Mit großem öffentlichen Interesse und vielen Sicherheitsmaßnahmen hat in Frankfurt am Main der Prozess um den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke begonnen. In 30 Verhandlungstagen sollen am Oberlandesgericht Frankfurt die Hintergründe der Tat beleuchtet werden, die vor einem Jahr Entsetzen und eine Debatte über Rechtsextremismus in Deutschland ausgelöst hatte.
Der mutmaßliche Täter ist ein vorbestrafter Neonazi und auch ein zweiter Angeklagter hat eine rechtsextremistische Vergangenheit. Lübcke hatte sich 2015 für die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen und war seitdem zu einer Hassfigur der extremen Rechten geworden.
Statt 60 nur 19 Journalisten im Gerichtssal
Für die Berichterstattung ließen sich mehr als 200 Journalistinnen und Journalisten von 70 in- und ausländischen Medien beim Oberlandesgericht akkreditieren. Der Platz im Gerichtssaal ist jedoch aufgrund der Corona-Pandemie stark begrenzt. Während auf der Pressetribüne normalerweise Platz für 60 Medienvertreter ist, können unter den Corona-Bedingungen nur 19 Journalisten dort Platz nehmen. Für 41 weitere gibt es eine Tonübertragung in einen anderen Saal.
Dafür hagelte es vorab Kritik von Journalistenverbänden. Sie forderten eine Videoübertragung, die jedoch aus rechtlichen Gründen abgelehnt wurde. Die Absage sei aus seiner Sicht "nicht überzeugend", sagte Korrespondent Ludger Fittkau, der für den Deutschlandfunk vom Prozess berichtet, im Gespräch mit @mediasres.
Smartphones nur außerhalb des Gerichtssals und offline
Zudem dürften Reporterinnen und Reporter keine Mobiltelefone, Laptops und andere Gegenstände mit in den Gerichtssaal nehmen - im Presseraum müssten Smartphones und Laptops offline gestellt werden. Dies stelle insgesamt eine abschreckende Situation für Journalistinnen und Journalisten dar, so Fittkau.
Kritik kam auch von der renommierten Gerichtsreporterin Annette Ramelsberger in einem Kommentar in der "Süddeutschen Zeitung": Das Oberlandesgericht erschwere Medienvertretern unnötig die Arbeit. Es gefährde so die Pressefreiheit - und nehme dem Verfahren womöglich die Wirkung, die es verdiene.
Ramelsberger hatte unter anderem fünf Jahre lang den NSU-Prozess als Reporterin begleitet, wofür sie 2019 mit dem Sonderpreis des Nannen-Preises für eine außergewöhnliche journalistische Leistung ausgezeichnet wurde.