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Prozess in Teheran
Blasphemievorwurf gegen iranische Künstlerin

Die iranische Künstlerin Parastou Forouhar lebt seit 20 Jahren in Deutschland. Jedes Jahr erinnert sie in Teheran an die Ermordung ihrer Eltern durch das Regime. Jetzt steht sie vor einem iranischen Revolutionsgericht. Der erste Prozesstag hat bereits stattgefunden. Doch er könnte auch der letzte gewesen sein.

Von Werner Bloch |
    Die iranische Konzeptkünstlerin Parastou Forouhar
    Die iranische Konzeptkünstlerin Parastou Forouhar (picture alliance / dpa / Ismael Herrero)
    Die iranische Künstlerin Parastou Forouhar steht in Teheran vor einem Revolutionsgericht. Anklage: Blasphemie und Propaganda gegen das Regime. Doch in Wirklichkeit geht es um den Mord an ihren Eltern vor 20 Jahren
    Der erste Prozesstag gegen Parastou Forouhar könnte zugleich auch der letzte gewesen sein. Als die 55-jährige Künstlerin Sonnabendmittag das Gerichtsgebäude verließ, war kein Urteil gesprochen worden. Parastou Forouhar wirkte erstaunlich entspannt und optimistisch. Kurz nach der Verhandlung sagte sie am Telefon:
    "Jetzt müssen wir abwarten auf das Urteil des Richters, wann es ausgesprochen wird ist nicht klar. Meine Anwältin wird benachrichtigt. Es kann von Wochen bis zwei bis drei Monate dauern."
    Hinter der Anklage steht ein mächtiger Gegner: das sogenannte Informationsministerium - das heißt, der Geheimdienst. Offiziell beschuldigt wird die Künstlerin zweier Vergehen, die im Iran als schwere Straftaten gelten: Propaganda gegen den Staat (darauf steht ein Jahr Gefängnis) und Blasphemie. Höchststrafe: zehn Jahre.
    Der Anlass für die Vorwürfe erscheint vergleichsweise gering. Zwei lange zurückliegende Kunstwerke aus den Jahren 2003 und 2008, die mit bunten Stoffen benäht sind - Tüchern, wie sie während des schiitischen Ashura-Festes benutzt werden. Die Anklage lautet auf "Verstoß gegen das Allerheiligste". Doch die Stoffe, die Parastou Forouhar benutzt hat, sind keineswegs heilig; sie werden auch in Bussen und Taxis als Alltagsgegenstände benutzt
    Der Prozess erweckt den Eindruck, in Wirklichkeit gehe es noch um einen anderen, verborgenen Prozess. Der hängt mit der Ermordung der Eltern von Parastou Forouhar im Jahr 1998 zusammen. Vater und Mutter waren angesehene Reformpolitiker. An ihnen wollte der iranische Geheimdienst offenbar ein Exempel statuieren.
    Gedenken zum Jahrestag der Ermordung
    Seitdem reist Parastou Forouhar jedes Jahr am 22. November in den Iran, um am Jahrestag der Morde eine Gedenkveranstaltung abzuhalten. In diesem Jahr wurde daraus ein beachtlicher Erfolg.
    "Das ganze Haus war voll, und ein großer Teil der Anwesenden waren sehr jung, unter 30, die waren Kinder, als meine Eltern umgebracht worden sind, und die sehen sich irgendwie verpflichtet da hinzukommen um zu zeigen, dass die Aufklärung der politischen Morde auch ihre Angelegenheiten ist."
    Parastou Forouhar hatte für die Gedenkfeier das Motto ausgegeben: zwei Stunden Schweigen. Diese Schweigeperformance in ihrem Elternhaus wurde zum Protest gegen das Regime.
    Durch den Prozess soll Parastou Forouhar offenbar zum Schweigen gebracht werden. Doch die Künstlerin wehrt sich. Sie schlägt zurück und nutzt den Prozess sogar auf ihre Weise, indem sie die fehlende juristische Aufarbeitung der Morde an ihren Eltern einfordert. Das ist peinlich für das Regime.
    Sollte Parastou Forouhar verurteilt werden, bleibt ihr innerhalb von 20 Tagen die Möglichkeit der Revision. Allerdings könnte sich eine solche Verhandlung dann auf unbestimmte Zeit hinziehen.
    Zwar hat der Richter kein Ausreiseverbot verhängt. Sie müsste also ihren Pass zurückbekommen, den man ihr bei der Einreise abgenommen hat. Doch das ist unsicher, wie so vieles im Iran.
    "Die haben das Land in Geiselhaft genommen. Wir müssen auch für unser Recht stehen, dass dieses Land uns Kritikern, uns Andersdenkenden auch gehört. Und das ist unser Bürgerrecht."