mittwoch und der Verteidigung gestern den Prozess auf kommenden Mittwoch vertagt. Die impulsive Offizierin hatte die Nahrungsverweigerung Tage vorher angekündigt, sollte das Gericht das Verfahren nicht zügig beenden.
"Wenn das Gericht mehr als zwei Wochen braucht, um das Urteil zu verkünden, das ohnehin längst diktiert und festgeschrieben ist, dann kann es nach meinem Tod tun. Denn ich beginne ab morgen einen Hungerstreik und werde auch auf Getränke verzichten.
Je länger ich solche Männer wie die Staatsanwälte und Ermittler in diesem Verfahren sehe, desto mehr Achtung habe ich vor mir selbst. Als Frau, Soldatin, Mensch. Sie haben mich nicht gebrochen, und sie werden mich niemals brechen."
Höchststrafe gefordert
Die Staatsanwaltschaft forderte fast die Höchststrafe.
"Für Sawtschenko, Nadeschda Viktorowna wird eine Freiheitsstrafe von 23 Jahren beantragt, zu verbüßen in einer Strafkolonie."
Nadija Sawtschanko hatte vor einem Jahr schon einmal über 20 Kilo in einem Hungerstreik verloren und war lebensbedrohlich erkrankt. Der jetzige Hungerstreik ist keine Reaktion auf das hohe Strafmaß, das die Anklage fordert, stellt Mark Feigin, der Anwalt der ukrainischen Soldatin klar.
"Die Anklage fordert für Sawtschenko die Höchststrafe. Mehr als 25 Jahre darf eine Frau nicht bekommen. Und 23 Jahre reichen da nahe heran. Uns hat das nicht erstaunt und auch Sawtschenko nicht."
Nadija Sawtschenko wie ihre Verteidiger halten das Verfahren für eine Farce. Sawtschenko wurde im Juni 2014 auf russisches Territorium entführt und soll sich vor einem russischen Gericht für Vorfälle in der Ostukraine, also in ihrem Heimatland verantworten.
"Ich bin Offizier der ukrainischen Streitkräfte. Ich habe das volle Recht, meine Heimat zu schützen, ich habe meine Pflicht erfüllt. Sie stellen die Veteranen des Großen Vaterländischen Krieges doch auch nicht vor Gericht. Weil es ihre sind? Sie haben kein Recht, über mich zu urteilen."
Politisch entschiedenes Schicksal
Die Abgeordnete, die 2014 - schon in russischer Gefangenschaft - in das ukrainische Parlament gewählt wurde, soll sich wegen Beihilfe zum Mord verantworten. Sie habe die Aufenthaltskoordinaten von zwei russischen Journalisten des Staatsfernsehens an die ukrainische Armee weitergegeben, die dann auf das Team mit Artillerie gefeuert haben soll. Zu diesem Zeitpunkt sei Sawtschenko bereits in der Gewalt prorussischer Separatisten gewesen, argumentierten ihre Verteidiger.
"Die Beweise genügen in keinem Fall für eine Verurteilung, zumal für eine so schwere Strafe, aber sie reichten offenbar, um dieses bestellte Verfahren zur Zufriedenheit des Kremls zu Ende zu bringen."
"Wer davon ausgeht, dass vielleicht noch ein Wunder geschieht, und das Gericht nicht der Staatsanwaltschaft folgt, irrt gewaltig",
sagt der Anwalt Nikolaj Polosow.
"Sawtschenkos Schicksal wird ganz unabhängig davon, welches Urteil gefällt wird, politisch entschieden, die Gespräche werden bereits geführt. Diese schwere Strafe ist lediglich ein Versuch der russischen Regierung, den Preis in die Höhe zu treiben."
Am 9. März soll der Prozess fortgesetzt werden, möglich, dass das Gericht dann das Urteil spricht.