Doch. Schon. Der Theaterraum beginnt zu klingen und Henry Purcells Musik aus seinem "King Arthur" erweckt Geister, Figuren aus dieser "Halboper", zu einem - kurzen - neuen Bühnenleben. Figuren um den sagenhaften König Artus samt Merlin, dem Zauberer; dazu ein paar schräge Vögel, Obdachlose, Gescheiterte und die Frau vom Zeitungskiosk nebenan, die sich in der Theaterruine eingenistet haben.
Doch der heroische Mythos ist nur mehr Zitat. Vorbei die Zeiten, in denen Tankred Dorst mit seiner eigenen Kunst, wie etwa im "Merlin", den alten Mythos neu beschworen hatte. In diesem kompromisslosen, bisher pessimistischsten seiner Stücke spuken die Darsteller nur noch durch ihre einstigen Kulissen; steht die aus Sehnsüchten, Phantasien und Träumen als Urbild eines guten Königs zusammengesetzte, vielfach durch die Kunst gefilterte Artusfigur nur noch fremd auf der Bühne und versteht nicht mehr, was um ihn herum vorgeht. Die alten Gegner – der böse Zauberer, der feindliche Sachsenkönig - existieren nicht mehr. Und wie soll man mit einem Theaterrequisit gewordenen Schwert gegen Investorenheere vorgehen? Welche Worte, welche Klänge wären nicht ohnmächtig gegen die Abrissbirne?
Heinz Hausers Wiesbadener Bühne ist voller Fallstricke – Fallstricke sowohl für die traumtänzerischen Theaterfiguren wie - durchaus auch- für die Investoren. Bis auf den Boden sind die Züge heruntergelassen; schon die Drahtseile, an denen sie hängen, erscheinen wie ein Labyrinth aus Marionettenfäden. Doch viel dichter, verwirrend holprig-stolpriger ist das auf dem Boden ausgelegte Fadengeflecht, das sich, wenn die Züge hochgezogen werden, im ganzen Bühnentraumraum ausbreitet und zu einem grandiosen Gespinst einander überkreuzender Fäden, einem veritablen Hirngespinst verdichtet. Doch statt, wie das schöne Bühnenbild vorschlägt, zu zeigen, wie die Figuren sich im Netzwerk der Traumgespinste verfangen oder an den Fäden ihrer Vorstellungen hängen, turnen und zappeln sie linkisch und beliebig dazwischen herum.
David Mouchtar-Samorai hat sich ganz auf die Wirkung des Stimmungs- und Bedeutungsraums verlassen - und Dorsts Figurenarsenal auf bloße Karikaturen und Chargen reduziert. König Artus ist zum traurigen Clown geschminkt - nicht fremd in dieser Albtraumwelt. Das Theatervölkchen hat nichts sagendes Getändel bei schlechten Operetten- und Singspielaufführungen abgeguckt. Und die Investoren sind lächerliche
Spießer, labernde Maulhelden, keine ernstzunehmenden Weltgestalter (bis die Abrissbirne in den Bühnenraum donnert). Die auf beider Blindheit beruhende kurze Romanze zwischen Artus und der empfindsamen blinden Emmeline, einer reichen Erbin, die ihn an die verlorene Braut aus mythischen Zeiten erinnert, ist Mouchtar-Samorai ebenso affektfrei geraten wie die als Witze herunter gehaspelten Albtraumerzählungen eines Theaterenthusiasten. Dabei sind diese Träume so hellsichtig wie die Wahrnehmungsfähigkeit der Blinden, die erlischt, sobald sie "sehen" gelernt hat.
Das alles könnte ein Theaterbesucher sehen lernen. Doch die alle Zwischentöne und Ambivalenzen überspielende Regie hat die Struktur des Stückes verunklärt, keine Situation erfasst und erspielt und die Figuren nicht ernst genommen. Das hat auch Folgen für die immer wieder hereinwehende und Raum greifende Purcell-Musik. Arne Willimczik gelingt es nur immer mal wieder, die musikalische Gestaltung dem vereinheitlichenden mezzo-forte-fortissimo-Sog von Mouchtar-Samorais Umgang mit der Sprache zu entziehen. So ist mehr zu beklagen als eine misslungene Uraufführung, die das diffizile Stück verfehlt. Diese affektfreie Vergröberung wird auch dem großen und aktuellen Thema des Theaterautors Tankred Dorst nicht gerecht: Was kann und - was MUSS Theater heute ausrichten?
Doch der heroische Mythos ist nur mehr Zitat. Vorbei die Zeiten, in denen Tankred Dorst mit seiner eigenen Kunst, wie etwa im "Merlin", den alten Mythos neu beschworen hatte. In diesem kompromisslosen, bisher pessimistischsten seiner Stücke spuken die Darsteller nur noch durch ihre einstigen Kulissen; steht die aus Sehnsüchten, Phantasien und Träumen als Urbild eines guten Königs zusammengesetzte, vielfach durch die Kunst gefilterte Artusfigur nur noch fremd auf der Bühne und versteht nicht mehr, was um ihn herum vorgeht. Die alten Gegner – der böse Zauberer, der feindliche Sachsenkönig - existieren nicht mehr. Und wie soll man mit einem Theaterrequisit gewordenen Schwert gegen Investorenheere vorgehen? Welche Worte, welche Klänge wären nicht ohnmächtig gegen die Abrissbirne?
Heinz Hausers Wiesbadener Bühne ist voller Fallstricke – Fallstricke sowohl für die traumtänzerischen Theaterfiguren wie - durchaus auch- für die Investoren. Bis auf den Boden sind die Züge heruntergelassen; schon die Drahtseile, an denen sie hängen, erscheinen wie ein Labyrinth aus Marionettenfäden. Doch viel dichter, verwirrend holprig-stolpriger ist das auf dem Boden ausgelegte Fadengeflecht, das sich, wenn die Züge hochgezogen werden, im ganzen Bühnentraumraum ausbreitet und zu einem grandiosen Gespinst einander überkreuzender Fäden, einem veritablen Hirngespinst verdichtet. Doch statt, wie das schöne Bühnenbild vorschlägt, zu zeigen, wie die Figuren sich im Netzwerk der Traumgespinste verfangen oder an den Fäden ihrer Vorstellungen hängen, turnen und zappeln sie linkisch und beliebig dazwischen herum.
David Mouchtar-Samorai hat sich ganz auf die Wirkung des Stimmungs- und Bedeutungsraums verlassen - und Dorsts Figurenarsenal auf bloße Karikaturen und Chargen reduziert. König Artus ist zum traurigen Clown geschminkt - nicht fremd in dieser Albtraumwelt. Das Theatervölkchen hat nichts sagendes Getändel bei schlechten Operetten- und Singspielaufführungen abgeguckt. Und die Investoren sind lächerliche
Spießer, labernde Maulhelden, keine ernstzunehmenden Weltgestalter (bis die Abrissbirne in den Bühnenraum donnert). Die auf beider Blindheit beruhende kurze Romanze zwischen Artus und der empfindsamen blinden Emmeline, einer reichen Erbin, die ihn an die verlorene Braut aus mythischen Zeiten erinnert, ist Mouchtar-Samorai ebenso affektfrei geraten wie die als Witze herunter gehaspelten Albtraumerzählungen eines Theaterenthusiasten. Dabei sind diese Träume so hellsichtig wie die Wahrnehmungsfähigkeit der Blinden, die erlischt, sobald sie "sehen" gelernt hat.
Das alles könnte ein Theaterbesucher sehen lernen. Doch die alle Zwischentöne und Ambivalenzen überspielende Regie hat die Struktur des Stückes verunklärt, keine Situation erfasst und erspielt und die Figuren nicht ernst genommen. Das hat auch Folgen für die immer wieder hereinwehende und Raum greifende Purcell-Musik. Arne Willimczik gelingt es nur immer mal wieder, die musikalische Gestaltung dem vereinheitlichenden mezzo-forte-fortissimo-Sog von Mouchtar-Samorais Umgang mit der Sprache zu entziehen. So ist mehr zu beklagen als eine misslungene Uraufführung, die das diffizile Stück verfehlt. Diese affektfreie Vergröberung wird auch dem großen und aktuellen Thema des Theaterautors Tankred Dorst nicht gerecht: Was kann und - was MUSS Theater heute ausrichten?