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Prozessauftakt gegen Geert Wilders
Fremdenfeindliche Rede mit Folgen

In Amsterdam hat der Prozess gegen den islamfeindlichen Politiker Geert Wilders begonnen. "Wollt ihr in dieser Stadt und in den Niederlanden mehr oder weniger Marokkaner?", hatte Wilders seine Anhänger im Kommunalwahlkampf 2014 gefragt. Nun steht er wegen Beleidigung und Aufruf zu Hass und Diskriminierung vor Gericht.

Von Ludger Kazmierczak |
    Geert Wilders, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei für die Freiheit
    Geert Wilders, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei für die Freiheit, wird beschuldigt, eine Menschengruppe beleidigt und zum Hass und zur Diskriminierung angestachelt zu haben. (imago/Belga)
    Bereits vor ein paar Tagen hatte Geert Wilders angekündigt, nicht zum Prozessauftakt zu erscheinen. Er zog es vor, die Sitzung live im Internet zu verfolgen und gelegentlich über Twitter zu kommentieren. Sein Anwalt Geert Jan Knoops verlas ein Statement, in dem der Angeklagte sein Fernbleiben begründete. Demnach will Wilders sich nicht an einem Prozess gegen die Freiheit der Meinungsäußerung beteiligen.
    "Es ist blanker Hohn, dass ich mich vor Gericht verantworten muss, weil ich über weniger Marokkaner gesprochen habe. Es ist mein Recht und meine Pflicht als Politiker über Probleme in unserem Land zu sprechen, denn die Niederlande haben ein Mega-Marokkaner-Problem. Marokkaner tauchen überproportional häufig in der Kriminalitätsstatistik auf und sind häufig abhängig von Sozialleistungen."
    Diesmal keine Religion attackiert, sondern eine nationale Gruppe
    Wilders hat in seiner zwölfjährigen Politiker-Karriere schon öfter scharf geschossen. 2011 wurde er vom Vorwurf der Hetze freigesprochen, nachdem er den Islam attackiert hatte. Aber diesmal, so Staatsanwältin Sabina van der Kallen, habe der Chef der niederländischen Freiheitspartei keine Religion attackiert, sondern ganz gezielt die in den Niederlanden lebenden Marokkaner. Und zwar alle:
    "Wilders wird beschuldigt, eine Menschengruppe beleidigt und zum Hass und zur Diskriminierung angestachelt zu haben. Auf der Grundlage internationaler Absprachen ist das in den Niederlanden strafbar."
    Die Staatsanwälte halten Wilders vor, bei seinen Aussagen im Kommunalwahlkampf 2014 bewusst nicht zwischen kriminellen und gut integrierten Zuwanderern differenziert zu haben. Im Zentrum der Anklage steht eine Frage, die Wilders seinen Anhängern am Wahlabend in einer Den Haager Kneipe gestellt hat: "Also frage ich euch: Wollt ihr in dieser Stadt und in den Niederlanden mehr oder weniger Marokkaner?" "Weniger, weniger", grölt die Basis. Und der zufriedene Parteichef verspricht: "Dann werden wir das regeln."
    Diese Rede war laut Zeugenaussagen wohl vorbereitet. Die Gäste im Saal seien vorab über die Frage informiert worden. Schon ein paar Tage zuvor hatte Wilders bei einem Wahlkampfauftritt auf einem Marktplatz in Den Haag gesagt, er wolle eine Stadt mit weniger Unruhen und, wenn es eben gehe, auch mit weniger Marokkanern.
    Es droht eine Geld- oder Gefängnisstrafe
    Für die Ankläger gehören beide Äußerungen zusammen. Dass Wilders sich dafür vor Gericht nicht persönlich rechtfertigt, sondern einen Anwalt vorschickt, wollte Staatsanwältin Sabina van der Kallen nicht gänzlich unkommentiert lassen:
    "An fünf anderen Sitzungstagen in diesem Fall ist Wilder sehr wohl erschienen. Darunter auch zweimal hier vor Gericht. Und jetzt, wo es endlich ums Eingemachte geht, kneift er."
    Das Gericht hatte die Anklage auch deshalb zugelassen, weil innerhalb weniger Wochen mehr als 6.400 Anzeigen gegen Wilders eingegangen waren. Wie sich zum Verhandlungssauftakt herausstellte, hatten viele Kläger jedoch einfach nur ein Standardformular ausgefüllt – ohne den genauen Inhalt der Rede zu kennen. Für den Prozess sind zwölf Sitzungstage angesetzt. Ein Urteil wird für den 9. Dezember erwartet. Im Falle eines Schuldspruchs droht dem 53-Jährigen eine Geldstrafe. Auch bis zu zwei Jahre Haft sind denkbar, aber wenig wahrscheinlich.