Am Montag beginnt vor dem Landgericht Stuttgart der Prozess gegen Anton Schlecker und seine Familie. Es geht um mögliche Straftaten im Zusammenhang mit der Pleite seines Drogeriemarkt-Imperiums. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 72-jährigen unter anderem vorsätzlichen Bankrott vor. Außerdem soll er vor der Insolvenz Vermögenswerte beiseite geschafft und vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt haben. Welche Rolle spielten dabei seine Frau und seine beiden Kinder? Auch diese Frage soll das Verfahren klären. Der Prozess erinnert auch an das Schicksal von Tausenden Beschäftigten, vor allem Frauen, die über Nacht vor dem Nichts standen.
Die Schlecker-Kinder gaben dem Unternehmen ein Gesicht
Meike Schlecker, die Tochter des Unternehmers, trat im Januar 2012 vor die Mikrofone. Sie leistete einen Offenbarungseid, der für viele Beobachter überraschend kam. Meike und ihr Bruder Lars, die beiden Kinder von Anton und Christa Schlecker, gaben dem Unternehmen seit Kurzem ein Gesicht. Ihr Vater selbst zeigte sich schon lange nicht mehr in der Öffentlichkeit.
"Das Vermögen meines Vaters war immer das Unternehmen. Er hat es auch stets abgelehnt, die Rechtsform zu ändern und in beschränkte Haftung zu gehen. Er hätte das jederzeit machen können, wir hatten nie Banken drin, er hat das nie für nötig gehalten. Er sah sich immer in der vollen Verantwortung als Unternehmer."
Einst einer der reichsten Unternehmer der Bundesrepublik
Anton Schlecker führte sein Unternehmen als eingetragener Kaufmann. Ohne Kontrollgremien. Der Erfolg schien ihm zunächst Recht zu geben. Sein Vermögen wurde bisweilen auf über zwei Milliarden Euro geschätzt, er gehörte zu den reichsten Unternehmern der Bundesrepublik. Seine Karriere begann 1975 mit der Eröffnung einer Drogerie im schwäbischen Kirchheim unter Teck. Zwischenzeitlich besaß er 11.000 Filialen in ganz Deutschland. 2012 dann die Pleite.
"Es ist kein signifikantes Vermögen mehr da."
Ob dieser Satz allerdings stimmt, darüber gibt es berechtigte Zweifel. Wenige Monate vor dem Insolvenzantrag wurden Vertreter der Gewerkschaft Verdi zu ihrer Überraschung nach Ehingen an den Stammsitz des Unternehmens eingeladen. Seit ein 2010 mit der Gewerkschaft ausgehandelter Tarifvertrag galt, gingen beide Seiten vertrauter miteinander um. Bernhard Franke von Verdi erinnert sich:
"Wir haben dann ein Gespräch geführt, mit den Geschäftsführern. Die haben dann zum allerersten Mal Farbe bekannt. Dass es wirklich ernst ist, dass es Liquiditätsprobleme gibt, dass sie ein sehr verschärftes Sanierungsprogramm machen müssten."
Die Beschäftigten erfuhren vom Aus durch die Medien
Man verständigte sich darauf, in Kontakt zu bleiben. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse.
"Ich werde das nicht vergessen, ich war gerade in einer Klausurtagung mit meinen Sekretären, als diese Nachricht kam. Dann haben wir sofort diese Tagung abgebrochen, weil dann sofort natürlich ein Sturm über uns hereingebrochen ist. Weil ja alle Beschäftigten, alle Betriebsräte völlig überrascht worden sind von der Nachricht. Es gab da keinerlei Vorwarnung, die Beschäftigten haben tatsächlich aus den Medien erfahren, was mit ihrem Unternehmen passiert."
So erging es auch den Beschäftigten der Schlecker-Filiale in Stetten am kalten Markt, nahe Sigmaringen. Zwar kam immer weniger Ware an, aber die Mitarbeiterinnen lösten das auf ihre Art: Was in den Regalen fehlte, besorgten sie sich in weniger florierenden Schlecker-Läden. Andrea Straub war sich lange sicher: Ihre Filiale wird nicht pleitegehen.
Alle Warnsignale ignoriert
"Weil es ja immer geheißen hat, die guten Läden bleiben Bestand und können weitermachen. Das war ja hier ein guter Laden. Aber im Radio haben wir dann gehört, dass dicht ist, dass Schluss ist."
Am 23. Januar 2012 stellte Anton Schlecker beim Amtsgericht Ulm den Insolvenzantrag. Von einer Planinsolvenz war die Rede.
Spätere Analysen zeigen: Das Unternehmen bewegte sich schon seit Jahren auf den Abgrund zu. Anton Schlecker hatte offenbar alle Warnsignale ignoriert. Korrekturen, möglicherweise angeregt durch die beiden mittlerweile im Unternehmen eingebundenen Kinder Lars und Meike, waren falsch oder kamen zu spät.
Verschiebung von Vermögenswerten
Im Juli 2012, ein halbes Jahr nach dem Insolvenzantrag, leitete die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Ermittlungsverfahren gegen Anton Schlecker und 13 weitere Beschuldigte ein, unter anderem wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung. Ermittler durchsuchten Wohnungen und Geschäftsräume in mehreren Bundesländern. Es habe "seit langem und immer wieder" Vermögensverschiebungen gegeben, hieß es im Sommer 2012 von Seiten der Staatsanwaltschaft. Vier Jahre dauerten die Ermittlungen. Im April 2016 erhob die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen Anton Schlecker sowie dessen Frau, Sohn und Tochter. Jan Holzner, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart:
"Wir werfen dem Hauptangeschuldigten vor, in insgesamt 36 Fällen Vermögenswerte des Einzelunternehmens oder auch des Drogeriemarktkonzerns beiseite geschafft zu haben und somit dem Zugriff der Gläubiger entzogen zu haben."
Insolvenzverschleppung und Untreue
Schleckers Sohn und Tochter müssen sich auch wegen Insolvenzverschleppung und Untreue verantworten. Sie sollen das Logistikunternehmen LDG als faktische Geschäftsführer um mehrere Millionen Euro geschädigt haben. Außerdem müssen sich zwei Wirtschaftsprüfer wegen Verletzung der Berichtspflicht verantworten, sie sollen laut Staatsanwaltschaft zwar eine falsche Bilanzierung erkannt, aber nicht bemängelt haben. Auch ehemalige Filialleiterinnen wollen den Prozessauftakt miterleben. Andrea Straub und ihre Kollegin Karin Beck reisen von der Schwäbischen Alb an.
"Er soll einfach zur Rechenschaft gezogen werden. Weil es sind hier so viele, alle Mitarbeiter, die noch ihre 80 Stunden nicht bezahlt bekommen haben, und das kann man mal rechnen, wie viel das ist. Weil die Kleinen müssen jetzt wieder bluten."
Die beiden Frauen stehen in ihrer früheren Schlecker-Filiale in Stetten am kalten Markt. Karin Beck hatte 17 Jahre lang in dem Laden gearbeitet. Dann kam die Pleite.
"Rollläden haben wir keine, wir haben halt Zeitungen von innen geklebt und das war natürlich deprimierend."
Von einst 45.000 Mitarbeitern bleiben zum Schluss nur 11.000
In seinen besten Jahren hatte Anton Schlecker 11.000 Filialen in Deutschland. Das bedeutete statistisch alle drei Kilometer einen Laden. Zeitweilig beschäftigte das Unternehmen 45.000 Mitarbeiter, am Ende waren es noch rund 11.000:
"Das Brutale war halt, ohne jedwede Absicherung, es gab keinen Sozialplan, keinen Übergang in eine Beschäftigungsgesellschaft, die zunächst das Schicksal ein Stück weit aufhält, verlangsamt, die Leute in Arbeit und Einkommen hält, sie dann qualifiziert und dann vermittelt, das alles war weg. Das alles von einem Tag auf den anderen."
Betriebsseelsorger richtet Fonds für Schlecker-Frauen ein
Sagt Paul Schobel. Er ist katholischer Priester und Gründer der sogenannten Betriebsseelsorge in der Region Stuttgart, einem katholischen Angebot für arbeitende und arbeitslose Menschen. Schobel wird auch als "Herz-Jesu-Sozialist" bezeichnet. Er kümmerte sich von Anfang an um die Schlecker-Frauen, eine von ihm gegründete Stiftung richtete einen eigenen Fonds ein, Schobel rief zu Spenden auf.
"Was da an Spenden einging, war schon faszinierend: Betriebsversammlungen, Gewerkschaftsversammlungen, viele private Spenden, Daueraufträge von fünf bis zehn Euro auf den Monat hin von ganz kleinen Leuten."
Die Hoffnung, für die Schleckerfilialen einen Investor zu finden, war zu diesem Zeitpunkt längst gewichen.
Viel Lob gibt es bis heute selbst von Gewerkschaftsseite für den Insolvenzverwalter, Arndt Geiwitz. Er wollte die von Arbeitslosigkeit betroffenen Mitarbeiterinnen zunächst in einer Transfergesellschaft unterbringen. 70 Millionen Euro hätte er dafür benötigt. Das Geld sollte als Kredit von der staatlichen Förderbank KfW kommen.
Der damalige baden-württembergische Wirtschaftsminister Nils Schmid von der SPD wollte eine Bürgschaft organisieren, getragen von allen Bundesländern. Doch mehrere Länder sagten ab, vor allem die im Bund mitregierende FDP hatte sich gegen das Vorhaben gewandt. Der damalige liberale Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler bezeichnete die baden-württembergische Initiative als verantwortungslos. Bei den Schlecker-Beschäftigten seien falsche Hoffnungen geweckt worden. Dass Firmen scheitern, bringe der Wettbewerb eben mit sich, so Rösler damals.
Unpassende Unternehmensform
"Aus unserer Sicht ist jetzt die Bundesagentur für Arbeit am Zug. Jetzt gilt es für die Beschäftigten, für die mehr als 10.000 vornehmlich Frauen, alleinerziehende Mütter und auch ältere Frauen, schnellstmöglich eine Anschlussverwendung selber zu finden."
"Natürlich war eine gewisse Enttäuschung da, wir haben extrem für diese Transfergesellschaft gekämpft. Ich hatte auch eine tiefe Überzeugung, zum damaligen Zeitpunkt in jedem Fall, dass die Transfergesellschaft uns einen wesentlichen Vorteil bei den Möglichkeiten eines Verkaufs gegeben hätte. Und vor allem bei der besonderen Konstellation der vielen ländlichen Schlecker-Angestellten wäre die Transfergesellschaft, meiner Meinung nach auch ein soziales Projekt gewesen."
Anton Schleckers sagenhafter Aufstieg vom Metzgermeister im elterlichen Betrieb zum Inhaber von Europas größter Drogeriekette endete hier.
Versagen als Unternehmer
Bis heute spricht Pfarrer Paul Schobel von Wahnsinn. Schlecker sei doch keine Würstchenbude gewesen. Das Schicksal so vieler Menschen hätte nicht an das unternehmerische Geschick eines einzigen Menschen gebunden werden dürfen:
"Klar ist, solche Konzerne kann man nicht auf der Basis unternehmensrechtlich als Einzelhandelskaufmann führen. Da muss der Gesetzgeber dran, wir brauchen eine neue Unternehmensverfassung. Ein neues Gesetz, das regelt, ab wie vielen Beschäftigten, der Betrieb wie zu führen sein muss."
Anton Schlecker habe in vielen Bereichen als Unternehmer versagt, sagt auch Roland Alter, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Heilbronn. Er hat ein Buch geschrieben mit dem Titel "Schlecker oder: Geiz ist dumm. Aufstieg und Absturz eines Milliardärs":
"Im Vergleich zu anderen Unternehmen, insbesondere auch der Branche, müssen wir sagen: ja, das ist im Grunde ein weitgehendes Versagen, sowohl was die harten Faktoren angeht, also Unternehmensstrategie bis hin zu den weichen Faktoren – Unternehmenskultur – ist festzustellen. Es ist ein weitgehendes Versagen auf allen Ebenen."
Misstrauen und Missgunst gegenüber dem Personal
Das Vermögen Anton Schleckers habe im krassen Gegensatz gestanden zur Unternehmenskultur in den Drogeriemärkten. Der Chef habe an allem gespart, an der Einrichtung, am Personal.
"Der Begriff Geiz erscheint mir im Grunde als der richtige Begriff, weil es eben nicht nur der Geiz in der Ausstattung war, dort wo wir es sehr schnell sehen konnten, sondern es war im Grunde genommen auch ein emotionaler Geiz in der Art, wie mit langjährigen Beschäftigten umgegangen wurde."
Anton Schlecker habe den Profit über alles gestellt
"Es war ein Grundmisstrauen da, verbunden mit den Arbeitsbedingungen, die ja zum Teil sträflich waren: zu zweit in einem Laden, manchmal bloß allein, mit der Maßgabe, wenn ein Überfall ist, muss die andere raus und den Laden von hinten zuschließen. Damit die zwei alleine sind unter sich. Oder dieses elende Drama, bis endlich ein Telefon geschaltet worden ist, das dann wiederum nur intern funktionierte, bis dann endlich noch ein Notruf installiert worden ist. Das alles sind Indizien, die hält man in unserem Jahrhundert nicht mehr für möglich, an Misstrauen, an Missgunst und auch an Gefahrenpotential."
Bereits Mitte der 1980er-Jahre ließ die Staatsanwaltschaft den Schlecker-Firmensitz in Ehingen durchsuchen. Mitte der 1990er Jahre hatten erste Schlecker-Beschäftigte aufbegehrt gegen die Arbeitsbedingungen. Sie gründeten Betriebsräte, gegen den Widerstand der Geschäftsführung.
1998 wurden Anton Schlecker und seine Ehefrau Christa vom Amtsgericht Stuttgart zu jeweils zehn Monaten auf Bewährung verurteilt, weil sie sie über Jahre hinweg ihren Mitarbeitern eine tarifliche Bezahlung vorgetäuscht hatten.
Ab 2000 geriet der Konzern in eine strategische Krise
Indes schlief die Konkurrenz nicht. Drogeriemärkte Rossmann, dm und Müller breiteten sich aus. Ihre Läden waren kundenfreundlicher und schöner. Seit der Jahrtausendwende wuchs Schlecker nicht mehr. "Der gesamte Konzern geriet ab dem Jahr 2000 in eine strategische Krise, die durch stagnierende Umsätze und rückläufige Ergebnisse gekennzeichnet waren", heißt es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft.
Lange Zeit hatte Anton Schlecker auf massive Expansion gesetzt, und damit die drohende Pleite überdeckt. Der Trick war eine Art Schneeballprinzip: Schlecker hatte mit seinen Lieferanten extrem lange Zahlungsfristen ausgehandelt. Die Ware musste also erst bezahlt werden, wenn sie verkauft war. So wurden die Lieferanten zu seiner Bank, seinem Kreditgeber, um immer neue Filialen zu eröffnen. Bei rückläufigem Umsatz in den bestehenden Filialen war die Expansion zwingend, um das System weiter aufrecht zu erhalten.
Ende 2007 kaufte Schlecker die damals fünftgrößte Drogeriekette "IhrPlatz" auf. Das Umsatzvolumen stieg kurzfristig wieder. Ein Jahr später startete Schlecker ein weiteres risikoreiches Unternehmen: Schlecker XL.
Missbrauch von Zeitarbeit
Mitarbeiterinnen aus bisherigen Filialen sollten in den neuen Läden arbeiten. Allerdings nicht mehr als tariflich bezahlte Schlecker-Beschäftigte, sondern als Leiharbeiter. Diese Umschichtung wiederum wurde über eine neu geschaffene Leiharbeitsfirma geregelt.
"Ich werfe die Mitarbeiterinnen raus, um sie nachher unter dieser Konstruktion wieder einzustellen, aber dann deutlich billiger, rechtlich zulässig, prima, Haken dran. Also da muss ich sagen, da hat der Kompass gefehlt."
Zu dieser Zeit reagierte die schwarz-gelbe Bundesregierung und brachte ein Gesetz gegen den Missbrauch von Zeitarbeit auf den Weg, auch Lex Schlecker genannt. Das Gesetz soll verhindern, dass Mitarbeiter entlassen und als Zeit- oder Leiharbeiter im selben Unternehmen oder einem Firmenableger zu schlechteren Bedingungen wieder eingestellt werden.
"Man kann sagen, das war dann auch mit maßgeblich, dass der ganze Laden zusammengekracht ist. Obwohl es ja kein Unikat ist. Wir haben viele Firmen, die auch heute noch probieren, Teile der Belegschaften outsourcen, auszugründen in GmbHs oder andere Konstrukte, die durch die Bank natürlich alle schlechtere Bedingungen haben."
2010 schloss Verdi einen Tarifabschluss mit Schlecker ab
Am 1. Juni 2010 schloss Verdi einen Tarifabschluss mit Schlecker ab. Doch das Image der Drogeriekette war zu dieser Zeit längst angeschlagen, die Kunden blieben weg. Die letzte Phase hatte begonnen:
Wie viele andere Schlecker-Frauen verfolgten Andrea Straub und Karin Beck in Stetten am kalten Markt die Ereignisse über die Medien.
"Selber hier im Laden, von den Chefs hat man gar nichts mitgekriegt. Es ging alles nur über die Medien, sonst haben wir eigentlich nichts erfahren." – "Wir haben es auch an der Ware gesehen, wir haben Ware bestellt und die Hälfte Ware ist nicht gekommen. Da hat man doch gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt." – "Wir hatten auch einen guten Bezug zu unserer Bezirksleiterin, aber sie wusste auch nicht alles. Die war selber dann auch überrascht, als dann ganz Schluss ist."
Neuanfang als Selbstständige gelang nur wenigen Schlecker-Frauen
Die beiden Frauen gehören zu den wenigen früheren Schlecker-Mitarbeiterinnen, die den Start in die Selbstständigkeit wagten. Sie eröffneten einen Drehpunkt, wie einige Schlecker-Nachfolgeläden heißen. Bis heute zahlen die Unternehmerinnen einen Kredit ab. Mühsam, aber glücklich: So beschreiben sie ihre Selbständigkeit:
"Wir haben uns das selber angeeignet. Dank unserer Männer, ohne die wäre es absolut nicht gegangen. Die gehen auf jede Messe mit, die helfen hier im Laden, die ganzen Tische, wo sie hier sehen, sind alle selber gebaut, alles, die Teeregale."
Aus einer bescheiden eingerichteten Schlecker-Filiale ist ein gut sortierter und liebevoll gestalteter Laden geworden. Doch nur wenige Frauen hatten den Mut zu diesem Schritt. Die vom damaligen Wirtschaftsminister Rösler als Anschlussverwendung bezeichnete Arbeitsplatzsuche blieb für viele Frauen erfolglos. Wie viele Frauen heute wieder einen Job haben, kann auch Bernhard Franke von Verdi nicht sagen:
"Weil es keine Erhebungen mehr darüber gibt. Die Bundesagentur für Arbeit hat in den ersten anderthalb Jahren eine Sonderstatistik geführt, die aber dann eingestellt wurde. Der letzte Stand nach anderthalb Jahren war der, dass zwei Drittel der Schlecker-Frauen immer noch ohne Arbeit waren."
Strafrechtliche Aufarbeitung
Der Prozess gegen die Schlecker-Familie wird den früheren Mitarbeiterinnen nichts bringen, davon geht Arndt Geiwitz aus. Es gehe um eine strafrechtliche Aufarbeitung, nicht um seine Ansprüche als Insolvenzverwalter, betont er in diesem Zusammenhang auch. Geiwitz wird als Zeuge in dem Verfahren gehört werden:
"Ich habe vom Grundsatz Verständnis für eine Staatsanwaltschaft, dass sie die Themen aufarbeitet. Ich finde es nicht ganz glücklich, dass es so spät erfolgt. Und insbesondere für die Schlecker-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, mit denen ich heute noch Kontakt habe, die möchten auch irgendwann einmal abschließen mit dem Thema Schlecker. Manche fühlen sich auf das Attribut Schlecker-Frau reduziert und zwar in unangemessener Weise reduziert. Und ich glaube, dass man den früheren Mitarbeiterinnen überhaupt keinen Gefallen mit diesem Prozess tut."
Herr Schlecker habe sich nicht aus der Verantwortung gestohlen
Auch für die Familie Schlecker sei es eine schwierige Situation, ist Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz überzeugt:
"Herr Schlecker war Einzelunternehmer und hat die wirtschaftlich größte Konsequenz aus diesem Fall selbst tragen müssen. Indem er bis heute vermögenslos ist. Das findet man heute kaum noch im Wirtschaftsleben. Viele sichern sich doppelt und dreifach ab und insofern finde ich persönlich, hat er schon viel Konsequenz tragen müssen, er hat sich nicht aus der Verantwortung gestohlen".
Das Insolvenzverfahren werde noch einige Jahre dauern, sagt er. Es liefen Kartellklagen gegen frühere Lieferanten. Die Forderungen betrügen 335 Millionen Euro, davon wiederum könnten die früheren Beschäftigten profitieren.
Anton Schlecker muss vor Gericht erscheinen
Anders als der Insolvenzverwalter hält Bernhard Franke von Verdi den Prozess gegen die Schlecker-Familie für notwendig und sinnvoll:
"Zur politischen Hygiene in unserem Land gehört, dass solche Vorgänge ordentlich aufgearbeitet werden. Dass man genau weiß, was da passiert ist und nicht so das diffuse Gefühl übrig bleibt: Die haben sich bedient und uns hat es getroffen."
Anton Schlecker muss vor Gericht erscheinen. Ein Urteil wird frühestens im Herbst erwartet.