Ein Panda. Noch einer. Ein Affe. Wer möchte den?
Kindergeburtstag bei einem Plüschtier-Hersteller. Jakob und seine Freunde aus Coburg suchen jeder eine Tier-Hülle aus, die sie dann selbst mit Füllung stopfen.
Der kleine Betrieb hat vor 30 Jahren noch riesige Plüschtier-Herden hergestellt. Doch seit die aus Fernost kommen, produzieren sie in Sonneberg das Besondere, gewaltige Einzelstücke oder ausgefallene Kleinserien, wie den Eisbär als Bettvorleger, der eigentlich 1 m lang ist.
"Da kam ein Möbelhaus und hat gesagt: 1 Meter, das ist ja ein bissel klein".
Hab ich gefragt: "Wie groß wollen Sie den denn haben, denn Bettvorleger?" "Naja, ich brauch schon 3,50 Meter." Was, 3,50 m? Ist schon gewaltig. Ein Eisbär, so liegend. Aber wenn du einmal das Modell hast, kannst du jede Größe machen."
Also hat das Möbelhaus seine extra-großen Eisbären bekommen. Und Privatleute lassen sich hier ihren Hund nachbauen.
"Jemand, der einen Hund hatte, von älteren Herrschaften, die wollen ihren Hund als Plüschtier haben. Die schicken uns ein Bild und dann machen wird den Hund so. Sie können den lebendigen Hund nicht mehr bewirtschaften und sagen sich, den möchte ich in Plüsch haben."
Kleine und große Plüschtiere
In dem betriebseigenen Laden sitzen, stehen, liegen kleine und große Plüschtiere, mit denen man einen ganzen Zoo bestücken könnte. Und für die Nachmittage ist der Kalender gut gefüllt.
"Die Leute in die Fabrik zu holen, denen zu zeigen, wie so was gemacht wird. Das hat man vor 10 oder 15 Jahren nicht gemacht. Da ist niemand rein gekommen. Das war alles top secret. Wir haben nichts zu verbergen. Bestimmte Räume sind natürlich tabu. Man kann erleben, wie ein Plüschtier entsteht. Und da haben nicht nur Kinder ihren Spaß, auch Erwachsene. Und es macht uns auch selbst viel Freude."
Hartmut Volkmer, der Chef persönlich, zeigt den Kindern, wie in der Produktion mit Druckluft die Füllung in die Plüsch-Hülle gepustet wird. Und lässt es zwischendurch mal Schaumstoff-Flocken schneien.
Mitte des 17. Jahrhunderts begann man in den engen Tälern des südlichen Thüringer Waldes das spärliche Einkommen aus Forst- und Landwirtschaft mit Schnitzen und Drechseln aufzubessern. Angeregt durch Nürnberger Kaufleute, die auf dem Weg zur Leipziger Messe hier vorbei kamen. Anfangs Holzpüppchen. Bald wurden Köpfe aus Teig geformt. Erzählt Sonja Gürtler im Deutschen Spielzeugmuseum.
"Man wollte das Holzsielzeug feiner gestalten. Feineres Näschen, feineres Aussehen der Figuren. Das ist ein einfacher Brotteig, der dazu genutzt wurde. Man hat auch noch bestimmte Pflanzenwirkstoffe beigegeben, damit das Ungeziefer da nicht so ran ging. Z. B. Knoblauchsaft. Aber es hat nicht viel geholfen. Nach Übersee gingen die Dinge und da waren sie dann trotzdem angeknabbert."
Man suchte anderes Material und fand Papiermache, das in der Innenarchitektur bereits genutzt wurde, um prächtigen Stuck zu imitieren. Schon um 1850 boomte die Puppen-Produktion, mit Export in alle Welt. Im Museum steht das Schaustück "Gulliver in Lilliput", viele kleine Männchen wimmeln um den schlafenden Gulliver. Das Sonneberger Kunstwerk aus Papiermache wurde mit Preisen dekoriert, in London 1851, auf der 1. Weltausstellung. Und auf der Weltausstellung 1910 in Brüssel hat die "Thüringer Kirmes", als die Attraktion, für die Sonneberger Spielzeugindustrie geworben. Nach langen Restaurierungsarbeiten, für die ganz Sonneberg gespendet hat, steht die Kirmes seit vorigem Jahr nun wieder im Museum.
"Thüringische Einflüsse haben wir hier in dem Fachwerk rechts und das Schieferhaus da hinten. Und mainfränkisch ist dann weiter im Hintergrund. Die Tanzlinde haben wir in Effelder, das ist ein nahe gelegenes Dorf in Richtung Suhl. Dort wird auch heftig Kirmes gefeiert und die Tradition der Tanzlinde gepflegt."
Auf einer 70-qm-Bühne wird ein ländliches Volksfest um 1900 dargestellt. Mit Marktplatz, Schießbude, Karussell und 67 Figuren fast in Lebensgröße. Kinder und Erwachsene, Händler und Kauflustige, ein Wanderzirkus. Alles sehr lebendig wirkend.
"Es entsteht der Eindruck, dass sich hier alles bewegt. Die Figuren sind aus Papiermache gefertigt. Und auf der Weltausstellung 1920 in Brüssel haben sie großes Aufsehen erregt."
Auch die Tiere. Viele Hunde, ein Pferd, ein Bär und ein Kamel.
Prächtige Fabrikanten-Villen, schmucklose Werkstätten
Das sind mit Fell bezogene Papptiere. Dafür wurden Formen gemacht und dann hat man diese Formen mit Pappe ausgedrückt. Und nach dem Trocknen die Tiere zusammen gefügt und mit Filz oder echtem Fell überzogen. Das sind keine Plüschtiere, aber man kann sie als Vorläufer der Plüschtiere bezeichnen. Der Bär sieht ja aus wie ein echter. Ja, denn die Gestaltung, die Modellierung ist sehr gut. Das zeichnete ja diese Leute auch aus, dass sie das so gut beherrschten. Das hat man hier an dieser Industrieschule gelehrt. Modellieren, Schnitzen, Zeichnen nach dem natürlichen Vorbild.
Der neobarocke Prachtbau des Museums wurde 1900 gebaut als Industrie- und Gewerbeschule.
Wer durch Sonneberg geht, erlebt ein Gemisch von Wohnhäusern aus der Gründerzeit, prächtigen Fabrikanten-Villen, schmucklosen Werkstätten und modernen Bauten. Der Bahnhof, das riesige Rathaus und heute überdimensioniert wirkende Geschäftshäuser sind in den 1920-er Jahren entstanden. Lisa Tomschke zeigt auf eine lange graue Fassade. Über dem Eingang ein Weihnachtsmann mit gefülltem Geschenke-Sack.
"Das ist das ehemalige Geschäftshaus der Firma Kresge aus New York. Ebenso wie Woolworth war das ein Handelshaus, ein Einkaufshaus für Spielwaren. Die amerikanischen Firmen konnten aufgrund des günstigen Dollarkurses hier Christbaumschmuck und Spielwaren ankaufen und dann in die ganze Welt exportieren."
Hier war keine Produktion, nur der Aufkauf von den lokalen kleinen Händlern. Waren ja meistens Familienbetriebe, die im Hinterhof die Fabriken hatten. Das Haus wurde nach dem Ersten Weltkrieg gebaut. Da gab es schon mehr die kleinen Fabriken, aber es gab immer noch genug Familien, die auch in Heimarbeit fertigten.
Auch Woolworth hatte so eine Niederlassung, die allerdings steht nicht mehr. Ursprünglich war Sonneberg ein kleines Nest unterhalb der Burg Sonneberg, in einem engen Tal.
"Die Stadt ist natürlich im Laufe der Jahre, auch durch die Produktion von Spielwaren, immer weiter ins Land rein gerutscht sozusagen. Weil es einfach in diesem Talkessel, das sehen Sie hier schön, zu eng war. Rechts ein Berg, links ein Berg."
Um 1900 war Sonneberg der weltgrößte Spielwarenproduzent
So liegt jetzt die kleine Altstadt ein gutes Stück entfernt vom Spielzeug-Sonneberg mit seinen Fabrikanten-Villen. Wie diese zwei kleinen Biedermeier-Schlösschen nebeneinander.
"Wir stehen jetzt vor den Wohnhäusern der Familie Lindner, gebaut 1835. Im hinteren Teil gab es noch ein Fabrikgebäude. Die Firma Lindner war der bedeutendsten Unternehmerfamilien in Sonneberg. Eine reine Verlegerfamilie. Die haben Spielwaren, Glaswaren, Schieferwaren angekauft."
Wir laufen kreuz und quer durch die Stadt und kommen immer wieder zu herrschaftlichen Villen, die für eine Thüringer Kleinstadt doch ein paar Nummern zu groß und zu prächtig erscheinen. Hier war Geld zu Hause.
"Ja, es gibt etliche, aber die sind so versteckt und oft weitab vom heutigen Stadtkern, dass man die selbst gar nicht entdeckt, wenn man hier zu Besuch ist. Dann einfach mal in die Tourist-Information kommen und wir geben dann die heißen Tipps."
Um 1900 war Sonneberg der weltgrößte Spielwarenproduzent. Gearbeitet wurde in Werkstätten hinter den Villen, in kleinen Fabriken und in Heimarbeit, auch in den umliegenden Dörfern. Heutzutage sind die größeren Firmen im Gewerbegebiet, wie der Modelleisenbahn-Hersteller PIKO. Die Ausstellung im Eingang begeistert wohl jeden Eisenbahnfreak. Hier stehen fast 200 Jahre Eisenbahn-Geschichte im Modell. Von der ersten deutschen Dampflok Saxonia bis zu allem, was heute auf der Schiene fährt. Vertriebsleiter Jens Beyer.
"Die Modelleisenbahn zählt einfach zu dem klassischen Spielzeug, was – glaube ich – existieren wird, solang es auch das authentische Vorbild, die Eisenbahn gibt. Man baut sich ja Spielwelten auf. Es ist ja nicht nur Spielen, es ist ja auch ein technischer Bezug und man kann Landschaften bauen. Ich glaube, es ist ein großer Vorteil der Modelleisenbahn, vielleicht auch im Unterschied zu anderen Spielwaren, dass man auch die Generationen mit einbeziehen kann."
Auch bei PIKO, einer der europäischen Größen im Modelbahngeschäft, sind Besucher willkommen. Alle zwei Jahre beim Tag der offenen Tür und regelmäßig bei den Führungen durch die Produktion.
"Um einfach zu zeigen, wie Modellbahnen produziert werden, was für ein Aufwand dahinter steckt. Und oft wird am Ende gesagt: "Jetzt ist mir klar, warum das Produkt soundso viel kostet. Wie viele Arbeitsgänge nötig sind."
Vom Pressen der Kunststoff-Teile bis zum Zusammensetzen und Beschriften in friemeliger Handarbeit.
"Wir orientieren uns ja am Vorbild, wie es im Großen existiert. Und der Kunde möchte natürlich auch, dass sämtliche Beschriftungen, wie am großen Vorbild auch entsprechend am kleinen Modell sind."