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Publizistin zur Rennaissance des Papiers
"Menschen haben Sehnsucht nach einer haptischen Qualität"

Edle Notizbücher, handgeschöpftes Geschenkpapier, schmucke Weihnachtskarten: Der neue Trend zu schönem Papier drücke "eine Sehnsucht nach sinnlichen Erfahrungen" in unserer digitalen Welt aus, sagte Publizistin Nicola von Velsen im Dlf. Und: Das Schreiben und Lesen auf Papier könne Vorteile bieten.

Nicola von Velsen im Gespräch mit Manfred Götzke |
    Die Herzilein Papeterie in Wien
    Renaissance eines fast totgeglaubten Kulturguts: Immer mehr Papeterien werden eröffnet (dpa-Zentralbild)
    Papierexpertin Nicola von Velsen betreibt einen Papierladen in Köln, ist Verlegerin und hat kürzlich das Buch "Papier: Material, Medium und Faszination" herausgegeben. Im Deutschlandfunk erzählte sie, wie sich die Verwendung des Papiers entwickelte: Mit der Entwicklung des Buchdrucks begann die Produktion der Buntpapiere, "ganz aufwendig gestaltete Papiere mit Ölfarben bedruckt in wunderbaren Mustern und kostbaren Farben" mit Gold und Verzierungen. Eigentlich seien sie dazu gedacht gewesen, um die Bücher zu binden - in der Innenseite als Vorsätze. Doch dann wurden sie auch anderweitig verwendet, beispielsweise als Tapeten oder zum Ausschlagen von Kisten.
    Den derzeitigen Trend zum Papier empfindet von Velsen als zeitgemäß. So sei es folgerichtig, "dass Menschen in dem Moment, wo sie immer digitalere Wirklichkeiten haben, plötzlich eine Sehnsucht nach einer haptischen Qualität haben, nach dem Knistern, nach der gesamten sinnlichen Erfahrung eines Materials, das uns ja bis zu einem bestimmten Moment tagtäglich überall umgeben hat".
    Beim Lesen und Schreiben auf Papier werden Inhalte besser erinnert
    Die Verwendung des Papiers zum Schreiben biete gegenüber digitalen Medien Vorteile. So gebe es eine Studie zum Lernverhalten, die ergeben habe, "dass auch die ganz junge Generation jetzt sagt, sie kann viel besser memorieren mit Stift und Papier, als wenn sie nur über digitale Endgeräte Dinge wahrnimmt". Bei einem zweiten Versuch habe man zwei Testgruppen den gleichen Krimi lesen lassen auf einem digitalen Gerät und auf Papier. Den beiden Gruppen wurden anschließend etwa 20 Fragen gestellt. Und die Lesergruppe auf Papier hat "diese Details sehr viel besser memoriert" als die auf dem digitalen Gerät.
    Der Untergrund beim Schreiben beeinflusst die Gedanken
    Zudem gebe es einige Beispiele von Schriftstellern, die verdeutlichten, dass der Untergrund, auf dem geschrieben wird, die gedanklichen Bewegungen beeinflusse. Und bei digitalen Medien gebe es standardisierte Bildflächen, sodass wir immer in demselben Format wahrnähmen. "Und wenn ich zum Beispiel eine Tischfläche habe und ich habe unterschiedlich große Zettel und füge die zusammen zu neuen Formaten, dann passiert immer noch was anderes in dem Verhältnis von Schrift zu Untergrund, als ich das auf dem Computer erleben kann."