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Prügel vor der Predigt

Zwischen 1950 und 1970 gab es in der Bundesrepublik 3000 Heime, 80 Prozent davon in kirchlicher Hand. Mehr als eine halbe Million Kinder und Jugendliche wurden dort in dieser Zeit erzogen.

Von Daniela Schmidt und Otto Langels |
    Sie kamen nicht nur als Waisen ins Heim – auch weil sie uneheliche Kinder waren, "verwahrlost" aussahen, als "gefallene Mädchen" oder "Störenfriede" galten, als junge Menschen, denen "Zucht und Ordnung" beigebracht werden sollten.

    Da war wenig Platz für Fürsorge und in christliche Nächstenliebe, umso mehr für Demütigungen und drakonischen Strafen.

    Schläge und Misshandlungen waren keine Ausnahmen: Noch entsprachen diese Erziehungsmethoden dem Zeitgeist, noch immer galt, das Strafe zur christlichen Erziehung gehöre.

    Die Folgen tragen die Betroffenen bis heute mit sich herum: Therapeuten beobachten Angstzustände, Panikattacken, Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Bindungsunfähigkeit bei Erwachsenen, die ihre Kindheit und Jugend in Heimen verbracht haben. Warum reden sie erst jetzt, 40, 50 Jahre später, über ihre Erfahrungen? Und wie verhalten sich Kirchen, Diakonie, Caritas, Landeswohlfahrtsverband in dieser Diskussion? Sind sie bereit, sich zu entschuldigen, die Heimkinder für die damals unentgeltlich geleistete Arbeit entschädigen?