Archiv


Pünktlich, verspätet oder ausgefallen?

Es scheint noch ein weiter Weg bis zum geplanten Börsengang der Bahn. Denn die Teilprivatisierung ist zwischen Bund und Ländern dermaßen umstritten, dass eine schnelle Einigung nicht zu erwarten ist.

Von Andreas Baum, Frank Politz und Frank Stach; Moderation: Stefan Maas |
    Es geht um 34.000 Kilometer. So lang ist das deutsche Schienennetz. Doch wem soll es in Zukunft gehören? Dem Bund, der Bahn, den Ländern? Und wer darf es wann wie und wie lange nutzen? Das sind einige der zentralen Punkte, an denen sich der Streit um die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn entzündet. Heute hat sich Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee mit seinen Länderkollegen getroffen. Die Länder fürchten Mehrkosten und Stilllegungen von Strecken und Bahnhöfen. Andreas Baum zeichnet die Konfliktlinien nach:

    "Die Verkehrsministerkonferenz stellt wiederholt fest, dass der Zustand des Schienennetzes, die Gewinnung von privatem Kapital auch durch einen Börsengang sinnvoll erscheinen lassen."

    Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee kann nach der Sondersitzung seiner Länderkollegen kaum verhehlen, dass dies die einzige Gemeinsamkeit ist, der kleinste gemeinsame Nenner zwischen Bund und Ländern, der da lautet: Börsengang ja - aber wie? Die Länder drohen damit, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Ihre Wunschliste ist lang angefangen von Mitbestimmungsrechten darüber, wer die Anteile des Konzerns kaufen wird, ob dies ehrliche Investoren sind, Kleinanleger oder Spekulanten. In diesem Punkt will Tiefensee auf die Länder zugehen.

    "Wir sind uns einig gewesen, dass wir wissen müssen, wer sind die privaten Partner, die wir mit an Bord holen? Obwohl wir es nicht explizit gesagt haben, sind wir uns sicherlich einig, dass wir nicht die vielberühmten Heuschrecken wollen, die aus dem Netz Rendite ziehen und dann zerschlagen und veräußern."

    Damit dies nicht nur warme Worte bleiben, wird der Minister erheblich nachbessern müssen - zumal nicht allein die Länder murren, auch im Bundestag, auch in den Regierungsparteien, wächst der Widerstand, und er formiert sich. Die Verkehrsminister sind wenig optimistisch, dass der umstrittene Tiefensee-Entwurf noch im Zeitplan umzusetzen ist - zumal die Änderungen so weit gehen müssten, dass vom Privatisierungsgesetz nicht viel übrig bliebe. Wenn 49 Prozent der Aktien an Investoren verkauft werden, wird der Konzern gezwungen sein, Gewinne einzufahren um Renditefantasien wahr zu machen. De Bahn wäre nicht mehr allein dem Wohl der Allgemeinheit verpflichtet, sondern ihren Aktionären. Und das ist für Kritiker wie den hessischen Verkehrsminister Alois Rhiel das eigentliche Problem.

    "Die DB Netz AG plant entgegen der Verluste der letzten Jahre einen deutlichen Anstieg ihres Ergebnis in die Plusbereiche, und das ist der entscheidende Punkt, dass nämlich eine DB AG in Zukunft vom Kapitalmarkt bestimmt Ergebnisse vorweisen muss und deshalb aus dem Netz Gewinne ziehen muss, obwohl das Netz der Art her ein subventionierter Bereich ist, das ist ein Punkt unseres Widerstandes."

    Da könne der Bund seine Subventionen gleich den Aktionären überweisen, spottet Rhiel. Dass Unionspolitiker wie er plötzlich kapitalismuskritische Positionen entdecken, hat vor allem damit zu tun, dass die Länder sich als Leidtragende der Gewinnmaximierung sehen: Schon jetzt leiden die regionalen Netze dort, wo die Bahn kaum Gewinne oder gar Verluste einfährt. Und schon jetzt schummelt die Bahn bisweilen, wenn es darum geht, die Qualität ihrer Netze auf wenig lukrativen Strecken zu verbessern, wie Andreas Trautvetter bemängelt, Verkehrsminister in Thüringen.

    "Das geht zur Langsamfahrstelle, die wird dann als Mängelliste in den sogenannten Langsamfahrstellen ausgewiesen. Wenn die dann über den Fahrplan in das Verzeichnis der zulässigen Geschwindigkeiten aufgenommen wird, ist ohne Qualitätsverbesserung der Mängel geheilt, und das kann es nicht sein."

    Die Verärgerung der Länder ist groß, weil sie fürchten, für die Bummelei der Bahn in der Provinz auch noch zu bezahlen. Zu den Forderungen an den Bund gehört deshalb, die Qualität von Strecken an Mindestgeschwindigkeiten zu koppeln. Weiterhin verlangen gerade die Landesminister der Flächenländer, die eine weitere Verödung eher abgelegener Landstriche befürchten, dass die Bahn künftig besser kontrolliert wird. Die Bundesnetzagentur soll Streckenstilllegungen genehmigen. Außerdem sollen die Trassenpreise nicht ins Unermessliche steigen dürfen, sondern auf 1,5 Prozent Steigerung begrenzt werden. Bei so vielen Eingriffen des Staates in den Konzern kann von einem teil-privatisierten Betrieb eigentlich nicht mehr gesprochen werden. Und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee kann längst nicht mehr so, wie er will. Es gibt Zwänge der Liberalisierung, auf dem in den 90er Jahren begonnene Weg vom Staatsbetrieb zum global player kann nicht einfach wieder umgekehrt werden - ohne Schaden, so argumentierte Tiefensee jüngst im Bundestag. Auch hier muss er Überzeugungsarbeit leisten.

    "Wir wollen mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene. Wir wollen, dass dieses Unternehmen wirtschaftlich arbeitet, das der Haushalt entlastet wird, dass wir im europäischen Maßstab, aber auch in Deutschland den Wettbewerb bestehen. Wir wollen 230 000 Arbeitsplätze der Deutschen Bahn AG sichern. Das ist eine große Verantwortung, vor der wir stehen."

    Dass der Applaus für Tiefensees Privatisierungspläne mitunter dünn ausfällt, hat mit seinem Eigentumssicherungsmodell zu tun. Das Schienennetz, so der komplizierte Plan, bleibt juristisch Eigentum des Bundes, wirtschaftlich aber darf die Bahn es betreiben, als wäre es ihr eigenes. Ein Gutachten der Länder hat dies als verfassungswidrig bezeichnet, weil mit dem Netz auch Hoheitsrechte preisgegeben werden. Tiefensee widerspricht:

    "Wir werden das Netz, jeden Kilometer Schiene, im Eigentum des Volkes behalten. Das ist das Entscheidende, dass der Bund kein Volksvermögen verschleudert. Im Gegenteil, das Eigentum der Schiene, das Eigentum der Bahnhöfe und Stellwerke bleibt zu 100 Prozent in der Hand des Bundes. Der Bund bleibt Eigentümer des Netzes."

    Die Länder bestreiten diese Darstellung. Berlins SPD-Finanzsenator Thilo Sarrazin bezichtigt gar seinen Parteifreund, unaufrichtig zu sein. Im Deutschlandfunk warf er ihm vor:

    "Da sagt Tiefensee ständig die Unwahrheit. Der Bund behält das rechtliche Eigentum am Netz, das wirtschaftliche Eigentum geht aber an die Bahn. Das wirtschaftliche Eigentum sind aber 99 Prozent vom Eigentum, nämlich dann kann man mit der Sache verfahren, wie man will. All das, was ein Eigentümer üblicherweise tut, kann die Bahn mit dem Netz tun, wenn das Netz zusammen mit der Bahn verkauft wird."

    Gerade bei den Sozialdemokraten ist die Unzufriedenheit über die Bedingungen des Börsengangs nach der Methode Tiefensee nicht mehr zu überhören. Nun hat die Partei eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die nochmals die Teilprivatisierung unter die Lupe nehmen soll, kritisch, wie es heißt. Mit einer Entscheidung im Bundestag ist demnach nicht vor März 2008 zu rechnen.


    Güterzüge warten auf dem Güterbahnhof in Dresden-Friedrichstadt vor Signalen.
    Güterzüge warten auf dem Güterbahnhof in Dresden-Friedrichstadt vor Signalen. (AP)
    Bahn in der Provinz
    Bis zu 10.000 Kilometer Schiene könnten in den nächsten Jahren stillgelegt werden - heißt es zumindest in einem Gutachten, das einige Länderverkehrsminister in Auftrag gegeben hatten. Grund dafür ist der Plan des Bundes, das Eigentum am Schienennetz zwar formal zu behalten, es der Bahn aber zunächst für 15 Jahre zu überlassen. Die soll dann damit wirtschaften - und natürlich Gewinn erzielen. Das, so heißt es in dem Bericht, könnte für die Länder bis zum Jahr 2011 Mehrkosten von fast einer Milliarde Euro bedeuten oder aber, wenn ihnen das Geld fehlt, das Ende vieler unrentabler Strecken und Bahnhöfe. Bahn und Politik bestreiten, dass es entsprechende Pläne gibt. Trotzdem ist man besonders in ländliche Regionen mit relativ geringer Einwohnerzahl besorgt. Frank Politz war in der niedersächsischen Provinz.

    Kurzer Stopp in Langelsheim, einer Kleinstadt in Südniedersachsen: Zwei Minuten bloß hält dort die Regionalbahn. Eine Frau steigt aus, ein Mann neu hinzu: Wilfried Schulz. Der Ex-Berliner - ohne Auto- will in die nahe gelegene Kreisstadt Goslar. Da jobbt der 49-Jährige als Reinigungskraft. Im Sommer und wenn ich Lust habe, fahre ich schon mal mit dem Fahrrad zur Arbeit, erzählt Schulz, meistens aber mit dem Zug. Die Bahn ist für ihn denn auch unverzichtbar.

    "Sehr wichtig. Ist schneller mit der Bahn als mit dem Bus, es ist schneller, und es ist besser, muss ich sagen."

    In eher gemütlichem Tempo geht es durch das schon leicht herbstlich gestimmte Vorland des Harzes. Die Strecke dort gehört mit zu jenen landesweit etwa 3000 Gleiskilometern, die in Niedersachsen hauptsächlich dem regionalen Personen-Nahverkehr dienen. Und die Verbindung nach Goslar scheint dabei durchaus nachgefragt zu werden. Der Zug ist jedenfalls gut besetzt.

    Ankunft in der alten Kaiserstadt am Nordharz, bahnhistorisch übrigens eine interessante Region; Denn auf dem Gebiet des Landkreises Goslar verläuft eine der ältesten Strecken Deutschlands, jene zwischen Braunschweig und Bad Harzburg. Dort dampften Lokomotiven bereits 1840 hin und her. Aber das ist längst graue Vergangenheit. Die Gegenwart, sie ist typisch auch für andere Ecken Niedersachsens wie zum Beispiel weite Teile der Lüneburger Heide: eher ländliche Gegend, abgehängt vom Bahn-Fernverkehr, keine Elektrifizierung. ICs oder gar ICEs rauschen meist in großer Ferne vorbei. Nur Regionalbahnen und Regional-Expresszüge halten noch. Die allerdings seien in Niedersachsen, dem zweitgrößten Flächenland nach Bayern, unverzichtbar, sagt Björn Gryschka, Landesvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn.

    "Der regionale Bahnverkehr in Niedersachsen hat seine Bedeutung als Rückrat für die Flächenbedienung. Es gibt seit etwa sieben Jahren in Niedersachsen viele Projekte, bei denen auf die Bahn als Rückrat des Nahverkehrs gerade im öffentlichen Raum gebaut wird. Beispiel Weser-Ems, dort wurden sehr erfolgreich Strecken ausgeschrieben, Busverkehre neu geordnet, verknüpft mit den Bahnstrecken, also eine ganz wichtige Funktion gerade im Verkehr in die Fläche hinaus."

    Von der Bahnprivatisierung in bisher geplanter Form hält Brjörn Gryschka gar nichts. Er fordert vor allem eine klare Trennung von Schienennetz und Betrieb. Ansonsten, so seine Befürchtung, könnte die Bahn als Monopolist wie schon in der Vergangenheit ohne transparente Kontrolle die Benutzungsgebühren für die Regionalstrecken erhöhen. Und den Bundesländern als Bestellern der Verkehre fiele dann der Schwarze Peter zu, entweder noch mehr für die Züge zu zahlen oder Strecken zu schließen. Wen das vor allem beträfe, das zeigt sich exemplarisch für viele andere Regionalbahnhöfe in Niedersachsen auch auf jenem in Goslar. Die Stadt ist Oberzentrum im Nordharz, wird von vielen Menschen unter anderem aus beruflichen Gründen per Zug aufgesucht, so zum Beispiel von dem Pendler Lutz Schütze.

    "Ich bin täglich drauf angewiesen, weil ich täglich meinen Arbeitsweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln versuche zu bewältigen, und eine Einschränkung dessen würde für mich ja auch bedeuten, dass meine Lebensplanung eingeschränkt ist, insofern dass ich mir Wohnorte entsprechend aussuchen muss, nicht unbedingt längere Anfahrtszeiten von über anderthalb Stunden in Kauf nehmen möchte, und das schränkt mich in meinem Leben natürlich ein dann auch."

    Und dann sind da im Kreis Goslar – gemessen am Landesschnitt- auch überproportional viele ältere Menschen. Für längere Strecken nehmen sie oft nicht mehr so gern das eigene Auto, weil sie sich in fremden Gegenden oder im Verkehr größerer Städte unsicher fühlen. Um trotzdem noch etwas weiter wegfahren zu können, nutzen sie daher die Bahn so wie ab und an die Pensionärin Gisela Tack.

    "Also man fährt auch gerne mal nach Hannover oder mal nach Braunschweig mit der Bahn und macht sich einen schönen Tag, und wenn das nicht mehr möglich wäre, das wäre schon ein Verlust."

    Aktuell droht ein solcher Verlust im Kreis Goslar nicht. Die derzeitigen Verträge über den Schienen-Regionalverkehr sind vorerst zumindest sicher. Dennoch macht der geplante Börsengang der Bahn den Landrat Stefan Manke etwa unruhig:

    "Also wir beobachten das zurzeit sehr aufmerksam, und insbesondere dann, wenn Privatisierungen anstehen, wenn also die Bahn nicht mehr selber die Verkehre fährt, denke ich, ist die Gefahr, dass Strecken vernachlässigt werden, insbesondere solche wie die, die nach Goslar führen, sehr groß."


    Wettbewerb im Nahverkehr
    Eine neue Studie der Universität Zürich kommt zu dem Ergebnis: Es ist nicht so wichtig, ob der Staat oder die Privatwirtschaft die Züge fahren lässt. Viel wichtiger ist, dass Wettbewerb auf der Schiene herrscht. Denn das führt zu einem spürbar besseren Nahverkehrsangebot. In Deutschland haben in den vergangenen Jahren immer mehr private Bahnunternehmen regionale Strecken übernommen- Fahrgäste und Verkehrsverbünde sind zufrieden. Im Ruhrgebiet haben die privaten Anbieter vor Kurzem bewiesen, dass sie auch außergewöhnlichen Belastungen gewachsen sind. Als vor dem Massenereignis Loveparade das große Chaos drohte, sprangen sie kurzfristig ein. Frank Stach über besseren Nahverkehr durch Wettbewerb.

    Die Menschen feierten diesmal im Ruhrgebiet. Die Loveparade wechselte ihren Partystandort von Berlin zur Metropole an Ruhr und Emscher.

    Bahnhöfe, S-Bahnen, Regionalbahnen und Expresszüge platzten aus allen Nähten. Selbst die 400 zusätzlichen Sonderzüge brachten kaum Entlastung. Ohne sie wäre das Nahverkehrsnetz kollabiert. Und beinahe wäre es tatsächlich zusammengebrochen, denn der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr hat sich seit geraumer Zeit mit dem Monopolisten angelegt. Nach Ansicht des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr bringt die Bahn AG nicht die vereinbarte Leistung, deshalb kürzte der Verkehrsverbund seine Millionenzahlungen. Die Deutsche Bahn reagierte auf ihre Art. Der Sprecher des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, Martin Husmann:

    ""Die Bahn hat ihre an sich vertraglich vereinbarten Sonderverkehre, und darunter fällt das zu Bundesligaspielen und zur Loveparade, verweigert."

    Immerhin lag Plan B in der Schublade. Schon seit mehreren Jahren fahren auf zehn Prozent des Schienennetzes an Rhein, Ruhr und Emscher vier weitere Eisenbahnunternehmen. Sie heißen Prignitzer Eisenbahn, Nordwestbahn, Regiobahn und Abellio. Die kleinen Bahnkonkurrenten stellten einen Alternativplan auf. Abellio-Geschäftsführer Wolfgang Meyer:

    "Wir sind stolz darauf gewesen, innerhalb von vier Wochen diese Leistung erbringen zu können. Das hat, glaube ich, niemand erwartet. Wir werden das auch, wenn man das uns auch in der Zukunft fragt, immer wieder auf die Beine stellen, weil ich glaube, dass es wichtig ist. Wer hätte denn vor drei oder zwei Jahren gedacht, dass ein Unternehmen wie Abellio in der Lage ist, der DB die Stirn zu bieten."

    Das Verkehrsunternehmen Abellio gab es vor drei Jahren noch nicht. Damals lenkte Wolfgang Meyer noch die Geschicke bei der Essener Verkehrs AG, die der Stadt Essen gehört. Meyer wagte den Schritt und gründete mit Rückendeckung der Essener Stadtverwaltung Abellio. Die Geschäftsidee war einfach. Beim aufkeimenden Wettbewerb auf den Schienen soll auch ein Essener Unternehmen mitmischen. Heute besitzt die Stadt Essen nur noch einen Zwölf-Prozent-Anteil. Der Rest wurde von einem britischen Investitionsfonds übernommen. Geschäftsführer Wolfgang Meyer:

    "Eine Mitfinanzierung durch die öffentliche Hand erfolgt nicht. Das heißt, alles was wir an notwendigen Bedarf an Geld haben, besorgen wir uns auf dem Kapitalmarkt, Darlehen oder Kredite, die wir aufnehmen mit einem entsprechenden Eigenkapitalanteil durch uns, den wir von unserem Gesellschafter bekommen."

    Nur so kann Abellio millionenteure Loks und Züge kaufen oder leasen, damit sie dann unter anderem auf Schienenstrecken im Ruhrgebiet rollen.

    Neben Abellio fährt im Ruhrgebiet auch die Nordwestbahn. Auch sie ist eine Ausgründung. Die Stadtwerke in Osnabrück holten sich den französischen Verkehrsanbieter Connex ins Haus. Die Nordwestbahn fährt im Ruhrgebiet auf drei Strecken. Und fragt man die Kunden, dann sind diese ziemlich froh, dass ein neues Bahnunternehmen unterwegs ist:

    "Bei der Nordwestbahn merkt man immer den Unterschied, dass die Kontrolleure viel freundlicher sind, auch die Schaffner, also man fühlt sich als Kunde und nicht so als Schmarotzer."

    "Die Züge sind wesentlich sauberer wie bei der Deutschen Bahn. Und wie sie eben auch sagte, man fühlt sich viel willkommener im Zug, und es ist alles viel sauberer und schöner auch, einfach schöner."

    Solches Lob von den Fahrgästen bestärkt den Chef des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr, stärker auf Wettbewerb zu setzen. Denn die sauberen, freundlichen und meistens auch pünktlichen Privatbahnen kosten den Besteller dann auch noch weniger Geld. Ein enorm wichtiger Aspekt, denn die verarmten Ruhrgebietskommunen können den aufwendigen Nahverkehr nur noch beschränkt subventionieren. Auch der Bund hat die sogenannten Regionalisierungsmittel eingedampft, dieser Finanzierungsanteil des Bundesverkehrsministers für den öffentlichen Nahverkehr auf der Schiene wird immer weniger. Die Fahrgasteinnahmen, die Subventionen der Kommunen und die Finanzhilfen des Bundes finanzieren im Ruhrgebiet den Nahverkehr auf der Schiene. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr kauft S-Bahnen, Regionalexpresslinien und ländliche Regionalbahnen bei Verkehrsunternehmen ein. 90 Prozent des VRR-Schienenangebotes wird allerdings immer noch von der Deutschen Bahn betrieben.

    Langfristig setzt der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr auf mehr Wettbewerb auf der Schiene. Schon bald soll rund ein Viertel des gesamten Streckennetzes ausgeschrieben werden. VRR-Geschäftsführer Martin Husmann:

    "Ziel eindeutig ist, über Ausschreibungen und Wettbewerb zu einer verbesserten Leistung zu kommen."

    Sollte aber die an die Börse gebrachte Deutsche Bahn AG das Schienennetz behalten können, dann sieht Martin Husmann mehr Kosten auf den Nahvehrkehr zukommen.

    "Perspektivisch würde das bedeuten, dass die Trassenpreise, also die Nutzungsgebühren für die Benutzung der Schienenwege, beträchtlich teurer werden. Es ist bekannt, dass die Bahn schon erhebliche Gewinnsteigerungen eingeplant hat."

    Die meisten privaten Bahnen haben nichts gegen den Börsengang der Deutschen Bahn AG. Aber auch sie sagen sehr deutlich, das Schienennetz soll nicht in der Hand eines börsennotierten Anbieters bleiben. Wolfgang Meyer von der Essener Abellio.

    "Was wir vorschlagen als Alternativmodell ist, den Ländern die Netze zu geben, den Betrieb auf diesen Netzen im Regionalverkehr an einzelne andere Unternehmen von mir aus auch in einem Bieterverfahren abzugeben und dann geordneten Wettbewerb zu machen. Einer solchen Entwicklung würden wir uns stellen."

    Die privaten Bahnen haben auf der Loveparade gezeigt, dass sie in kürzester Zeit Waggons, Züge und Personal besorgen konnten. Der Monopolist Deutsche Bahn AG hatte billigend in Kauf genommen, dass auf der Loveparade der Verkehr zusammenbricht. Doch die Sonderzüge fuhren auch ohne ihn ab. Der Monopolist hat im Ruhrgebiet Konkurrenz bekommen.
    Für eine Reisende wird in einer Regionalbahn der Deutschen Bahn mit einem sogenannten mobilen Terminal ein Ticket ausgestellt.
    Für eine Reisende wird in einer Regionalbahn der Deutschen Bahn mit einem sogenannten mobilen Terminal ein Ticket ausgestellt. (AP)